Im heißen und trockenen Sommer 2022 hat die Waldbrandgefahr weltweit zugenommen. Mit der DLR Design Challenge 2022 hat das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) dieses Thema aufgegriffen. Sechs Teams von Studentinnen und Studenten haben Anfang August ihre Entwürfe präsentiert. Bei der Veranstaltung im im Hamburger DLR-Institut für Systemarchitekturen in der Luftfahrt hat die Jury das Konzept INFERNO der Universität Stuttgart auf den ersten Platz gewählt. Es folgten die TU Dresden mit PEL-E-FAN-T auf Platz zwei und die RWTH Aachen mit FireWasp auf Platz drei. Sechs Teams von fünf Hochschulen haben an der DLR Design Challenge 2022 teilgenommen.
Mit seiner Aufgabenstellung forderte das DLR, eine Flotte von Luftfahrzeugen für die Indienststellung bis zum Jahr 2030 zu konzipieren, die zusammen mindestens 11.000 Liter Wasser in einer einzigen Mission an einen Brandort bringen kann, erklärt das DLR in einer Pressemitteilung. Die Vehikel müssen dafür Wasser aus Seen, Flüssen oder Meeren aufnehmen können. Da kleine oder von Bäumen umgebene Gewässer zu erreichen sein sollen, sind in der Aufgabe ausgeprägte Kurzstartfähigkeiten gefordert. Die Luftfahrzeuge müssen entweder von einem Piloten, vom Boden aus oder automatisiert gesteuert werden können – auch nachts und bei schlechten Sichtverhältnissen müssen sie in der Lage sein, Brände zu löschen. Die Flugzeuge sollten zudem so aufgebaut sein, dass sie auch als Passagier- oder Frachttransportvariante sowie für weitere Missionen produziert werden können. Die Anzahl der Flugzeuge und deren jeweilige Nutzlast blieb den Teams überlassen.
Vorteile von Flugzeug und Hubschrauber vereint
Um Geschwindigkeit und Effizienz eines Flugzeugs mit der Flexibilität eines Hubschraubers zu vereinen, entwarf das Stuttgarter Team – bestehend aus Benjamin Knoblauch, Günay Can, Hannes Kahlo, Johannes Ritter, Nicolas Mandry und Prishit Modi – ein Flugzeug, das zwei Propeller für den Vorwärtsflug mit acht Rotoren für den Senkrechtflug kombiniert. Der Name INFERNO steht für "INtelligent FirE RespoNse Operation". Die Funktionsweise und die grundlegenden Ideen erklärt die Universität Stuttgart auf ihrer Website. Konventionelle Löschflugzeuge benötigen viel Platz zum Starten und Landen bzw. zur Wasseraufnahme, das sogenannten Scooping, was ihre Einsatzmöglichkeiten limitiert. INFERNO macht sich dagegen die Schwebeflugeigenschaften von Helikoptern zu Nutze, um zur Wasseraufnahme senkrecht über einem See oder sogar Schwimmbädern schweben zu können. So ist es auch möglich, das Löschwasser präzise über einem Brandherd ablassen. Allerdings, so erklären es die Entwickler, sind Hubschrauber zwar flexibler, aber auch langsamer und verbrauchen mehr Energie als ein Flugzeug. Als Antrieb dient ein hybrid-elektrischer Antriebsstrang, der aus Elektromotoren, einer Batterie und einer Gasturbine besteht. Dabei soll mit nachhaltig produzierter Treibstoff getanklt werden. Luftbetankungen für besonders lange Einsätze sind ebenfalls angedacht. Möglich ist dies durch eine besonders leichte Auslegung der aus Faserverbundwerkstoffen hergestellten Komponenenten. Da INFERNO von einem Piloten an Bord gesteuert wird, hat das Team ein umfangreich ausgestattetes Cockpit entwickelt. Gemäß der Aufgabenstellung haben die Studenten INFERNO modular entworfen, um auch Fracht oder Passagiere transportieren zu können. Nach den Vorstellungen der Entwickler agiert INFERNO bei Einsätzen nicht allein, sondern im Team. Das Betriebskonzept sieht vier bis sechs baugleiche Flugzeuge mit unterschiedlichen Nutzlastmodulen vor: Poseidon, Taru, Fons und Aegir bekämpfen mit dem Löschwassermodul das Feuer. Ein bis zwei weitere Flugzeuge für Passagiere und Fracht stellen die Versorgung oder Evakuierung von Menschen sowie den Aufbau einer Basisstation sicher.
"Die aktuellen Medienberichte über den Klimawandel und den damit verstärkt auftretenden Waldbränden führen uns vor Augen, wie wichtig es ist, zu handeln", sagt Dr. Markus Fischer, DLR-Bereichsvorstand Luftfahrt und Juryvorsitzender der DLR Design Challenge. "Die Studierenden im Wettbewerb haben durch ihr Engagement beachtliche Impulse gesetzt, wie eine hochwirksame Waldbrandbekämpfung aussehen könnte. Gewinner sind dabei alle Teilnehmenden, die die Erfahrung mitnehmen, sich im Team einem Wettbewerb zu stellen und gemeinsam die persönliche Leistung zu erbringen."
Artikel aktualisiert um Einsätze im Team am 1. September um 13:30 Uhr.