Boeing Stearman als Kinostar: Der einzig wahre Doppeldecker

Filmflugzeug Boeing Stearman
Der einzig wahre Doppeldecker

Veröffentlicht am 07.09.2024

Was meinst du, Salud?" "Tja, ich glaube nicht, dass wir das Ding jemals wieder in Gang kriegen, hier ist ja alles im Arsch! Die Kiste kriegen wir nie ganz, eher bringen wir einer Kuh das Tauchen bei. Da fehlen erstmal zwei Kolben, der Rumpflängsholm, drei Pleuelstangen, sechs Flügelholme und ein Rad. Und hinten müssen wir `nen Griff dranschweißen, zum Wegschmeißen." Bevor Salud und sein Kompagnon Plata, gespielt von Bud Spencer und dessen legendärem Duo-Partner Terence Hill, an diesen Punkt der Handlung von "Zwei Himmelhunde auf dem Weg zur Hölle" kommen, haben sie ihrer Profession als Helfer eines Versicherungsbetrügers folgend schon etliche Flugzeuge zu Bruch geflogen. Außerdem waren sie mit einer DC-3 und einer DC-4 unterwegs. Als sie dann mit einer PBY Catalina ungeplant im südamerikanischen Dschungel notlanden müssen, treffen sie auf Smaragdschürfer und freunden sich mit dem alten, verschrobenen Matto an, der ihnen erzählt, er habe selbst eine Smaragdader gefunden. Allerdings werden die Schürfer vor Ort von einem Mann namens Mr. Ears ausgebeutet, der die Monopole über Smaragdankauf und Versorgungsflüge beansprucht und deshalb die Preise diktieren kann – Grund genug für die beiden Haudraufs, selbst ins Lufttransportgeschäft einzusteigen.

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Legendärer Auftritt

Das Flugzeug dafür: eine völlig heruntergekommene Boeing Stearman, die sie zunächst in einer Scheune unter allerlei Gerümpel freigraben, und sogar Hühner müssen sie aus ihrem Cockpit vertreiben. Der technisch versierte Salud setzt den Motor instand und richtet den Doppeldecker mit allerlei zusammengeklauten Teilen wieder her. Das i-Tüpfelchen: eine von Plata mit liebevoller Hingabe aufgebrachte knallbunte Lackierung mit Streifen, Blumen und allerlei wilden Farbklecksen. Die ersten Startversuche schlagen fehl, was Salud mit einer Schimpftirade quittiert: "Was hast du denn nun wieder, du verdammte Wichslaus?! Dich krieg ich schon kirre, du. Entweder du fliegst, oder ich sprenge dich in die Luft, du Aas!" Nach einer weiteren Nacht voller Arbeit und Flüche springt die Stearman endlich an, nur um sich gleich nach dem Anreißen selbstständig zu machen und abzuhauen, was Salud und Plata zu einem frühmorgendlichen Sprint animiert, um ihren Doppeldecker wieder einzufangen und zum Testflug in die Luft zu bringen. Das Glück währt aber nicht lange, denn kurz nachdem Salud und Plata mit ihrem Flugdienst in Konkurrenz zu Mr. Ear treten, statten dessen Schergen den beiden einen Besuch ab und zerstören Hangar und Flugzeug. Natürlich besiegen die beiden die bösen Jungs am Ende, nur um nach einer weiteren Plotwendung festzustellen, dass sie nun zwar die Schürfrechte für Mattos Smaragdader haben, gleichzeitig aber mit einem Einreiseverbot belegt sind. Tatsächlich serviert der 1972 erschienene Film "Zwei Himmelhunde auf dem Weg zur Hölle" Flugzeugfans alle paar Minuten ein leckeres Häppchen. Angefangen bei den bereits erwähnten DC-3, DC-4 sowie der Catalina sind die Protagonisten zudem mit einer de Havilland Beaver, einer Hawker Siddeley HS 748 und in der Abschlussszene mit einer Cessna 150 unterwegs. Ein weiteres Bonbon ist eine Lockheed T-33 T-Bird, die kurz in einem Hangar zu sehen ist.

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Von Hitchcock bis "Independence Day"

Mag der Filmauftritt der Stearman zwischen Spencer und Hill vielleicht der witzigste sein, so blieb er doch keineswegs der einzige. Bereits im 1959 veröffentlichten Hitchcock-Film "Der unsichtbare Dritte" ist der Doppeldecker in einer spektakulären Szene zu sehen, als eine als Cropduster eingesetzte PT-17 mit waghalsigen Flugmanövern versucht, die von Cary Grant gespielte Hauptfigur Roger O. Thornhill zu töten. Mindestens genauso abgewrackt wie die Stearman der beiden Himmelhunde ist der Doppeldecker in der finalen Szene von "The Cat from Outer Space", einem abgedrehten Science-Fiction-Film aus dem Jahre 1978, bei dem ein Außerirdischer auf die Erde kommt und hier in Gestalt einer Katze für reichlich Trouble sorgt. Jüngere Aviateure mit Affinität zum Kino kennen die Stearman beispielsweise aus "Independence Day" (1996), in dem der abgehalfterte Ex-Vietnamveteran Russel Casse sich als Cropduster-Pilot über Wasser hält und mit seinem knallroten Doppeldecker – und reichlich zugedröhnt – zunächst das falsche Feld besprüht und damit in den Augen seiner ohnehin von ihm enttäuschten Kinder noch weiter absteigt. Im Laufe der Geschichte mausert er sich allerdings zum Helden und hat am Ende entscheidenden Anteil am Sieg über die Aliens. Ebenfalls 1996 erscheint mit "Der englische Patient" ein Monumentalfilm, der lose auf der Biografie des ungarischen Grafen László Almásy aufbaut, einem Entdecker, Saharaforscher und Pilot. Hier wird der Stearman – und der Tiger Moth – in zahlreichen stimmungsvollen Flugszenen über der Wüste ein überaus würdiges Denkmal gesetzt. Das Flugzeug aus dem Film existiert immer noch, gemäß der Website aerialvisuals.ca flog es zuletzt in rotem Farbkleid mit der Kennung I-JKNG in Italien.

dpa Everett Collection

Tracht Prügel nach wildem Ausritt

Auch in den 2000ern kommt das Kino um die Stearman nicht herum: Zunächst sei "Space Cowboys" erwähnt, in dem Ex-Blackbird-Pilot Hawk, gespielt von Tommy Lee Jones, einem jungen Draufgänger seinen Geburtstagswunsch nach einem "Scary Ride" erfüllt. Zwei pathetische Auftritte hat der Doppeldecker im 2001 veröffentlichten Kriegsdrama "Pearl Harbor", in dem die beiden Piloten Rafe und Danny und die Ereignisse des japanischen Überfalls auf den Stützpunkt der US-Pazifikflotte sowie die anschließende Vergeltungsaktion "Operation Doolittle" im Fokus stehen. In der Eröffnungsszene ist zu sehen, wie eine Stearman Felder besprüht, während die beiden Jungen im Cockpit einer ausgeschlachteten PT-17 in einer Scheune Kampfpiloten spielen. Kaum ist der Doppeldecker gelandet, springen sie selbst ins Cockpit, wobei Rafe versehentlich den Motor startet und beide ihren ersten Flug erleben. Die Tracht Prügel, die sie daraufhin von Dannys Vater beziehen, ändert nichts am unbedingten Willen der Jungs, Piloten zu werden. Am Ende des Films fliegt Rafe mit Danny Junior, dem Sohn seines im Kampf gefallenen Freundes, eine Runde in den Sonnenuntergang – untermalt von der eingängigen Musik Hans Zimmers. Schließlich bekam der ikonische Doppeldecker auch in der Welt der Disney-Animationsfilme seinen Platz: Leadbottom, Chef des Hauptcharakters Dusty Crophopper in "Planes", ist inspiriert von der Boeing Stearman und der Avro 504.

Zwei Himmelhunde Auf Dem Weg Zur Hoelle
United Archives/IFTN

Bud Spencers Einstieg in die Luftfahrt

Danny und Rafe aus "Pearl Harbor" blieben nicht die einzigen, die mit der Stearman ihre erste nicht ungefährliche Flugerfahrung machten. Denn auch Bud Spencer schnappte sich bei den Dreharbeiten zu den "Himmelhunden" ohne Erlaubnis und ohne je zuvor Flugstunden genommen zu haben den Doppeldecker und drehte eine Runde – an deren Ende eine Bruchlandung stand, die er nur mit Glück ohne größere Blessuren überstand. Wenngleich die Filmcrew alles andere als begeistert war, entfachte diese Episode Spencers Leidenschaft fürs Fliegen. Er machte kurz darauf seine Pilotenlizenz und sammelte in 35 Jahren mehr als 2000 Flugstunden auf verschiedenen Flugzeugmustern und etwa 500 Stunden auf Hubschraubern. 1981 gründete er die Charterfluggesellschaft Mistral Air, die Fracht- und Passagierflüge durchführt und noch heute – nach mehreren Eigentümerwechseln – unter dem Namen "Poste Air Cargo" fliegt.