Als Hanna Reitsch am 1. Mai 1952 in Bremen mit dem Prototypen des Kranich III abhob, war der Segelflug in Deutschland seit einem knappen Jahr wieder erlaubt. Die Neukonstruktion von Hans Jacobs markierte nach Ende des Zweiten Weltkrieges und dem von den Alliierten verhängten Flugverbot das obere Ende des technisch Machbaren. Nur zwei Monate nach dem Erstflug starteten zwei deutsche Teams mit einem Kranich III bei der Segelflugweltmeisterschaft in Spanien. Trotz fehlenden Trainings erreichten die Besatzungen Frowein/Kuhn und Reitsch/Häfner den zweiten beziehungsweise dritten Platz in der Doppelsitzerklasse, was die Vorzüge des Entwurfs eindrucksvoll unter Beweis stellte.
So herausragend der Kranich III in technischer Hinsicht auch gewesen sein mag, blieb ihm doch der wirtschaftliche Erfolg versagt. Mit einem Preis von mehr als 13 000 DM war er für die Nachkriegszeit zu teuer, sodass bis 1958 nur 40 Exemplare bei Focke-Wulf in Bremen produziert wurden. Der hohe Preis war auch eine Folge der aufwendigen Konstruktion. Insbesondere beim Blick auf das Innenleben der Tragflächen kann leicht der Eindruck entstehen, als wäre hier ein Metallflugzeug in Holzbauweise entstanden. Die gewaltigen Ausmaße – 18,10 Meter Spannweite und 9,10 Meter Rumpflänge – lassen leicht vermuten, es wären große Ruderkräfte erforderlich. Doch genau die benötigt das Flugzeug in Gemischtbauweise nicht; es ist leicht zu fliegen und zeigt sehr gutmütige Flugeigenschaften.

Trotz der geringen Stückzahl war der Kranich III bis weit in die 70er Jahre wegen seiner Flugleistungen – die Gleitzahl lag erfahrungsgemäß jenseits der 31 – ein sehr begehrtes Segelflugzeug. So besaßen gleich mehrere Akademische Fliegergruppen, darunter Bielefeld, Hannover, Karlsruhe, Aachen und sogar Berlin (letztere über den dortigen Aero-Club) ein Flugzeug dieses Typs, zwei weitere Exemplare betrieb die damalige Deutsche Forschungs- und Versuchsanstalt für Luft- und Raumfahrt, eine Vorgängerorganisation des heutigen DLR. Bekanntheit erlangte in diesem Zusammenhang das Flugzeug mit der Kennung D-6073: Auf ihm war ein zu den Flächenspitzen hin verspannter Vorbau montiert worden, mithilfe dessen sich die Flügelprofile im Freiflug vermessen ließen. Die Akaflieg Braunschweig erprobte auf diese Weise die Profile von SB 6, SB 7 und SB 11. Dieser Kranich fliegt noch heute, und sein Besitzer, Mario Selss, war auch die treibende Kraft hinter dem Typentreffen in Stendal.
Klassentreffen in Stendal
Sieben Jahrzehnte nach dem Erstflug sollten noch flugfähige Exemplare dieses beeindruckenden Doppelsitzers zu einem Treffen am Flugplatz Stendal zusammenkommen. Der große Platz in Sachsen-Anhalt bot mit reichlich Abstellkapazität in denkmalgeschützten Hallen und mit hilfsbereiten Mitarbeitern einen perfekten Ort dafür.

So die Recherchen stimmen, sind aktuell in Deutschland noch zwölf Kranich III zugelassen. Alle Halter wurden angesprochen, doch nicht immer passte der Termin, und nicht alle Flugzeuge waren flugbereit. Letztlich kamen in Stendal sieben Flugzeuge und ihre Piloten aus allen Regionen Deutschlands zusammen. Vertreten waren Typen mit recht frühen Seriennummern bis hin zum letzten gebauten Kranich III. Das ehemalige Schulflugzeug der JuBi Ratzeburg hatte im Sommer nach sehr langer Grundüberholung das frühere und zufällig freie Kennzeichen aus dem Jahr 1953 zurückerhalten. Hinzu kamen einige Gäste, die sich die erlebbare historische Technik nicht entgehen lassen wollten.
Auf- und Abbau der Segelflugzeuge nahmen einige Zeit in Anspruch, gehört doch ein Kranich III zu den Mustern, die einiges an Sorgfalt, Zeit- und Muskelkraft erfordern, wenn man sie vom Anhänger holt oder darauf verpackt. Schon beim Rüsten gab es einiges zu bestaunen, denn manche Eigner hatten nicht nur ihre Trailer optimiert, sondern auch clevere Aufrüsthilfen konstruiert, um die schweiß-treibende Arbeit zu erleichtern. Für die beiden Flugzeuge mit stilgerechtem Focke-Wulf-Anhänger aus den 50er Jahren waren dann wesentlich größere Mannschaften erforderlich, um sie flugfertig zu machen.

Etwa ab Mittag des Anreisetages stand der "Schwarm" aus sieben Kranichen startbereit auf dem Platz. Der Weg von der Halle bis zur Startstelle war in Stendal-Borstel etwas länger – bei Ostwind muss man ganze zweieinhalb Kilometer bis dahin zurücklegen – und nahm deutlich mehr Zeit in Anspruch. An allen sechs Tagen herrschte bestes Thermikwetter. Trotz teilweise kräftigem Wind dauerte kaum ein Flug weniger als eine Stunde, einige Piloten blieben sogar bis zu vier Stunden in der Luft. Kein Wunder, angesichts von Aufwinden, die bis auf 2000 Meter und mehr über Grund reichten.
Viele neue Kontakte entstanden, und einige Alte Herren der Akafliegs brachten junge Studenten mit, um sie bei Mitflügen für den Segelflug zu begeistern und für die studentischen Fliegergruppen zu werben. Und beim gemeinsamen Frühstück und Abendessen auf dem Flugplatz wurde nicht nur gefachsimpelt und Anekdoten ausgetauscht, sondern auch ein Netzwerk aus Gleichgesinnten geknüpft. Und gerade das ist beim Betrieb von Oldtimern unersetzlich.