Elektroauto und Anhängerbetrieb passen nicht zusammen. Dass das allenfalls eine Stammtischparole von Berufsskeptikern ist, hat der Extremtest im Sommer 2022 gezeigt, als der aerokurier mit einem Volvo C40 Pure Electric und einer SZD-59 am Haken von Stuttgart nach Puimoisson aufbrach – und es sogar wieder zurückschaffte. Nun bot eine mehrtägige Recherchereise beste Gelegenheit, den Versuchsaufbau zu verschärfen und sich anzuschauen, ob auch das bei Segelfliegern so geschätzte Vanlife, also die Übernachtung im Auto für einige Tage, mit einem Elektrofahrzeug als Begleiter möglich ist.
Die Wahl fiel auf den ID.Buzz von VW. Den einzigen ernst zu nehmenden Konkurrenten, den EQV von Mercedes, gibt es nicht mit Anhängerkupplung, und andere Elektro-Vans kegelten sich wegen zu geringer Ladeleistung, weniger Platzangebot oder schlechter Verfügbarkeit selbst aus dem Rennen. Da die Camper-Version des ID.Buzz, bei VW traditionell "California" genannt und mit Aufstelldach und festem Innenausbau ausgestattet, erst 2025 kommen soll, musste ein "normaler" Buzz entsprechend ausgerüstet werden. Dafür bieten verschiedene Hersteller sogenannte Campingboxen an, die im Kofferraum des Strombullis eingebaut werden können. Unsere Box kommt von der Firma Ququq und bietet bei rund 65 Kilogramm Gewicht ein Klappbett, einen Auszug mit Zweiflamm-Gaskartuschenkocher und Geschirrfach, einen Auszug für eine Kompressor-Kühlbox und ein Staufach mit je zwei Wasserkanistern, Campingstühlen und Spülschüsseln.

Vom Buzz zum Camper
Die Montage der als BusBox-4 vermarkteten Konstruktion dauert mit zwei kräftigen Männern oder Frauen ganze fünf Minuten: Doppelboden und Laderaumabdeckung raus, Spanngurte in den Kofferraum gelegt und durch die Verzurrösen gefädelt, Box reingewuchtet, Spanngurt fixiert – fertig. Die Verwandlung des Buzz in ein Schlafmobil braucht dann ebenfalls nur wenige Minuten: Rücksitzlehnen umklappen bis eingerastet, Sicherungsriemen der Matratze lösen, Bett nach vorn falten. Die Liegefläche von 195 mal 125 Zentimetern lässt kaum Wünsche offen, Kurzgeborene können auf dem Bett sogar im Schneidersitz sitzen. Der Vorab-Liegetest offenbart hinreichende Komfort-reserven.

Spätestens beim Packen für den Trip kommen allerdings Zweifel an der Idee des Segelflieger-Vanlife im ID.Buzz auf. Klamotten für zwei Personen, EcoFlow-Solarmodule samt Akkupack, Kopfkissen, Schlafsäcke, Kamera- und Drohnentasche, Rucksäcke mit Laptops und Homeoffice-Krempel sowie die für den Koffeinbedarf der Co-Pilotin obligatorische Nespresso-Kaffeemaschine türmen sich vor dem Gefährt. Tatsächlich aber schluckt der Buzz trotz klar geringeren Volumens als ein T5 oder T6 alles weg. Das liegt auch daran, dass die serienmäßig nicht (mittels Lösen mehrerer Schrauben aber dann doch) ausbaubaren Rücksitze um rund 15 Zentimeter verschoben werden können, was davor oder dahinter reichlich Stauraum eröffnet. Die Pack-orgie offenbart aber auch, dass gut die Hälfte des nach einigen Stunden Fahrt formschlüssig festgerüttelten Schüttgutes erstmal raus muss, bevor man das Bett ausklappen kann. Unsere Lösung: ein Wurfzelt als Materiallager, das neben dem Buzz aufgeschlagen wird. Hierhin können wir auslagern, was nicht unmittelbar gebraucht wird. Am Ende ist alles verstaut, und wir sind um die Erkenntnis reicher, dass es einer Dachbox bedarf, wenn auf den Rücksitzen noch jemand mitreisen will. Für zwei reicht der Platz aber allemal.
Hochwertiges Interieur kontra nervige Elektronik
Im Innenraum geht es modern und komfortabel zu. Die Oberflächen sind hochwertig gearbeitet, an vielen Stellen werden Recyclingmaterialien oder andere nachhaltige Stoffe verwendet. Dank der hohen Sitzposition thront man Bulli-typisch über dem Verkehr und hat eine perfekte Übersicht. Praktisch und nervig zugleich sind die vielen Ablagen und Fächer. Hier verschwinden Sonnenbrillen, Snacks, Getränke und Schlüssel, wobei "verschwinden" bisweilen wörtlich gemeint ist, sodass "Wo ist eigentlich …?" zur dominierenden Frage des ganzen Trips wird. Wo Licht ist, ist auch Schatten. Das trifft hier insbesondere auf das teils verwirrende Bedienkonzept zu, bei dem so ziemlich alle Funktionen über das große Zentraldisplay und Touch-Knöpfe gesteuert werden, die keinerlei haptische Rückmeldung geben, ob man sie nun getroffen hat oder nicht. Die ständige Bevormundung durch Sicherheitssysteme indes ist keine alleinige Buzz-Krankheit, sondern die moderner Fahrzeuge allgemein. Mal eben zum Anhänger rangieren, abschnallen, sich mit dem linken Fuß aus dem Sitz hochdrücken und Übersicht gewinnen ist nicht, denn der Karren hält einfach an, weil er meint, der Fahrer steige aus.

Das permanente Gepiepse der Begrüßungs- und Verabschiedungsmelodien lässt sich dankenswerterweise ebenso abschalten wie die Coming- und Leaving-Home-Funktionen. Denn man macht sich auf dem Campingplatz nicht unbedingt Freunde, wenn man mal nachts zum Klo muss, der Buzz dabei aber die gesamte Umgebung in Flutlicht ersäuft. Und um das Meckern auf hohem Niveau fortzusetzen, seien noch die zahlreiche USB-C-Buchsen zum Laden aller möglichen Geräte erwähnt, die dummerweise ans Zündungsplus angeschlossen und damit bei Nacht unbenutzbar sind. Schließlich: Wer im Buzz-Designteam kam auf die selten dämliche Idee mit dem silbernen Zierstreifen auf dem Armaturenbrett? Das blendet bei der Fahrt gegen die Sonne so extrem, dass man direkt die Dose Nextel aufmachen und drüberpinseln möchte.
Minus: Anhängelast und Zuladung
Aber auch jenseits des Innenraumes gibt es erhebliche Kritikpunkte. 1000 Kilogramm Anhängelast sind wahrlich kein Premiumwert, da schaffen andere E-Autos mehr. Die großen Vans zeigen sich aber allesamt knausrig, weil ihre Fahrwerke schon mit dem Eigengewicht gut zu tun haben. Regelrecht verwirrend wird’s beim Buzz bezüglich der Stützlast. Handbuch, Prospekt und Internet weisen 50 Kilogramm aus, ein absoluter Witz, der die Kupplung zur reinen Fahrradträger-Aufnahme degradiert. Allein Teil I der Zulassungsbescheinigung gibt 75 Kilogramm an, was bei cleverem Anhänger-Trimm sogar noch zwei Fahrräder auf einem Deichselträger zulässt. Was letztendlich gilt, bleibt offen, wir haben mal der Zulassung vertraut. Ein letzter, ebenfalls erheblicher Mangel ist die Zuladung: Bei einer Maximalmasse von exakt drei Tonnen bleiben nur gut 500 Kilo – für einen Bulli ist das schlicht zu wenig.

Für den ersten Tagestrip von Stuttgart nach Hünsborn mit Stopp beim Fliegerarzt des Vertrauens in Gelnhausen planen wir überaus defensiv. Den aus der Überführungsfahrt angezeigten Verbrauchswert von 21,5 Kilowattstunden – das entspricht ziemlich genau der Werksangabe – nehmen wir sicherheitshalber mal zwei. "Tankstopp" Nummer 1 setzt die App "A Better Routeplanner" angesichts 80 Prozent Akkustand bei Abfahrt und zehn Prozent Minimum am Ziel nach 150 Kilometern nahe Bensheim. Doch schon auf den ersten Kilometern mit Trailer wird deutlich, wie sehr der Buzz mit den Elektronen knausert. Trotz bisweilen großzügiger Ausnutzung des Verwarngeld-Bereichs steigt der Verbrauch nur auf knapp unter 30 Kilowattstunden, im Mittel pendelt er sich bei 26,6 Kilowattstunden pro 100 Kilometer ein, was eine Reichweite von rund 250 Kilometern mit Anhänger ergibt. Rechnet man das auf Diesel um, der etwa 9,8 Kilowattstunden Energie pro Liter enthält, kommt man auf einen Verbrauch von 2,86 Liter pro 100 Kilometer – bemerkenswert für ein Fahrzeug, das bereits leer 2,4 Tonnen auf die Waage bringt, reichlich beladen ist und noch dazu einen rund 800 Kilogramm schweren Trailer zieht. Mit Haushaltsstrom für rund 38 Cent pro Kilowattstunde "betankt", macht das etwa 10 Euro pro 100 Kilometer. Der Preis an den Powerchargern in Ladeparks kann allerdings bis zu einem Euro betragen, entsprechend teuer wird es dann. Selbst wenn man den Buzz ohne Anhänger mal laufen lässt und mit VNE von 150 Kilometern pro Stunde über die Piste prügelt, geht der Verbrauch kaum über 32 Kilowattstunden hinaus.
In Gelnhausen gibts eine Impfung und ein leckeres Abendessen für die Crew und für den Buzz Strom aus einer Ladesäule der Kreiswerke. Bei 22 Kilowatt Leistung reichen die eineinhalb Stunden Piks plus Plauderei für reichlich Zusatz-Prozente im Akku. Allerdings: Im Gegensatz zur als "trailer friendly" beworbenen Aral-Ladestation in Bensheim kommt der Buzz in Gelnhausen nur solo an die Stromtanke. Im Wissen um die engen Gassen der Gelnhäuser Altstadt haben wir die SZD gleich am Flugplatz stehen lassen.
Grün laden in Hünsborn
In Hünsborn – wo eine Photovoltaikanlage Elektrowinde und E-Lepo versorgt und so den Segelflugbetrieb tatsächlich klimaneutral macht – strömen die Elektronen kostenneutral via Wallbox direkt vom Dach der Halle in den Akku des Buzz. Fürs gute Gefühl ist es durchaus eine Wohltat, grünen Strom zu tanken, wenngleich klar ist, dass auch die E-Mobilität einen CO2-Fußabdruck hinterlässt, wenn man die ganze Kette vom Rohstoff bis zum Fahrzeug betrachtet.

Weiter geht es für zwei Nächte nach Oerlinghausen und dann nach Uelzen zum Salzmanncup, wo der Buzz sechs Nächte als Unterkunft dient. Hier bewahrheiten sich so ziemlich alle Prognosen: Sofern man Ordnung hält (Anmerkung: nicht meine Stärke) oder einen Teil des Gepäcks auslagert (das Wurfzelt, siehe oben), haust man durchaus komfortabel. Ein riesiger Vorteil des Gefährts gegenüber dem klassischen Diesel-Bulli ist die Standklimatisierung, die es auf Knopfdruck angenehm kühl oder kuschelig warm macht. Wer clever ist, schneidet sich aus Rettungsdecken aus dem Ein-Euro-Shop passende Stücke für die Scheiben, verstärkt die Ränder mit Panzertape und pappt sie mit Neodym-Magneten an die Karosse. Das ist um Welten billiger als der von innen montierbare Sonnenschutz aus dem Zubehör und sorgt zudem dafür, dass sich der Innenraum nicht aufheizt, wenn der BUZZ in der Sonne steht. Allerdings halten die Magneten nicht überall, denn viele Karosserieteile bestehen aus Kunststoff.
Mit Camping-Box und Solarkraftwerk
Die Ququq-Box bietet mit ihrer Kühlbox genug Stauraum für einige Tagesrationen an Lebensmitteln, und auf dem Zweiflamm-Kocher ist von der Carbonara bis zu Apfelringen im Backteig alles Mögliche schnell gezaubert. Die Klappe der Box kann dabei als Tisch verwendet werden, und die mitgelieferten Stühle passen von der Höhe her so gut, dass sich unter der Heckklappe entspannt frühstücken lässt.

In Uelzen kommt auch erstmals das EcoFlow-Solarkraftwerk zum Einsatz. Kurz vor Abreise von der Crew unserer Partnerzeitschrift Caravaning mit Augenrollen und der Bemerkung "noch mehr Krempel zum Verstauen" in Empfang genommen, erweisen sich das faltbare Solarpanel und der dazugehörige "Stromkanister" als perfekte Ergänzung zu unserem Elektromobil. Der zwölf Kilogramm schwere Akku verfügt über vier Schuko-Steckdosen sowie zahlreiche USB-Anschlüsse und speichert bis zu einer Kilowattstunde Energie. Das Vierfach-Solarpanel liefert bis zu 220 Watt Leistung und braucht bei direkter Sonne zwischen drei und vier Stunden, um die Batterie vollständig zu laden. Und so laufen unsere Ladegeräte für Handys, Kamera- und Flugzeugakkus, die Laptops und sogar die oben erwähnte Nespresso-Kaffeemaschine eine Woche lang ausschließlich mit Solarstrom. Grüner wirds nicht!

Nach Ende des Wettbewerbes (und einem eher mäßigen elften Platz für den aerokurier-Redaktionsleiter) geht es über Wittenberge, Gera und Nürnberg zurück nach Stuttgart. Und mit jedem Kilometer im Buzz steigt das Habenwill-Gefühl, einfach weil sich der Elektrobulli saugut fährt. Mit 204 PS und 310 Newtonmeter Drehmoment ist man mehr als ausreichend motorisiert, auch mit Anhänger. Die Fahrwerksabstimmung ist mitunter fast zu straff für echten Komfort und bringt auf Bodenwellen reichlich Bewegung in die Karosse. Andererseits animieren der niedrige Schwerpunkt und die fetten Pneus, die förmlich am Asphalt zu kleben scheinen, selbst in dieser fahrenden Schrankwand ab und an zum Kurvenräubern, das nur durch den Blick in den Rückspiegel und die damit verbundene Erinnerung ans Anhängsel eingebremst wird.
Ausgereifte Assistenzsysteme
Der Buzz zeigt sich insgesamt als hervorragendes Zugfahrzeug, dessen Unterstützungssysteme wie Abstandstempomat und Spurhalte- und Notbremsassistent erstaunlich ausgereift sind. Und dann ist da noch der unglaubliche Sympathiebonus, der einem entgegenschlägt, wenn man mit dem optisch an den T1 angelehnten Stromer um die Ecke biegt. Da ist kein Neid angesichts des teuren Stromers, nur Interesse.