Endlich
VFR-Luftfahrthandbuch jetzt kostenlos

Die Deutsche Flugsicherung räumt mit ihrer Praxis auf, das Luftfahrthandbuch für den Sichtflug, die AIP VFR, ausschließlich gegen Geld verfügbar zu machen. Doch manchen geht das nicht weit genug.

VFR-Luftfahrthandbuch  jetzt kostenlos
Foto: DFS

Für Piloten ist die Aeronautical Information Publication (AIP) eine unerlässliche Datenquelle, um Flüge sicher und regelgerecht durchzuführen. Das Luftfahrthandbuch enthält Informationen unter anderem zu Flugverfahren, Navigationsanlagen, Flugplätzen und Lufträumen eines Landes. In Deutschland haben die in der AIP enthaltenen Sichtanflugkarten eine besondere Bedeutung wegen der weltweit einzigartigen Forderung, eine Platzrunde verpflichtend entlang einer veröffentlichten Linie abzufliegen. Seit gut vier Jahrzehnten werden in Deutschland die Inhalte zum Sichtflug als "Ergänzungsband VFR" separat von der "Instrumentenflug-AIP" veröffentlicht – im Gegensatz zum IFR-Teil ausschließlich gegen Geld. Die Aufgaben sind dabei verteilt: Während die DFS selbst die kostenfreie Veröffentlichung der IFR-Informationen übernimmt, bietet allein deren Tochterunternehmen, der Pilotenshop Eisenschmidt, im Jahresabo den VFR-Teil an.

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Die Kostenpflicht wurde unter anderem von der deutschen Aircraft Owners and Pilots Association, AOPA, kritisiert. Der Pilotenverband verwies auf den zweistelligen Millionenbetrag, den die DFS jährlich vom Bund als Ausgleich für gebührenfreie Flüge wie den VFR-Verkehr bekommt. Allein für das Geschäftsjahr 2021 weist die DFS in ihrem Jahresabschluss dafür eine Erstattung in Höhe von 21,8 Millionen Euro aus.

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Druck aus der Politik

Druck kam auch aus dem Bund-Länder-Fachausschuss: Schon 2018 hatte Bremen dort den Antrag gestellt, die kostenlose Verfügbarkeit der VFR-AIP zu prüfen. Und 2020 hatten die Länder Bremen, Berlin, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen und Thüringen dort angemerkt, dass der kostenlose Zugang zur Erhöhung der Luftverkehrssicherheit ein "diskussionswürdiger Vorschlag" sei. Vor rund zwei Jahren – mit der Bereitstellung der AIP IFR auf dem AIS-Portal – begann die DFS in Abstimmung mit dem Bundesministerium für Digitales und Verkehr auch mit den Planungen, die AIP VFR über das Flugberatungsportal frei zugänglich zu machen. Seit dem 5. Januar ist auch der Sichtflugteil kostenfrei verfügbar.

Der aerokurier hatte sich als erstes Luftfahrtmagazin bereits vorab zeigen lassen, wie die DFS die künftige Veröffentlichung umgesetzt hat. Kurz gesagt: Die Deutsche Flugsicherung bietet die Sichtfluginformationen in derselben Form an, in der sie bisher schon die IFR-AIP bereitgestellt hat. Auf der seit dem 5. Januar aktiven Website lässt sich die AIP nach Kapiteln durchklicken. Relevante Seiten lassen sich dann als PDF einzeln herunterladen, deren Auflösung erlaubt den problemlosen Ausdruck auf mindestens DIN A4. Das gesamte Luftfahrthandbuch als ein einziges, zusammenhängendes PDF ist dort nicht erhältlich. Ebenso wenig will die DFS fortan die Sichtfluginformationen in der EAD-Datenbank der EASA bereitstellen, wie sie dazu bei der AIP IFR verpflichtet ist. Dies verhindert unter anderem eine einfache Integration in Navigationsapps durch deren Anbieter.

Mehr Komfort gegen Geld

Mit mehr Funktionalität ausgestattet ist der Zugang zur AIP, den das DFS-Tochterunternehmen Eisenschmidt weiterhin kostenpflichtig anbietet, derzeit zu einem Preis des Jahresabos von 99 Euro. Ein stolzer Preis: Für denselben Betrag bietet beispielsweise Navigationsapp-Anbieter ForeFlight in seinem Jeppesen-Paket die VFR-Infos für ganz Europa an.

Die Hoffnung vieler Piloten, dass die VFR-Karten künftig auch in ihrer Navigationsapp kostenfrei verfügbar sein werden, bleibt derzeit offenbar noch unerfüllt: In einer Rundmail hat sich der Navigationsapp-Anbieter SkyDemon darüber empört, dass das Unternehmen künftig nach wie vor für die bereitgestellten Daten bezahlen soll.

Unter anderem deshalb geht Theo Voss das Engagement der DFS nicht weit genug. Der 32-jährige Pilot hat den Rechtsweg beschritten und am Verwaltungsgericht Darmstadt gegen die Deutsche Flugsicherung eine Klage eingereicht. Darin fordert er die freie Verfügbarkeit des Sichtflug-Ergänzungsbands der AIP und der ICAO-Karten, und zwar in einer zeitgemäßen Form. Dabei beruft er sich auf das Informationsfreiheitsgesetz und das Umweltinformationsgesetz. "Auf den Anflugblättern sind Naturschutzgebiete und Gebiete zur Lärmvermeidung ausgewiesen."

Theo Voss
Der Privatpilot Theo Voss klagt für eine freie AIP.

Die jetzige Form der Veröffentlichung ist seiner Meinung nach nicht ausreichend: "Frei verfügbar bedeutet für mich, dass die Informationen nicht nur kostenfrei, sondern auch einfach, schnell und in gängigen Formaten verfügbar sind." Für Voss ist die Klage für freie VFR-AIP und ICAO-Karten nur der erste Schritt. Als Nächstes hat er die Nachrichten für Luftfahrer (NfL) im Visier.

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aerokurier 06 / 2023

Erscheinungsdatum 19.05.2023