Me 163 Komet als Ultraleicht-Jet-Eigenbau: "Kraftei" reloaded

„Kraftei“ reloaded
Die Me 163 Komet als Ultraleicht-Jet-Eigenbau

Veröffentlicht am 18.04.2024

Auf den ersten Blick könnte die Me 163, die sich auf der AERO 2024 in der Messehalle A5 in Friedrichshafen zum ersten Mal dem Publikum zeigt, glatt als Original durchgehen. Erst bei näherem Hinsehen merkt man, dass hier kein 80 Jahre altes Ausstellungsstück den Weg an den Bodensee gefunden hat, sondern ein brandneues Flugzeug Marke Eigenbau. Das macht dieses "Kraftei" – so hieß der Raketenjäger einst im Volksmund – aber nur noch interessanter. Auch wenn es am Stand unseres Mitbewerbers fliegermagazin steht. Aber Ehre, wem Ehre gebührt – da stehen wir drüber.

Nachbau der Me 163 auf der AERO 2024.
Philipp Prinzing

Jahrelange Arbeit

Wo wir gerade dabei sind: Der Schöpfer der Nachbau-163 ist natürlich auch vor Ort. Heinz-Dieter Sippel heißt er, und er ist sichtlich stolz auf sein Werk. Schon lange wollte er ein eigenes, manntragendes Flugzeug bauen. Die Wahl fiel schließlich auf das aerodynamisch bahnbrechende Radikal-Design des Konstrukteurs Alexander Lippisch – die Me 163. Acht Jahre hat er dafür im Modellbau-Keller seines Hauses verbracht, unzählige Dokumente zur Me 163 studiert. Die Maße für sein Replikat nahm Sippel im RAF Museum Cosford in England. Dort durfte er eine ausgestellte Me 163B-1a aus nächster Nähe begutachten und dank freundlicher RAF-Veteranen, die im Museum ehrenamtlich arbeiten, auch ins Cockpit.

Nachbau der Me 163 auf der AERO 2024.
Philipp Prinzing

Composite-Bauweise

Im Gegensatz zum echten "Kraftei" entstand Sippels Nachbau in Sandwich-Wabenbauweise aus leichten Verbundwerkstoffen – weshalb das neue Flugzeug statt der gut vier Tonnen Startgewicht des Originals lediglich 240 Kilogramm auf die Waage bringt und problemlos als Ultraleicht durchgeht. Mit Composite-Werkstoffen kennt Heinz-Dieter Sippel sich aus, hat er doch bereits in den 70er-Jahren damit gearbeitet. In Zusammenarbeit mit der Firma Silence Aircraft aus Nordrhein-Westfalen entstand so Stück für Stück ein 1:1-Replikat des deutschen Raketenjägers.

Nachbau der Me 163 auf der AERO 2024.
Philipp Prinzing

Mini-Turbine statt Walter-Rakete

Eine Rakete wie das Walter HWK 109-509 von einst steckt in der nachgebauten UL-Komet natürlich nicht. Stattdessen soll das knapp ein Kilonewton starke Mini-Strahltriebwerk P1000-Pro von JetCat für Vortrieb sorgen und die Replika auf (vorerst) rund 140 km/h Reisegeschwindigkeit beschleunigen. JetCat liefert auch die Elektronik und die Motorsteuerung. Ein Generator mit zwei Kilowatt Leistung versorgt alle Systeme mit der nötigen Energie. Den Start plant Heinz-Dieter Sippel vorzugsweise im F-Schlepp, erst nach dem Ausklinken wird die Turbine zugeschaltet.

Nachbau der Me 163 auf der AERO 2024.
Philipp Prinzing

Wann fliegt die neue Me 163?

Einen konkreten Erstflugtermin hat Sippel noch nicht. Zunächst stehen für die kommenden Wochen diverse Boden- und Belastungstests an. Als nächster Schritt soll die Nachbau-Komet in zwei bis drei Metern über dem Boden als Segler eingeflogen werden. Außerdem gibt es noch jede Menge Papierkram zu erledigen – für Versicherung und Zulassung muss schließlich alles lückenlos stimmen.

Für die ersten Flugtests wird die Ultaleicht-163 voraussichtlich von einem Testpiloten gesteuert. Tatsächlich ist es aber das Ziel von Heinz-Dieter Sippel, in nicht allzu ferner Zukunft selbst ins Cockpit seines Eigenbaus zu klettern und zu fliegen. Wofür hat er auch sonst den UL-Schein gemacht?!