Wie kommt man darauf, ein Banner hinter sich herzuziehen? Reicht dir pures Fliegen nicht aus?
Doch. Ich fliege leidenschaftlich gern, aber als Vater zweier Kinder (heute sind es vier) wurde mir das Fliegen irgendwann zu teuer, und ich musste mir überlegen, wie ich mit dem Fliegen neben meinem Hauptberuf bei der Bundeswehr auch Geld verdienen und dabei noch Spaß haben konnte. Ich hatte meinen PPL 1981 in den USA erworben. Damals war ich in El Paso zur Raketenausbildung der Bundeswehr. Wieder zu Hause in Deutschland, flog ich diverse N-registrierte Flugzeuge in Egelsbach. Aber dann traf ich in Bonn/Hangelar zufällig auf Kim Marx. Sie flog Banner für den Zirkus Flic Flac mit ihrer schwarzen Morane. Von ihrem Flugstil war ich gleich begeistert. Ich sprach viel mit ihr und entschied dann, nachdem ich auch meinen fliegerisch aktiven Bruder Axel (49) für die Idee begeistern konnte, ein Flugzeug für den Bannerschlepp zu chartern – eine Wilga PZL 34, die noch aus der ehemaligen DDR stammte. 2006 gründeten wir dann die Firma ProfiEvents.

Wie lernt man denn die hohe Kunst des Bannerfliegens?
Die Grobeinweisung erfuhr ich durch Kim. Sie hat mir viele Dinge beigebracht. Aber du musst selbst daran arbeiten und das Know-how sukzessive erwerben. Am Anfang habe ich fünf Banner zerrissen und vieles falsch gemacht. Doch mit der Zeit habe ich fliegerisch sehr viel Erfahrung sammeln können. Es gibt in Deutschland nur wenige Bannerflieger. Wir tauschen uns untereinander aus und informieren uns immer gegenseitig. Da gibt es auch keinen Konkurrenzkampf. Je mehr Banner am Himmel sind, umso besser ist das für die Bannerwerbung.
Mit der Wilga habe ich übrigens mein größtes Banner geflogen: Es war 280 Quadratmeter groß. Wenn du einen ganz geringen Widerstand bei der Aufnahme vom Boden spürst, hast du alles richtig gemacht. Der Rest ist ganz einfach. Kein Widerstand: Banner nicht erwischt. Fliegst du zu schnell an, zerreißt das Banner. Fliegst du zu langsam, liegst du unten! Der Grat dazwischen ist verdammt schmal. Kim hat irgendwann mal gesagt, dass das Flugzeug zu deiner Prothese werden muss, dass du eins werden musst mit deinem Flugzeug. Das beherzige ich. Und: ich will nie Routine aufkommen lassen, denn das ist der größte Feind beim Fliegen.

Und irgendwann kamen die Liebesgrüße aus der Luft?
Ja, das ist toll. Ich habe natürlich jede Menge Werbeflüge für Firmen gemacht – landauf, landab, fliege bei Flugplatzfesten und versuche, auch jungen Menschen das Fliegen näherzubringen. Besonders tolles Feedback erhalte ich bei den Flügen für Privatpersonen. Glaub es oder nicht: Alle 1200 Heiratsanträge, die ich bisher geflogen habe, wurden positiv beschieden! Ist doch super, oder? Ob die Beziehungen allerdings Bestand haben, kann ich natürlich nicht sagen, aber ich biete meinen Kunden an, dass ich, sollte es in der Beziehung schiefgehen, gern auch ein „Verzeih mir“ als Banner-Goodie fliege. Hat übrigens bisher niemand in Anspruch genommen. Emotional war auch ein Flug bei einem Begräbnis in Hamburg. Ein Job, ja, aber besonders wohl habe ich mich nicht gefühlt, als ich mit „Hans, wir vermissen Dich“ über dem Friedhof kreiste.
Du warst in der jüngeren Vergangenheit mit deiner Piper PA-12 in ganz Deutschland unterwegs. Ist das Muster besonders gut für den Bannerschlepp geeignet, oder gibt es dafür andere Gründe?
Die PA-12 ist bis heute mein Traumflugzeug. Nachdem ich von der Wilga auf die Morane 893 umgestiegen war, erhielten Axel und ich, der übrigens die administrative Arbeit für unsere Bannerschleppflüge macht, den Tipp, dass in Straubing eine PA-12, Baujahr 1946, mit US-Registrierung, in einer Halle hänge. Wir haben sie von dort direkt weggekauft, bei Rieger komplett wieder aufbauen lassen und nach Hause, nach Hangelar geholt. Allerdings hatte ich mit der PA-12 auch mein bisher schlimmstes Erlebnis. An einem Samstag, es war der 20. Juni 2009, flog ich mit einem 30-Meter-Banner, um für den 100. Geburtstag des Flugplatzes Hangelar zu werben. Als ich gerade über der Stadt Siegburg flog, gab es einen Ruck, und das Banner löste sich. Es landete auf einem Hausdach und beschädigte dies. Dabei fielen auch Dachziegel auf die Straße, aber gottlob wurde niemand verletzt. Die Staatsanwaltschaft ermittelte. Bis heute ist nicht geklärt, warum das passieren konnte. Technisch war alles einwandfrei. Das Verfahren wurde dann auch eingestellt.
Mit der PA-12 habe ich mehr als 2000 Stunden Banner geflogen, und dabei hatte ich bis auf diesen Zwischenfall nicht einmal eine Situation, bei der ich an eine Notlandung hätte denken müssen. Das Flugzeug ist absolut zuverlässig. Und ich kann mich nur beim Flugplatz Bonn/Hangelar bedanken, dass ich dort auch regelmäßig Notverfahren üben kann, um fit zu bleiben.

Was machst du künftig angesichts der neuen Gesetzgebung, die den CPL fürs Bannerfliegen voraussetzt?
Die Änderung des Gesetzes war ein herber Schlag für mich und die Gefährdung unseres kleinen Unternehmens. Ich habe einen US-PPL, müsste die Berufspilotenlizenz neu dazu erwerben. Das ist mir viel zu aufwendig und zu teuer. Wir haben uns entschieden, die PA-12 nur noch privat zu nutzen, während wir für Bannerflüge ein UL chartern. Zurzeit suchen wir dringend nach einem guten und preiswerten UL. Inzwischen habe ich auf ULs einige Erfahrung sammeln können, und das Bannerfliegen ist auch ohne Berufspilotenlizenz mit dem UL völlig legal. Wer hätte das gedacht?! Früher habe ich ULs immer belächelt – und heute fliege ich sie selbst. Sie sind technisch ausgezeichnet und viel feinfühliger zu fliegen als so manches Echo-Klasse-Flugzeug. Ich hoffe sehr, dass ich das Vergnügen noch viele, viele Jahre genießen darf. Reiner ohne Fliegen, geht nicht!
aerokurier Ausgabe 11/2015