Flying: RV-7
Etwa 40 Sorten brauchte er für den Bau seiner RV-7. Und obwohl die Nieterei nur einen kleinen Teil der Arbeit an einem Bausatzflugzeug wie der RV-7 ausmacht, ist es lästig, wenn die Nieten abgelagert und spröde sind und sich demzufolge schlecht verarbeiten lassen.
Überhaupt sind die Mitarbeiter des Bausatzherstellers Van´s Aircraft recht großzügig beim Einpacken des Baumaterials, nicht nur der Nieten, und schicken mehr auf die Reise, als nötig wäre. "Die Nieten werfen sie wohl", stellt sich Oberbach vor, "Händeweise in den Karton."
Für Detlef Oberbach war es bereits seine dritte RV, die er selbst gebaut und durch die Zulassung gebracht hat. Vorangegangen sind eine RV-4 und eine RV-6.
Der Privatpilot aus Eschweiler bei Aachen gehört zu der Kategorie von Selbstbauern, die zwar gerne bauen, aber noch lieber fliegen. Und so war sein Bauwerk am Tag des Erstflugs, es war der Neujahrstag, gleich drei Stunden in der Luft. Am Ende der ersten Woche hatte der schnittige 180-PS-Tiefdecker bereits zehn Stunden auf der Uhr, nach einem halben Jahr Helgoland und Dessau gesehen, Usedom, Polen und Königsberg.
Um die Ehre, den ersten RV-Erstflug dieses Jahres absolviert zu haben, entspann sich sogleich typisch für die kommunikationsfreudige RV-Gemeinde ein freundschaftlicher Internetdisput mit einem amerikanischen RV-Erbauer, der eben dies für sich beanspruchte, aber schließlich eingesehen hat, dass in Europa die Sonne früher aufgeht.
RV-Bausatzflugzeuge sind beliebt, die Bauherren über die ganze Welt verstreut. Das Erstflugzählwerk auf der Van´s-Internetseite stand Anfang 2008 bei 5549. Tausende weitere RVs erwarten in Garagen und Hallen ihre frühe oder spätere Fertigstellung.
Im Durchschnitt wird täglich mindestens eine vollendet. Angeführt wird die Liste von der RV-6/6A mit rund 2500 Stück, gefolgt von der RV-4 mit 1250. Aber auch die seit Herbst 2003 erhältliche viersitzige RV-10 hat es bereits auf immerhin 115 fliegende Exemplare gebracht.
Die zweisitzige RV-7 hatte Van´s Aircraft im Frühjahr 2001 ins Programm genommen, als Ablösung der populären RV6/6A mit etwas mehr Beinfreiheit, größeren Tanks, mehr Zuladung und höherer VNE.
Unter die Haube der RV-7 passt jeder Lycoming-Vierzylinder, von dem 150 PS starken O-320 bis zu der 200-PS-Version IO-360. Van´s ist nicht gegen den Einbau anderer Motoren, rät aber davon ab. Es gibt sie mit sportlichem Spornrad, aber auch, als RV-7A, mit schlicht gehaltenem Bugrad. Sie kam nach der RV-8 und RV-9 auf den Markt und profitiert von dem Technologiezugewinn, den Van´s bei der Entwicklung dieser beiden Modelle gemacht hat. Der Erbauer wiederum kann sich an noch präziser gefertigten Teilen und verkürzter Bauzeit erfreuen.
Van´s schätzt, dass sich die Arbeitsstunden im Vergleich zur RV-6 um 30 Prozent reduzieren lassen. Detlef Oberbach hat aus einer Lkw-Ladung Einzelteile innerhalb von zehn Monaten seine RV-7 montiert und dabei den US-Hersteller wieder als zuverlässigen und schnell reagierenden Partner erlebt.
Er hatte sich für den Standardbausatz entschieden und nicht den "Quick Build Kit" mit dessen höheren Grad an Vorfertigung. Was man für den Bau braucht, sagt er, ist neben einer beheizten Werkstatt "Ausdauer und ein bisschen Geschick". Das Werkzeug sei weniger als man meint, außerdem gebe es passende Werkzeugsätze schon für 600 Dollar. "Das Wichtigste ist aber die Ausdauer."
Gebaut wird die RV-7 ohne Helling und anders als die Vorgängermodelle von außen nach innen. Die Pläne seien hervorragend gemacht, das Englisch sehr gut verständlich. Ein Prinzip der Bauanleitung besteht darin, dass identische Arbeitsabläufe nur einmal ausführlich erklärt werden.
Wer einen rechten Flügel erfolgreich zusammenbekommen hat, so der Gedankengang von Van´s, sollte in der Lage sein, das symmetrische Gegenstück anzufertigen. Der eine oder andere soll allerdings auch schon das Umdenken ausgelassen und zwei rechte Flächen gebaut haben.
Fehler können trotz aller Sorgfalt auch dem erfahrenen RV-Handwerker passieren, weiß Detlef Oberbach. Umso wertvoller ist in solchen Lagen ein Lieferant wie Van´s Aircraft, der bei Bedarf Ersatz für das versehentlich deformierte Blech innerhalb von wenigen Tagen über den Atlantik sendet. Der Schlüssel zu einem zügig wachsenden und gelungenen Endprodukt ist die Planung. Natürlich kann man die Teile je nach Baufortschritt bestellen. Man kann sich aber auch, so wie es Detlef Oberbach getan hat, das Flugzeug komplett bis zur letzten Schraube einpacken lassen.
Dies setzt eine sehr präzise Vorstellung voraus, wie das Wunschgefährt einmal aussehen soll und welche Teile miteinander harmonieren. "Das Bestellen", sagt der RV-Bauer aus Eschweiler, "ist richtige Arbeit." Zehn Seiten Bestellzettel hat er allein für die Wahlteile beschriftet.
Bei der Bestellung hilft allerdings der Van´s-Katalog, und die Amerikaner geben reichlich Empfehlungen, was gut zueinander passt.
Sorgfältig geplant werden will auch jede Arbeitsphase, etwa die Gestaltung des Instrumentenbretts. Eine Woche hat Detlef Oberbach alleine mit den Vorüberlegungen zugebracht und hier, wie an wenigen weiteren Stellen, eigene Ideen verwirklicht.
Ein typischer Oberbach-Einfall ist die Motorheizung mit Zeitschaltuhr, die den Lycoming auf Handwärme bringt und so das Anlassen zur wahren Freude werden lässt. Hier wir dort geht es immer auch darum, sich selbst einen Gefallen zu tun und das Flugzeug wartungfreundlich zu bauen. Schließlich gilt der Erbauer als Hersteller und darf später sein eigener Mechaniker sein.
Im Wesentlichen hat er die Konstruktion aber bewusst so gelassen, wie die Van´s-Ingenieure sie gezeichnet haben. "Die bauen seit 1973 Flugzeuge", sagt er, "da darf man nichts ändern."
Das Datenblatt seiner RV-7 gibt ihm Recht. Der Tiefdecker ist nicht nur äußerlich makellos und sanft zu handhaben, er ist spurtstark und steiglustig, rollfreudig und schnell und überdies preiswert zu betreiben. Selbst bei maximaler Abflugmasse schwingt sich der Zweisitzer in sieben Minuten auf 10000 Fuß. Zuende ist der Himmel in 18000 Fuß. Der rote Strich auf der Fahrmesserskala ist ziemlich weit oben angebracht, bei 200 Knoten. Im Reiseflug bei 65 Prozent Leistung ist die RV-7 mit rasanten 170 Knoten unterwegs.
Etwa 34 Liter konsumiert der Lycoming-Vierzylinder dabei, bei 55 Prozent Leistungseinstellung sind es 32 Liter. Der Tankinhalt von 160 Litern ermöglicht eine Reichweite von 780 NM.
Dass der schlanke Renner gerne ein Kunstflugzeug geworden wäre, zeigt er bei den Faßrollen, die er begeistert absolviert. Selbst für senkrechte Rollen nach oben ist genügend Kraft da. Leer wiegt das Ganzmetallflugzeug so viel, wie manch ein beladenes UL gerne von sich behauptet, nämlich gut 475 kg. Bis zum Maximalgewicht bleiben, zwei Insassen und volle Tanks vorausgesetzt, stattliche 50 Kilo übrig für das Reisegepäck.
Damit lässt sich was anfangen, zumal wenn die Reiseziele Elba heißen (3:20 h ab Aachen-Merzbrück), Jersey (2:00 h) oder Toskana (3:00 h). Detelf Oberbach hat ja jetzt wieder mehr Wochenendfreizeit: "Wenn sie fertig ist, rühre ich keinen Schlag mehr dran."
(MS)