MT-Propeller: Werksbesuch in der Blatt-Fabrik

Firmenporträt MT-Propeller
Werksbesuch in der Blatt-Fabrik

Zuletzt aktualisiert am 16.09.2020

Alles dreht sich bei MT-Propeller ums Blatt. Anders als im herbstlichen Laubwald liegen die Blätter allerdings nicht verstreut auf dem Boden herum oder segeln wild durch die Luft, bei MT (Mühlbauer Technik) stehen alle Blätter feinsäuberlich sortiert in Regalen oder sind versandfertig in Transportkisten verstaut. Manche werden gerade repariert, lackiert oder als vollständiger Propeller an ein Flugzeug montiert. Zusammengesetzt werden aus den Blättern Luftschrauben, die unterschiedlicher kaum sein könnten.

Natur-Composite-Propeller

Vom filigranen Zweiblattprop für Ultraleichtflugzeuge bis zur mächtigen Siebenblatt-Turbinenluftschraube ist so ziemlich alles dabei, was die Luftfahrtkundschaft braucht. Spezialisiert haben sich die Propellerbauer am Flugplatz Straubing-Wallmühle im Ortsteil Atting auf Natur-Composite-Propeller. Die einzelnen Blätter werden mittels eines komplizierten Verfahrens aus Holz und Kunstharz gefertigt. Durch diese natürliche Composite-Bauweise wird einerseits eine harte, widerstandsfähige Struktur geschaffen, andererseits hat das Material sehr gute Eigenschaften für die Verarbeitung.

Pichlmaier

"Propeller-Hoffmann"

Erfinder der sogenannten Pressholz-Kunstharz-Bauweise ist der Dessauer Ingenieur Ludwig Hoffmann. Der Vater der modernen Luftschraube steht wie kaum ein anderer für die Evolution vom einfachen Hartholzpropeller zum modernen Leichtholz-Mantelpropeller. In Fachkreisen wird der Erfinder heute noch ehrfürchtig "Propeller-Hoffmann" genannt. Dabei wurde er zu einer Zeit geboren – Ende des 19. Jahrhunderts –, in der es weder Motorflugzeuge noch Luftschrauben gab. Als Konstrukteur und später als Leiter der Propellerentwicklung bei der Junkers Flugzeugwerk AG legte er die Basis für die folgenden bahnbrechenden Entwicklungen bei der Firma Gustav Schwarz in Berlin-Waidmannslust, wo der Ingenieur seine Passion für Luftschrauben nach voll entfalten konnte. Dort wurde unter seiner Regie unter anderem der Prop für den Weltkriegsjäger Focke-Wulf Fw 190 entwickelt.

Grundstein für das Unternehmen MT-Propeller

Hoffmann gab sein Wissen noch zu Lebzeiten an die nachfolgende Generation weiter und legte damit den Grundstein für das heute weltweit agierende Unternehmen MT-Propeller. "Mein Lehrmeister" nennt ihn MT-Chef und Firmengründer Gerd Mühlbauer respektvoll. 1981 gründete der Rosenheimer die Gerd Mühlbauer GmbH, zunächst als Reparatur-Service in Straubing. Auf die Frage, warum er vom oberbayerischen Rosenheim an die Donau zog, ist die Antwort zugleich pragmatisch wie weitsichtig: "Weil dort ein Flugplatz ist."

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Bilderbuch-Erfolgsgeschichte

Die Anfänge waren mit gerademal fünf Angestellten plus Sekretärin und Chef durchaus bescheiden. 1983 kam zum Servicebetrieb nach Part-145 die Produktion eigener Luftschrauben mit Entwicklungsbetrieb nach Part-21 hinzu. Ein genialer Schritt für das Unternehmen, denn in der Folge stärkte das neue Standbein, der Entwicklungsbetrieb, die bereits etablierte Service-GmbH: Schließlich brauchten die eigenen Produkte auch einen guten Service. So wurde aus dem kleinen Reparaturbetrieb eine Bilderbuch-Erfolgsgeschichte.

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6000 Propellerblätter pro Jahr

Heute beschäftigt MT-Propeller über 200 Mitarbeiter, davon 55 in der Tschechischen Republik (Produktion und Service) und 20 im Servicebetrieb in den USA. Rund 6000 Propellerblätter fertigt das Unternehmen pro Jahr, über 1800 Luftschrauben werden daraus montiert. Unternehmerisch profitiert davon direkt der Servicebetrieb, denn jedes einzelne Blatt muss gewartet werden. Und auch für die Produkte der Konkurrenz, des Weltmarktführers Hartzell aus den USA, ist MT-Propeller als Serviceunternehmen zertifiziert.

Entwicklung neuer Technologien

Innovativ ist MT-Propeller bis heute geblieben. Die neueste Generation elektrischer Verstellpropeller ist nur ein Beispiel für die Entwicklung neuer Technologien. "Wir sind derzeit weltweit das einzige Unternehmen, das luftfahrtzertifizierte elektrische Verstellpropeller verkauft", betont Entwicklungschef und Geschäftsführer Martin Albrecht. "Unser Geheimnis ist, dass wir alles selbst entwickeln und testen. Wir haben dadurch die Möglichkeit, Entwicklung, Test und Produktion aus einer Hand zu realisieren." Kooperationen mit Siemens (jetzt Rolls-Royce) oder Flugzeugbauern wie Pipistrel (Alpha Electro, aerokurier 07/19) zeigen das große Interesse der Straubinger Propellerbauer daran, den technologischen Fortschritt mitzugestalten und ganz vorne dabei zu sein, wenn es um Innovationen für die Zukunft geht.

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Produktpiraterie

Selbst die großen Risiken der Globalisierung und den Aufstieg neuer Industrienationen sieht man in Straubing mit Gelassenheit: "Propeller zu bauen ist eine schwierige Sache. Deshalb sind wir sogar vor neuen Problemen wie Produktpiraterie, die viele mittelständische Unternehmen plagen, noch relativ sicher", so MT-Chef Mühlbauer. "Wenn der Propeller nicht funktioniert, dann funktioniert auch das ganze Flugzeug nicht."