Eine P2006T stürzt in Bieberach ab, der Pilot überlebt nicht.

Unfallanalyse
VFR in IMC

Zuletzt aktualisiert am 22.02.2019
VFR in IMC
Foto: BFU

Der 62-jährige Pilot startete am Mittag des 18. November 2012 auf dem Verkehrslandeplatz Pfullendorf in Oberschwaben (Baden-Württemberg). Sein Flugziel war der 45 Kilometer nordwestlich gelegene Verkehrslandeplatz Biberach an der Riß. Dort sollte in einem Wartungsbetrieb die Jahresnachprüfung der in Privatbesitz befindlichen, zweimotorigen Technam P2006T durchgeführt werden. Zur Startzeit betrug der Bewölkungsgrad in Pfullendorf 4/8, auflösend in 300 bis 400 Fuß GND. Am Zielplatz lag die Bodensicht bei 4000 Metern, die Bewölkung von 7/8 in 500 bis 600 Fuß. Der Wind kam mit drei Knoten aus 160 Grad, die Temperatur betrug 5 Grad Celsius.

Die GAFOR-Vorhersage für den Tag lautete: „Ein geschlossenes Nebelfeld überdeckt die Oberpfalz, fast ganz Niederbayern und den Norden Oberbayerns. Weitere Nebelfelder liegen entlang der oberen Donau sowie im Norden Oberschwabens und am Bodensee. Dünnere Wolkenfelder ziehen in FL 60 bis FL 90 durch. Bis mittags weitet sich ein nebelfreier Bereich nordwärts aus und erreicht nachmittags die Donau westlich der Lechmündung. Die Nebelfelder am Bodensee und im Südwesten Niederbayerns lösen sich teilweise auf. Die Sicht unter der Nebeldecke beträgt 300 bis 2000 Meter, mittags verbessert sich die Sicht auf 2000 bis 6000 Meter, in nebelfreien Gebieten auf 40 bis 60 Kilometer.“

Schwieriges Wetter auf der ganzen Strecke

Laut eines Gutachtens des Deutschen Wetterdienstes (DWD) herrschte auf der gesamten Strecke zwischen Pfullendorf und Biberach Nebel beziehungsweise Hochnebel. Im weiter nördlich gelegenen Ulm lag dieser bei nur 300 Fuß. Ob der Pilot vor seinem Start in Pfullendorf ein Wetterbriefing durchgeführt hat, konnte nicht ermittelt werden. Vieles spricht dagegen, denn dann hätte er die äußerst kritische Wetterlage entlang seiner kurzen Flugstrecke sicherlich erkannt.

Tecnam

Nach einer Flugzeit von zirka 30 Minuten meldete sich der Pilot über Funk bei der Flugleitung des Flugplatzes Biberach und teilte seine Absicht mit, dort zu landen. Er erhielt die Landeinformation für die Betriebspiste 04. Laut den Ermittlungen der Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung (BFU) und den ausgewerteten Radaraufzeichnungen befand er sich zu diesem Zeitpunkt südwestlich des Platzes.

Laut mehrerer Zeugenaussagen war in unmittelbarer Flugplatznähe zuerst ein Motorengeräusch zu hören, dann sei das Flugzeug aus dem Nebel kommend sehr tief geflogen. Vom Tower in Biberach wurde kurz danach be­obachtet, wie das Flugzeug südlich versetzt die Piste 04 anflog. Seine geschätzte Flughöhe betrug etwa 500 Fuß. Der Flugleiter informierte den Piloten, dass das Flugzeug in Sicht sei.

Dann leitete der Pilot einen Vollkreis nach links ein und ging dabei in den Sinkflug über. Er überschoss die Anfluggrundlinie bei dem Versuch, die Piste 04 anzufliegen, zuerst nach rechts und schließlich nach links, korrigierte dann die Richtung nach rechts, während er wieder in den Steigflug überging. Das Flugzeug kippte vornüber, prallte auf den Boden auf, überschlug sich und kam auf dem Rücken liegend zum Stillstand. Der Pilot erlitt tödliche Verletzungen.

Hatte der Pilot den Platz in Sicht?

Die Radardaten lassen darauf schließen, dass der Pilot wahrscheinlich schon während des Anflugs den Platz gar nicht in Sicht hatte. Nach Richtungsänderungen und Vollkreisen rechts der Anfluggrundlinie suchte er vermutlich die Piste 04. Die BFU geht davon aus, dass der Pilot kurzzeitig Bodensicht hatte, als sich das Flugzeug rechts der Anfluggrundlinie befand. Vermutlich flog er da unter sehr schlechten Sichtflugbedingungen eine neu gebaute Umgehungsstraße an. Diese befindet sich in nur 300 Metern Entfernung rechts (östlich) parallel zum Platz.

BFU

Die BFU-Ermittler gehen davon aus, dass er seinen Irrtum bemerkte und versuchte, mit einem Vollkreis nach links die Piste 04 anzufliegen. Bei Beendigung des Vollkreises befand sich das Flugzeug in der Nähe der Schwelle rechts neben der Piste. Wahrscheinlich ist, dass der Pilot beim anschließenden Flugmanöver zur Korrektur der Landerichtung im Steigflug die Kontrolle über seine Zweimot verlor. Der Aufprall auf den Boden erfolgte zirka 210 Meter links der Schwelle zur Piste.

Der Pilot besaß seit 1991 eine Privatpilotenlizenz mit Berechtigungen für einmotorige und mehrmotorige Flugzeuge (SEP land und MEP land). Seine Gesamtflugerfahrung wurde mit 1048 Stunden beziffert, auf der Technam P2006T hatte er eine Flugzeit von 125 Stunden mit 199 Starts und Landungen. Binnen 90 Tagen vor dem Unfall war er 9:16 Stunden geflogen.