So ein Flugplatzfest ist immer wieder ein Highlight. An wenigen Tagen im Jahr kommen die Piloten unseres Vereins so oft in die Luft wie am ersten Wochenende im September. Gastflüge sind angesagt. Motorflugzeuge, Motorsegler, Segelflugzeuge – in den Stoßzeiten sind alle Sitzplätze ausgebucht. Auf den ersten Blick ist das eine feine Sache: „Selbst fliegen, andere zahlen lassen“, lautet das aus Pilotensicht überaus erquickliche Motto.
Also alles easy beim Fliegen mit Gästen? Aus rechtlicher Sicht sind die Anforderungen überschaubar. Das Schreckgespenst, mit dem der Gesetzgeber vor einiger Zeit Gastflüge für PPL-Inhaber zeitweise de facto verboten hat, ist aktuell vom Tisch, so dass Privatpiloten ohne gewerblichen Hintergrund wie gewohnt Gäste befördern dürfen. Kurzer Selbstcheck: Erfülle ich die 90-Tage-Regel? Sind Lizenz und Medical gültig? Fühle ich mich fit? Bei Flugplatzfesten und sonstigen Veranstaltungen lassen sich die Behörden gerne noch zusätzliche Bedingungen einfallen und fordern zum Beispiel mehr Landungen und eine bestimmte Gesamtflugerfahrung.

Nach dem Selbstcheck kommt der Vorflugcheck. Ist das Flugzeug fit? Sind die Kontrollintervalle eingehalten? Fragen, die der Pilot vor einem Gastflug mit einem noch klareren Ja als üblich beantworten sollte. Für mich das Wesentliche: Gleich trägst du die Verantwortung für Menschen, die dir und der Technik vertrauen. Für den hoffentlich nie eintretenden Fall, dass es beim Gastflug kracht, sollte man der Versicherung keine Angriffsfläche bieten.
Eine Sonderrolle spielt das Spritmanagement. Einfach volltanken ist nicht die beste Idee, mutieren dann doch einige Viersitzer zum Doppelsitzer und die meisten ULs zum lupenreinen Einsitzer. Andererseits sollte man auch nicht auf den letzten Tropfen fliegen. Vorab weiß man eben meist nicht, in welcher Gewichtsklasse die Gäste spielen und wie lange sie fliegen möchten. Fliegt man mehrere Touren hintereinander, sollte man die Flugzeiten genau im Auge behalten und lieber eine Runde früher als später zur Zapfsäule rollen. Die Tankanzeige jedenfalls ist in vielen Flugzeugen nicht unbedingt ein zuverlässiger Indikator für die verbleibende Flugzeit.
Sind die Gäste zum Einstieg bereit, hat der Pilot das letzte Wort bei der Sitzplatzvergabe. Kaum einer wird den Gast nach seinem exakten Gewicht fragen, wenn augenscheinlich alles im grünen Bereich ist. Die Schwerpunktlage sollte der Pilot auf jeden Fall im Blick behalten, bevor am Ende zwei schwere Erwachsene mit Gepäck hinten und ein kleines Kind plus Pilot vorne sitzen. Nicht vergessen: eine Erklärung, weshalb die Gäste an Knüppel und Pedalen nichts zu suchen haben.
Ob der Flug zur Lust oder zum Frust wird, entscheidet die Chemie zwischen dem Piloten und seinen Gästen. Die erste Frage, die ich unbekannten Mitfliegern meistens zuerst stelle: „Seid ihr schon mal geflogen?“ Für viele ist es nämlich das erste Mal, dass sie in „so was Kleines“ einsteigen.
Bei den meisten Gästen gerät die Unsicherheit in Vergessenheit, wenn man ihnen die Ins-trumente erklärt, darüber berichtet, dass so eine Remorqueur aus Holz gebaut ist, einen dicken Motor mit großem Durst hat und im Grunde ganz einfach zu steuern ist. Ganz entspannt kann man es mit Wiederholungstätern angehen. Viele Stammgäste schauen immer mal wieder auf einen Rundflug vorbei und wissen, wie der Hase läuft.
Die zweite Frage vor dem Anlassen: „Wo wollt ihr hin?“ Viele Gäste möchten ihre Heimat von oben sehen. Besser ist es, das Navigatorische zu klären, bevor die Uhr in der Luft tickt und die Sucherei anfängt. Nette Anekdote am Rande: Ein Gast hatte kürzlich eine Runde über sein Dorf höflich abgelehnt. Sein Haus könne er sich schließlich auch in Google Earth anschauen.

Moderate Steig- und Sinkraten, nicht allzu viel Schräglage und nicht gerade ein Slip im Anflug: Fliegerisch sollte man es gelassen angehen. Wer ruhig unterwegs ist und bevorstehende Manöver ankündigt, entspannt auch die Fluggäste. Ein wenig Aufmerksamkeit erfordert das Timing. Schließlich möchte man den Passagieren die maximal mögliche Flugzeit bieten, ohne sie mit Wartekreisen in Platznähe zu langweilen. Andererseits sind mehr Flugminuten als vereinbart ärgerlich für die Vereinskasse und anderen Gästen gegenüber nicht fair. Mit zunehmender Routine lernt man seine Stammrunden mit festen Weg- und Zeitmarken kennen und weiß, wann man sich im Gegenanflug meldet, um pünktlich an der Schwelle aufzusetzen.
Übrigens sollten Piloten auch das eigene Wohlbefinden nicht ganz vergessen. Viele Flüge hintereinander kosten Kraft. Gerade an heißen Tagen ist eine Flasche Wasser an Bord unverzichtbar, alle paar Runden darf man sich auch mal eine Pause gönnen oder einen anderen Piloten ans Steuer lassen. Läuft alles rund, sind Pilot und Gast gleichermaßen zufrieden. Und darum geht es doch.
aerokurier Ausgabe 02/2015