Behind The Lens: Flugzeugfotografie von Profis lernen

Behind The Lens
Flugzeugfotografie von Profis lernen

Zuletzt aktualisiert am 28.09.2023

Das Licht der untergehenden Sonne taucht die norddeutsche Landschaft in einen goldenen Schein. Der Bass der Sternmotoren bahnt sich seinen Weg unter die Ohrmuscheln der Headsets. Durch die offene Luke der Beech Bonanza richtet sich der Blick auf zwei fliegende Schätze: die Beechcraft Model 17 Staggerwing von Tassilo Bode und eine Spartan Executive folgen uns in enger Formation. Philipp Prinzing, Chefredakteur unseres Schwestermagazins "Klassiker der Luftfahrt", und ich haben die perfekte Position mit dem Rücken zur Flugrichtung eingenommen und nehmen die Flugzeuge ins Visier unserer Nikons, um diesen magischen Moment zu konservieren. Die Piloten tun jetzt exakt das, was wir ihnen über Funk oder per Handzeichen zu verstehen geben. Sie kreisen mal links, mal rechts herum, bringen die Flugzeuge in Position, fliegen einzeln oder mit wechselnder Führung in Formation. Als wir eine gute halbe Stunde später wieder am Boden sind, kann selbst Philipp, alter Hase in der Air-to-Air-Fotografie, sich ein breites Grinsen nicht verkneifen: "Das war die Endstufe."

Höhepunkt des Seminars

Die Fotoflüge sind der Höhepunkt des Seminars "Behind the Lens", das der "Klassiker der Luftfahrt" im Juni zum zweiten Mal an der Aviators Farm in Hildesheim ausgerichtet hat. In Zweierteams gehen die Teilnehmer in die Luft und übernehmen dabei das Kommando über die Formation aus Fotoflugzeug und den zu fotografierenden Klassikern. Auch ich bin in meiner Rolle als aerokurier-Redakteur dabei, zum einen, um selbst noch etwas über die Fotografie von Flugzeugen in der Luft zu lernen, zum anderen, um den Teilnehmern Tipps aus der Praxis zur Fotografie von Flugzeugen und ihren Piloten am Boden mit auf den Weg zu geben. Denn Flugzeuge in ihrem Element abzulichten, gehört für uns zum Einmaleins der redaktionellen Arbeit. Ob Pilot Report, Projektbericht oder ein ganz persönlicher Beitrag für die Rubrik "Meine Liebe": Ohne Air-to-Air-Fotos geht es nicht.

Die Motivation der Teilnehmer hätte unterschiedlicher kaum sein können: Mal ist es pure Neugierde, mal der Wunsch, in eine andere Art der Fotografie einzutauchen, oder schlicht das Einlösen eines Geschenks – aber alle eint die Leidenschaft für die Luftfahrt und die Liebe zur Fotografie.

Theorie muss sein

Um die Gruppe auf ihre Flüge vorzubereiten, gibt es nach dem Rundgang durch die Aviators Farm – der von Thomas Schüttoff geleitete Hangar ist ein Paradies für Piloten und ein Hort seltener Klassiker – erst mal eine Packung Theorie. Zunächst gibt Philipp Prinzing seine Erfahrungen aus vielen Jahren der Air-to-Air-Fotografie weiter: Wie funktioniert eine Formation aus Pilotensicht, und welche Anforderungen stellt sie an den Fotografen? Welche Rolle spielt die Kameratechnik, und mit welchen Kniffen kommt man zu scharfen Bildern? So viel sei verraten: Eine 60stel Sekunde ist ein guter Wert für einen geschlossenen Propellerkreis, "das einzige Mittel, um einem statischen Motiv Dynamik zu verleihen", wie Philipp erklärt. Schließlich gibt er Tipps, wie sich Fotografen abseits des Seminars der Air-to-Air-Fotografie annähern können.

Patrick Holland-Moritz

Im zweiten Part geht es in meinem Vortrag darum, Flugzeuge und Menschen am Boden ansprechend in Szene zu setzen. Welche Wirkung haben Brennweiten? Wie macht man sich das natürliche Licht zum Freund? Welche Fehler sollten Fotografen vermeiden? Oldtimer wie Boeing Stearman oder Stinson L-5, mal statisch, mal mit laufenden Motoren und Smoke-Effekten, dazu Fahrzeuge aus dem Zweiten Weltkrieg mit Darstellern im zeitgenössischen Militärdress bieten Möglichkeiten, die Tipps in der Gruppe gemeinsam umzusetzen.

Klassiker vor der Linse

Am Sonntagmorgen dann schließlich das Finale: Die Teilnehmer nehmen die beiden Fotoflugzeuge in Augenschein, legen sich das Geschirr zur eigenen Sicherung an und machen sich mit ausgebauten Türen auf die Reise in den Hildesheimer Luftraum. Die auf Hochglanz polierte Lockheed 12A Electra Junior und die weinrot lackierte Staggerwing rollen als Vorhut zur Piste, um gleich als Modell bereitzustehen. Jeweils rund 25 Minuten Shooting-Zeit im sanften Morgenlicht bleibt den Teams, um den perfekten Treffer zu landen.

Eine ganz andere Art der Herausforderung ist die Auswertung der Bilder bis zum frühen Nachmittag. Mit mehr oder weniger hohem Ausschuss müssen sich alle Fotografen abfinden; ohne geht es bei den langen Belichtungszeiten in rauer Umgebung nicht. Doch welche Topmotive sollen in der Runde vorgestellt werden? Schnell wird klar: Alle Teilnehmer haben ihr erstes Air-to-Air-Shooting mit Bravour gemeistert.

Behind the Lens 2024

Auch im kommenden Jahr bieten die Luftfahrtredaktionen der Motor Presse Stuttgart wieder die Möglichkeit, sich in die Geheimnisse der Flugzeugfotografie einführen zu lassen. Erneut ist die Aviators Farm in Hildesheim die Basis. Das Seminar findet am 22. und 23. Juni statt. Es lohnt sich, rechtzeitig zu buchen, denn die Early Birds erhalten einen satten Rabatt auf den Seminarpreis. Alle Infos zur Anmeldung und zum Programm gibt es HIER.