World Air Games 2015

World Air Games
Goldsegen im Morgenland

Veröffentlicht am 28.01.2016

Unter dem Motto „Wo der Himmel das Stadion ist“ hatte das Wüstenemirat Dubai sich selbst und Luftsportfans aus aller Welt im Vorfeld auf die World Air Games eingestimmt. „Wintertemperaturen“ von 25 bis 30 Grad Celsius und kaum eine Wolke am Himmel versprachen perfekte Bedingungen für die insgesamt 230 Pflichten und Küren, die die Sportler im Kampf um die Medaillen zu absolvieren hatten. „Die besten Piloten der Welt sind hier. Wir freuen uns, beim größten Luftsport-Event, das jemals stattgefunden hat, auf großartige Wettbewerbe in einem wunderbaren Ambiente“, sagte Susanne Schödel, Generalsekretärin des Weltluftsportverbandes FAI, bei der Eröffnung.

Wie zu erwarten hatten die Organisatoren alle Register gezogen, um der Luftsportwelt eine unvergessliche Atmosphäre zu bieten. Vom Modellhubschrauber-Kunstflug auf der Eislaufbahn in einer Shopping Mall über Fallschirmsprung- und Kunstflugwettkämpfe über den künstlichen Palmeninseln bis hin zu Ballonfahrten über dem Dach des höchsten Gebäudes der Welt – die Bilder der „Olympischen Spiele des Luftsports“ vor der Kulisse von Wüste, Wasser  und Wolkenkratzern dürften lange im Gedächtnis bleiben. 

Das Gleiche gilt für den Geschwindigkeitsweltrekord des Schweizer Fallschirmspringers Marco Wiederkehr, der am 10. Dezember mit 533 Kilometern pro Stunde  für die Messdistanz von 1000 Höhenmetern weniger als sieben Sekunden benötigte – in Windstopperhemd und Jeans. Zwar biete plastifizierte Kleidung laut Wiederkehr der Luft weniger Widerstand, aber sie enge den Springer ein. „Da der Körper aber mein Arbeitsgerät ist, muss ich mich frei bewegen können“, kommentierte der Weltrekordler seine legere Kluft.

Auch wenn Yousif Hassan Al Hammadi von der Emirates Aerosports Federation betonte, Sicherheit stehe trotz des sportlichen Wettstreits an erster Stelle, ereignete sich im Laufe des Wettbewerbs ein Unfall. Ein niederländischer Gyrokopterpilot stürzte mit seinem Fluggerät aus bis Redaktionsschluss ungeklärter Ursache am 9. Dezember nahe der Dubai Palm Drop Zone ins Meer. Laut einer Pressemitteilung erlitt er dabei Verletzungen, nähere Angaben machten die Organisatoren nicht.

Aus deutscher Sicht waren die Air Games ein Erfolg auf ganzer Linie. Mit seinem Sieg im Ballonfahren verhalf David Strasmann der „Nationalmannschaft“ am letzten Wertungstag auf den vierten Platz im Medaillenspiegel – insgesamt drei Gold-, zwei Silber- und eine Bronzemedaille bringen die Sportler aus den Arabischen Emiraten mit nach Hause. „Es ging ganz entspannt“, fand David Strasmann. „Vielleicht hat auch die Umgebung unbewusst ein Ferien-Feeling erzeugt.“

Den Medaillenreigen eröffneten Segelflieger Tilo Holighaus und Modellpilot Mario Müller. Müller hatte sich im Pylon Racing, bei dem es darum geht, mit dem Modellflugzeug einen rund 400 Meter langen Dreieckskurs zehnmal schnellstmöglich zu umrunden, mit komfortablem Vorsprung ins Finale gekämpft. Hier patzte er, als er – den Sieg vor Augen – den rund 180 Meter entfernten Pylon 1 des Kurses schnitt und sich so eine zehnprozentige Zeitstrafe einhandelte. Da rettete ihn auch die überragende Performance seines mehr als 300 Stundenkilometer schnellen Modellrenners nicht. Den Sieg holte sich schließlich Bruce de Chastel aus Australien.

Auch Segelflieger Tilo Holighaus musste sich zwei Konkurrenten geschlagen geben. Bei der neuen Disziplin Glider Match Race, bei der je zwei Segler parallel einen vier mal fünf Kilometer langen Kurs zurücklegen müssen, kam es auf perfektes Energiemanagement und präzise Wenden an. Holighaus setzte sich im B-Finale gegen Rene Vidal aus Chile durch, den Sieg holte sich der mehrfache Weltmeister Sebastian Kawa aus Polen vor Werner Amann aus Österreich. „Ursprünglich dachten wir, dass das Ganze aufgrund fehlender Thermik eine reine Showveranstaltung wird“, sagte Holighaus dem aerokurier. „Aber als sich dann beim Fliegen herausstellte, dass es hier und dort tragende Luftschichten gibt, wurde aus dem vermeintlich belanglosen Abgleiten eine durchaus sportliche Herausforderung.“ 

Das erste Gold für die Deutschen sammelten Astrid und Marcus Ciesielski ein. Das Ehepaar schaffte es in der ersten Disziplin der General Aviation, dem Navigationsflug, bis ins Viertelfinale, unterlag hier aber dem späteren Siegerteam aus Norwegen. „Die Navigation über der Wüstenlandschaft war schwierig“, sagte Ciesielski im Gespräch mit dem aerokurier und muss im Vorgriff auf seinen nächsten Satz schmunzeln. „Eine recht gute Orientierung boten allerdings die zahlreichen Kamelrennstecken, die auch in unseren Karten verzeichnet waren.“ Ohne intensive Nutzung der 45-minütigen Vorbereitungszeit, die dem Team von der Ausgabe der Karten bis zum Start zur Verfügung stand, wäre es kaum möglich gewesen, den 700 Meter breiten Korridor sauber zu befliegen. „Kurse eintragen, Wegpunkte suchen, Peilungen abschätzen und dann auf Kommando meiner Frau sauber fliegen, darauf kam es an.“ Insgesamt fünf Wertungsflüge à 35 Kilometer galt es zu absolvieren. 

In der zweiten Disziplin, dem Ziellandewettbewerb, zeigten die beiden Mitglieder der LSG Breitscheid-Haiger, wie gut sie die Cessna 172 SP trotz des Windes im Griff hatten. „Der arabische Schamal mit bis zu 17 Knoten genau von der Seite, das war grenzwertig“, sagte Ciesielski und ergänzte, dass es den Piloten freigestellt  wurde, ob sie bei diesen Bedingungen fliegen wollten oder nicht. Zwei Wertungsanflüge galt es zu meistern, einen mit voller Motorkontrolle, einen im simulierten Engine-off-Modus, also im Leerlauf, nur mit Klappen und gegebenenfalls slippen. Keine leichte Aufgabe. Der Mut, den Bedingungen zu trotzen, hat sich ausgezahlt, hinter dem Team aus Südafrika „landeten“ die Ciesielskis auf Rang zwei – die erste Silbermedaille für das deutsche Team. Die Überraschung kam aber beim Blick auf die Gesamtwertung. Hier flossen die Ergebnisse der Vorrunden des Navigationsfluges und des Ziellandewettbewerbs ein – und bescherte den Deutschen eine Goldmedaille obendrauf!

Die dritte Goldmedaille für Deutschland holte sich Eric Weber mit seinem Modellflug-Helikopter. Er zeigte bei seinen fünf Wertungsflügen mit und ohne Musik die besten Freestyle-Präsentationen. Der siebenmalige Deutsche Meister, Europameister und zweimalige Weltmeister, der beim FMC Grundig Langenzenn trainiert, wurde damit seiner Favoritenrolle gerecht.

Einig waren sich die deutschen Teilnehmer über die perfekte Organisation der World Air Games. „Das Motto ,just fly‘ war hier Programm“, sagte Marcus Ciesielski. „Man hat die Maschinen von Mechanikern in Topzustand übernommen, musste nur das Bordbuch abzeichnen und konnte losfliegen. Anschließend kümmerten sich die Techniker sofort wieder um die Flugzeuge.“ Dubai sei aber auch ein Kulturschock gewesen. „Auf der einen Seite diese virtuelle Stadt, das Modernste vom Modernsten. Mittendrin die einfachen Arbeiter auf den vielen Baustellen. Und dann, eine halbe Stunde mit dem Bus in die Wüste, das Arabien wie aus dem Märchenbuch mit Kamelen und Oasen – einfach unbeschreiblich.“

aerokurier Ausgabe 02/2016

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