Welches das beste Kampfflugzeug des Zweiten Weltkriegs war, ist umstritten. Eine eindeutige Antwort auf diese Frage gibt es nicht, denn es hängt davon ab, welche Faktoren man in die Bewertung einbezieht. Unabhängig davon, wer der Sieger ist, gibt es einen Flugzeugtyp, der den meisten Menschen wohl sofort in den Sinn kommt: die Supermarine Spitfire mit ihren elliptischen Flügeln. Welche Version des Klassikers gilt als die beste?
Unter Piloten scheint Einigkeit darüber zu herrschen, dass die Mk IX zumindest in Sachen Handhabung die Nase vorn hat, während die Mk XIV ihr technisch überlegen ist. Aber wann immer James "Johnnie" Johnson, der mit 38 Luftsiegen erfolgreichste britische Kampfpilot des Zweiten Weltkriegs, gefragt wurde, fiel seine Wahl auf die "Neun". Kein Wunder: Mit einer Mk IX erzielte er die meisten Abschüsse. Als die Mk IX im Jahr 1943 in Dienst gestellt wurde, hatte die RAF endlich eine Waffe, die es mit der deutschen Focke-Wulf Fw 190 A aufnehmen konnte.
Es ist eine solche Mk IX, die auf dem Vorfeld in Notodden steht, eineinhalb Autostunden südwestlich von Oslo. Diese "Spit" ist ein Zweisitzer, und ich werde sie zusammen mit meinem ehemaligen SAS-Pilotenkollegen Rolf Meum fliegen, einem der erfahrensten Warbirdpiloten Europas.
Während der Vorflugkontrolle diskutieren wir die Historie dieses besonderen Flugzeugs. Die EN570 mit der heutigen Registrierung LN-AOA gehört Norwegian Flying Aces und steht in Verbindung zu einem der berühmtesten norwegischen Piloten des Zweiten Weltkriegs, Rolf T. Tradin. Er war einer der Piloten, die sie bei der 611 Squadron in Biggin Hill flogen.
Der Jäger ist in den Farben und mit den Kennzeichen lackiert, die er während seiner Zeit bei der 611 Squadron trug. Die Karriere der EN570 war von kurzer Dauer: Im Juni 1943, zwei Monate nach ihrer Auslieferung, wurden Flugzeug und Pilot, Flight Officer Lindsay, über Nordfrankreich von deutschen Jägern abgeschossen.
Vom Wrack zum Warbird
Als Airframe Assemblies Ltd. auf der Isle of Wight mit dem Wiederaufbau des Rumpfs der EN570 beauftragt wurde, gab es unter den Trümmern, die an der Absturzstelle in der Nähe von Lucheux geborgen worden waren, nicht mehr viel brauchbares Material. Es handelt sich also um eine praktisch komplett neue Zelle, in die jedoch einige der originalen Teile integriert wurden, damit die EN570 als Flugzeug mit Kriegsgeschichte anerkannt wird.
Neun Jahre und 24.000 Arbeitsstunden nahm die Restaurierung in Anspruch. Airframe Assemblies baute die Metallstruktur nach und verwandelte den ehemaligen Jäger in einen Zweisitzer. Bei The Spitfire Factory in Biggin Hill erhielt das Flugzeug neue Tragflächen, und es wurden alle Systeme eingebaut. Anfang 2024, 81 Jahre nach dem Abschuss, war die Spitfire wieder flugtauglich.
Vom Jäger zum Doppelsitzer
Bei der Umrüstung auf einen Zweisitzer wurde der vordere Sitz um etwa 30 Zentimeter nach vorne versetzt, weshalb der Kraftstofftank vor dem Piloten verkleinert werden musste. Die Flügelbewaffnung wurde durch Attrappen ersetzt. Der Waffenraum wird nun von Kraftstofftanks eingenommen, von denen sich zwei in jedem Flügel befinden. 427 Liter stehen bereit, um den Durst des Merlins zu stillen.
Während des Kriegs fand in England keine Serienproduktion von zweisitzigen Spitfires statt, obwohl entsprechende Pläne auf dem Tisch lagen. Kampfflugzeuge hatten eben Vorrang vor Trainingsflugzeugen. Eine Ausnahme ist jedoch dokumentiert: Das Supermarine-Werk baute eine Mk V um, die als "Geschwaderspringer" im Nahen Osten diente. Russland baute einige der von Großbritannien geleasten Spitfires zu zweisitzigen Trainern um.
1946 war Supermarine bereit, einen Spitfire-Trainer anzubieten, doch gab es nach dem Krieg kaum noch Interesse, nachdem Propellerflugzeuge von Düsenjets abgelöst wurden. In den 1950er und 1960er Jahren erhielt die irische Luftwaffe noch sechs zweisitzige Spitfires. Sie waren von Vickers-Armstrong am Flugplatz Eastleigh bei Southampton aus Einsitzern umgebaut worden.
Die Kabinenhauben der ehemaligen Flugzeuge des Irish Air Corps bieten zwar eine gute Sicht nach vorne (man sitzt im hinteren Teil fast einen Kopf höher als der Pilot auf dem vorderen Sitz), sind der Optik des Flugzeugs aber nicht gerade zuträglich. Die EN570 hingegen verfügt über die deutlich niedrigere und elegantere Grace-Haube, entworfen von Spitfire-Restaurator Nick Grace. Die vordere Haube der EN570 ist sogar ein NOS-Teil (new old stock / neu aus alten Beständen).
Sicherheitseinweisung und Einstieg
Nach Rolfs ausführlicher Sicherheitseinweisung wird es Zeit, mich anzuschnallen. Die beiden Hauben lassen sich separat nach hinten schieben, und beide Cockpits haben auf der linken Seite eine kleine Klappe, die den Einstieg erleichtert. Beim Blick ins Cockpit wird klar, warum keine losen Gegenstände an Bord erlaubt sind: Es gibt keinen Kabinenboden!
Ein heruntergefallenes Mobiltelefon oder eine Kamera würden mit hoher Wahrscheinlichkeit die Steuerseile und Schubstangen tief im Rumpf blockieren. Es ist unmöglich, während des Fluges etwas von dort zu bergen. Für Selfies ist trotzdem gesorgt; zwei Kameras zeichnen den Flug auf, und die Speicherkarten sind im Preis inbegriffen.
Der Rücksitz ist eng, verfügt aber über eine nahezu vollständige Steuerung. Es gibt eine Reihe von Instrumenten, einen Steuerknüppel und Pedale sowie einen Leistungshebel. Allerdings fehlen Bremsen und Klappensteuerung. Der Platz in zweiter Reihe ist an die Missionen des Flugzeugs angepasst, nämlich Passagierflüge, weshalb einige Instrumente und Steuerungen als unnötig erachtet wurden. Unter der Plexiglaskuppel, die kaum Platz für den Helm lässt, sitze ich angeschnallt und startklar mit einem Mix aus Anspannung und Vorfreude.
Rolf erklärt mir in verkürzter Form die Vorgehensweise beim Starten des Motors, die Checkliste ist natürlich ausführlicher. Starterknopf und Benzinpumpe betätigen, Magnetschalter auf "Both ON", und schon nimmt der Merlin seine Arbeit auf. In diesem Moment bricht eine Flut von Eindrücken über mich herein. In einer blauen Rauchwolke erwacht das Flugzeug zum Leben. Es vibriert, es ist laut, der Geruch von Öl und Benzin schwängert die Luft. Es ist ein Genuss für alle Sinne, wenn sich der V12 im Leerlauf warmbollert!
Amerikanisches Herz
Je nach Version und Einsatzzweck war die Mk IX mit einem Rolls-Royce Merlin 61, 63, 66 (die mit über 4000 Exemplaren häufigste Variante) oder 70 ausgestattet. Die EN570 hingegen ist mit einem in den USA in Lizenz gebauten Packard Merlin ausgestattet, einem Verwandten des ursprünglich verbauten Merlin 66. Die EN570 war eine LF Mk IX und für den Einsatz in niedrigen Höhen optimiert. Grund für den Austausch: Die amerikanische Version gilt als zuverlässiger und weniger anfällig für Öllecks.
Viele der heute fliegenden Spitfire Mk IX wurden mit Packard Merlins nachgerüstet, die in der P-51 Mustang und der Spitfire Mk XVI Standard waren. Die in der EN570 verbaute Version schöpft aus den Tiefen von 27 Litern Hubraum 1670 PS beim Start und liefert 1710 PS als Kriegsnotleistung. In dem Mustang wurde der Antrieb als V-1650-3 oder -7 bezeichnet, wobei der Teil 1650 dem Kubikzoll-Äquivalent von 27 Litern entspricht. Im ökonomischen Reiseflug verbraucht die Spitfire 40 Imperial Galons pro Stunde, also rund 180 Liter.

Das ist selten: eine Spitfire, die Platz für zwei bietet. Der Umbau der EN570 kostete ein Vermögen an Geld und Zeit.
In Boscombe Down, Großbritanniens bedeutendster Flugtestanlage, wurde anno 1943 für die mit dem Merlin 66 ausgestattete Spitfire Mk IX bei 3000 Umdrehungen pro Minute und maximal zulässigem Ladedruck in niedriger Höhe ein Kraftstoffverbrauch von 197 Imperial Galons pro Stunde gemessen.
Beim Rollen ist die Sicht nach vorne extrem eingeschränkt. Man muss schon in Schlangenlinien rollen, um zu sehen, was vor einem geschieht, oder den Kopf seitlich aus der geöffneten Haube herausstrecken. Dazu betätigt man das Ruderpedal in die gewünschte Richtung und zieht den Bremshebel am Steuerknüppel, um Druckluft an die jeweilige Radbremse zu leiten. Das Spornrad ist nicht lenkbar und kann auch für Start und Landung nicht blockiert werden.
Nach einer Sitzung im Simulator bei Spitfires.com in Chichester vor einigen Jahren verstehe ich, womit Rolf vorne beim Startlauf zu kämpfen hat. Er muss die Rudertrimmung ordentlich nach rechts stellen, zunehmend rechtes Seitenruder geben, während er langsam Gas gibt bis zu einem Ladedruck von +6 pounds und die Drehzahl unter 3000 Umdrehungen pro Minute hält.
Herausforderung am Boden
Der Ladedruck, also "boost", wird auf alte britische Art in Pound gemessen. Der Steuerknüppel bleibt bis zum Erreichen von 50 Meilen pro Stunde ganz hinten rechts. Dann hebt Rolf das Heck vorsichtig an, muss dabei auf die Propellerspitzen achten, die jetzt nur noch 28 Zentimeter Abstand zum Boden haben. Die Spit beschleunigt weiter, bis sie bei 85 bis 90 Meilen am Stau den Erdboden verlässt. Während des Startvorgangs wird die Kommunikation unterbrochen. Vibrationen und das Dröhnen des Motors übertönen alle Geräusche an Bord.
Die Steuerungen fürs Chassis, ein schöner, altertümlicher Begriff für Fahrwerk, befinden sich auf der rechten Seite. Jetzt ist es an der Zeit, den Knüppel mit der linken Hand zu greifen und das Fahrwerk einzufahren. Der Pilot drückt den Hebel vollständig nach unten, bevor er ihn in die Position "UP" bringt. Es folgt ein Blick auf die Anzeige, ob das Fahrwerk nach etwa fünf Sekunden eingefahren und das Hydrauliksystem in die Position "Idle" zurückgekehrt ist. Jetzt wird der Schub auf +4 poundsboost reduziert und die Drehzahl für den Steigflug mit 160 Meilen pro Stunde auf 2400 Umdrehungen pro Minute gesetzt.

„Alles steht kopf“: Der Titel des Films bekommt für Stefan Löfgren in der Spitfire eine ganz neue Bedeutung.
Rolf übergibt mir die Steuerung. Voller Vorfreude greife ich nach dem typisch britischen Spade-Griff und mache mich daran, zu erkunden, wie ein echter Vollblüter auf die Zügel reagiert. Die Antwort lautet: sensibel und gehorsam, insbesondere im Höhenruder.
Minimale Bewegungen des Knüppels führen zu einer sofortigen Reaktion der Spitfire. Ich levele in 3500 Fuß aus, wärme mich mit einigen Kurven auf und nehme für die folgenden Kunstflugfiguren mehr Fahrt auf. Da die EN570 keine Sauerstoffausrüstung an Bord hat, ist ihr Einsatzbereich auf 10.000 Fuß begrenzt. Wir bleiben ohnehin deutlich unter dieser Höhe. Technisch ginge mehr, denn der Packard Merlin ist mit einem zweistufigen, zweigängigen Kompressor ausgestattet, also zwei in Reihe geschalteten Zentrifugalkompressoren.
Oberhalb von 14.000 Fuß schaltet der Antrieb automatisch vom niedrigen in den hohen Gang. Das Ergebnis wirkt wie eine Super-Vitaminspritze für den Motor, wenn der Kompressor in den hohen Gang schaltet und somit mehr Luft und Kraftstoff in die Zylinder drückt.
Die Spitfire im Grenzbereich
Mit jedem Manöver wird mein Lächeln breiter. Absolute Harmonie in jeder Hinsicht! Rollen werden mit einer Eingangsgeschwindigkeit von 220 bis 240 Meilen pro Stundegeflogen, Loopings mit 280 oder mehr. Manöver nach links fühlen sich leichter an, da sie durch das Drehmoment des Motors unterstützt werden. Der Knüppel ist etwa auf halber Höhe des Spade-Griffs gelenkig gelagert – eine clevere Lösung, um mehr Bewegungsfreiheit rund um den Steuerknüppel im engen Cockpit zu ermöglichen.
Dadurch hat man bei Rollbewegungen zwar nicht so viel Hebelkraft, aber die Spitfire reagiert ohnehin sehr gut. In der Nähe und am Strömungsabriss verhält sich die Spit recht unspektakulär. Der Pilot lässt den Motor knapp über Leerlaufdrehzahl laufen und hebt mit abnehmender Geschwindigkeit die Nase an. Bei ausgefahrenen Klappen erfolgt ein leichtes Buffeting des Höhenruders, bis die Spit bei 75 Meilen am Stau sanft protestiert. Bei 70 Meilen pro Stunde geht sie ins Trudeln, wobei die Nase abfällt und die Flügel nach rechts absinken. Das Recovern erfolgt nach dem Standardverfahren. Bevor wir zurück nach Notodden fliegen, beende ich meinen Flug mit ein paar Wingovers über der wunderschönen Berglandschaft von Telemark.
Landeanflug und Touchdown
Über die lange Cowling hinweg sieht man wie bei den meisten Warbirds nicht viel von der Piste. Die empfohlene Methode ist, den Gegenanflug in 1000 Fuß parallel zur Landebahn zu fliegen, die an der Flügelspitze zu sehen sein sollte. Die Geschwindigkeit wird unter die Marke von 150 Meilen pro Stunde gebracht. Im Queranflug wird das Fahrwerk ausgefahren und die Geschwindigkeit auf 110 Meilen pro Stunde reduziert. In der Kurve zum Endanflug kommen die Klappen raus.
Mit ausgefahrenem Fahrwerk und Klappen braucht die Spit einen deutlichen Impuls in der Trimmung nach vorn. Die Geschwindigkeit sollte 95 Meilen betragen, wenn sich das Flugzeug in etwa 200 Fuß Höhe der Piste nähert. Die Landung beginnt bei 85 Meilen pro Stunde, steht die Fahrtmessernadel bei 70, setzt sie auf. Nun gilt es, wachsam zu bleiben. Die geringste Tendenz, von der Mittellinie abzuweichen, muss der Pilot umgehend ausgleichen. Auch für die Spitfire gilt: Spornradlandungen sind erst abgeschlossen, wenn das Flugzeug im Hangar steht.
Ein teures Vergnügen
Die Kosten für den Erhalt eines seltenen und komplexen Oldtimers sind kaum vorstellbar. Um den Betrieb zu ermöglichen, müssen die Passagiere eine angemessene Gebühr zahlen. Allein die Versicherung für die EN570 kostet umgerechnet rund 85.000 Euro pro Jahr. Rolf schätzt die Betriebskosten für diese Spitfire auf 5100 Euro pro Stunde, basierend auf 100 Flugstunden pro Jahr. Ein Packard Merlin muss alle 500 Stunden komplett überholt werden – für 170.000 Euro.
Nennen wir das Kind also beim Namen: Knapp 3000 Euro kostet das 30-minütige Erlebnis mit 20 Minuten in der Luft. Denken Sie daran: Man lebt nur einmal, und das letzte Hemd hat keine Taschen. In Notodden wartet die Spitfire der Norwegian Flying Aces auf Sie!