Dauerflüge sind heute allenfalls für junge Segelflugpiloten ein Thema. Fünf Stunden müssen es für die Silber-C sein. Motorfliegern geht es eher darum, von A nach B zu kommen. Zwei, vier oder sechs Stunden – egal, Hauptsache irgendwohin, wo es schön ist. Aber einfach nur so lange wie möglich in der Luft zu bleiben, darauf legten es vor allem die Pioniere der Fliegerei Anfang des 20. Jahrhunderts an und meldeten nahezu wöchentlich Bestmarken. Aber auch bis in die späten 50er Jahre spielte immer mal wieder ein Pilot mit dem Gedanken, einen neuen Rekord aufzustellen. Mit ihrem fast 65 Tage dauernden Flug setzten Bob Timm und John Cook dem inoffiziellen Wettstreit ein vorläufiges Ende. Bis heute hat ihr Rekord Bestand. Dabei waren sie eher zufällig auf die Idee gekommen.

"Hacienda"-Kasino-Hotels in Las Vegas
Am Anfang stand der Wunsch von Warren "Doc" Bailey, den Ruf seines "Hacienda"-Kasino-Hotels in Las Vegas aufzubessern. Spielautomaten-Mechaniker Timm schlug ihm vor, einen Dauerflugrekord zu sponsern. Der Plan war denkbar einfach: "Every Pilot’s Darling", eine gebrandete Cessna 172, sollte den Rekord brechen und dadurch amerikaweit Aufmerksamkeit erregen. Bailey ließ sich überzeugen und steuerte 100 000 Dollar bei. Um auch den rechtschaffenen, religiösen Durchschnittsamerikaner anzusprechen, der mit Kasinos gemeinhin wenig anzufangen weiß, gab Bailey bekannt, dass mit der Aktion Spenden für die Damon Runyon Cancer Research Foundation gesammelt werden sollten. Jeder, der sich mit einem kleinen Betrag beteiligte, durfte schätzen, wie lang der Flug wohl dauern würde, und wer der tatsächlichen Flugdauer am nächsten kam, sollte 10 000 Dollar gewinnen.
Modifizierung der N9217B
Unterstützung erhielt Timm von Irv Kuenzi, einem Flugzeugmechaniker von Alamo Aviation, der die für das Vorhaben ausgewählte Cessna schon kannte. Die Modifizierung der N9217B dauerte fast ein Jahr. Dabei wurden ein 95 Gallonen fassender Belly-Tank samt elektrischer Kraftstoffpumpe und eine faltbare Seitentür eingebaut sowie der Innenraum für das Vorhaben passend ausgestaltet. Die wohl anspruchsvollste Aufgabe, die Kuenzi zu meistern hatte, war die Entwicklung eines Systems, das es erlaubte, das Öl bei laufendem Motor zu wechseln. Die Testflüge waren geprägt von technischen Defekten und Streitigkeiten im Cockpit. Daher überarbeitete Kuenzi das Motorkonzept, während Timm sich nach einem anderen Copiloten umsah und in John Wayne Cook fündig wurde. Der junge Pilot mit dem sonnigen Gemüt stimmte zu.

McCarran International Airport in Las Vegas
Am 4. Dezember 1958 begann das Abenteuer. Ausgangspunkt war der McCarran International Airport in Las Vegas. Der aktuelle Rekord betrug etwas über 50 Tage, aufgestellt von Jim Heth and Bill Burkhart nur gut zweieinhalb Monate zuvor, ebenfalls mit einer 172er. Die US-amerikanische Luftfahrtbehörde hatte der Cessna eine Ausnahmebewilligung erteilt, sodass die höchstzulässige Abflugmasse um bis zu 180 Kilogramm überschritten werden durfte. Um Betrügereien zu verhindern, fuhren die Behörden nach dem Start der Cessna um 15:52 Uhr Local Time in einem Cabrio die Bahn entlang und zeichneten weiße Striche auf deren Reifen.

Rendezvous mit der Bodenmannschaft
Wenn die Cessna Treibstoff benötigte, vereinbarte die Crew über Funk ein Rendezvous mit der Bodenmannschaft. Das Treffen fand jeweils auf einem langen, geraden Straßenabschnitt statt. Um an den Benzinschlauch zu gelangen, betätigte der Copilot eine elektrische Winde, an deren Haken der Tankwart den Schlauch befestigte. Die Prozedur samt Füllung der Flächen- und des Belly-Tanks dauerte gerade einmal drei Minuten. Die Cessna fasste 142 US-Gallonen und musste demnach zwei Mal täglich betankt werden. Insgesamt hieß das: 128-mal Haken runter, Schlauch hoch. Zunächst blieben Timm und Cook in der Nähe ihrer Homebase, um technische Defekte schnell beheben zu können, flogen jedoch später in südliche Richtung, um in ein tieferes Gelände zu kommen.

Vierstundenrhythmus
Die erste Zeit verlief ohne ernste Zwischenfälle. Die Crew folgte einem Vierstundenrhythmus: Einer der beiden flog, der andere vertrieb sich die Zeit mit dem Lesen von Comics, Übungen, um sich fit zu halten, oder damit, nach vorheriger Schätzung die vorbeiziehenden Autos zu zählen. Unterbrochen wurde die Langeweile durch die Übernahme von Treibstoff und Lebensmitteln sowie die Instandhaltung des Motors. Allerdings: Je länger die beiden in der Luft waren, umso mehr schienen die kurzen Schlafphasen und der konstante Motorenlärm das Urteilsvermögen der Piloten zu beeinträchtigen, wie ein Tagebucheintrag von Cook vermuten lässt: "Als wir überladen in ansteigendem Gelände versuchten, eine Umkehrkurve zu fliegen, und die Maschine dabei fast überzogen, wurden wir uns bewusst, dass so eine Situation bei Nacht nicht gut ausgehen würde. Daher beschlossen wir, nachts künftig in der Nähe eines Flugplatzes zu bleiben."
Schlafmangel machte sich bemerkbar
Doch der Schlafmangel und die Schwierigkeit, bei Tageslicht einzuschlafen, machte sich bemerkbar. Der Tagebucheintrag vom 9. Januar verrät, dass das Flugzeug, das zu diesem Zeitpunkt bereits 36 Tage in der Luft gewesen war, für mehr als eine Stunde selbstständig flog, weil beide Piloten eingedöst waren. Timm war um 2:55 Uhr über dem Bythe-Flughafen eingenickt und nur wenige Minuten vor dem Schichtwechsel um 4 Uhr völlig orientierungslos wieder aufgewacht. Der Mitchell-Wing-Leveler hatte ihnen das Leben gerettet.

Worst-Case-Szenario
Der Generator ging am 39. Flugtag kaputt. Ein Windkraft-Generator wurde an der Strebe angebracht, allerdings erzeugte dieser nicht genug Strom, weshalb der Treibstoff von nun an manuell aus dem Belly-Tank in die Flächentanks gepumpt werden musste. Eines Nachts trat das Worst-Case-Szenario ein: Der Treibstoffvorrat neigte sich dem Ende zu. Es war stockdunkel, als der Ground Support eintraf. Cook klebte eine Taschenlampe an den Haken, während Timm versuchte, die Flughöhe in wenigen Metern über Grund möglichst konstant zu halten. Glücklicherweise hatte die Bodenmannschaft solch einen Fall bereits einkalkuliert und einen gut beleuchteten Pathfinder-Truck vorneweg geschickt, um der Cessna den Weg zu weisen.
Lange Zeit in der Luft forderte ihren Tribut
Am 23. Januar brachen Timm und Cook die bestehende Bestmarke, doch sie entschieden sich, so lange wie möglich weiterzufliegen, um ihren Rekord zu sichern. Doch die lange Zeit in der Luft forderte ihren Tribut. "Alles ist kaputt: der Generator, der Fahrtmesser, der Autopilot, die Kabinenheizung, der Landescheinwerfer, die Tankanzeige des Belly-Tanks, die elektrische Kraftstoffpumpe und die Winde", notierte Cook. Außerdem waren die Zündkerzen und die Brennkammern so verrußt, dass der Motor kaum noch genügend Leistung brachte, um mit vollem Belly-Tank zu steigen.

64 Tage, 22 Stunden und 19 Minuten
Am Samstag, dem 7. Februar 1959, kehrte die N9217B zum McCarran International zurück – 64 Tage, 22 Stunden und 19 Minuten nach dem Start berührten ihre Räder den Boden. Die beiden Piloten waren so erschöpft, dass man ihnen aus dem Flugzeug helfen musste. Doch den Humor hatte Cook nicht verloren: "So viel Aufhebens um nur einen einzigen Flug", scherzte er. Mit diesem epischen Flug demonstrierten die Piloten neben ihrem Durchhaltewillen, dass auch kleine Flugzeuge durchaus zuverlässig sind.

Im Terminal des McCarran International
Timm arbeitete weiterhin für das "Hacienda", während Cook seine fliegerische Karriere voranbrachte. Die N9217B wurde zunächst im "Hacienda"-Resort ausgestellt, bevor sie den Besitzer wechselte und nach Kanada überführt wurde. Erst nach dem Tod seines Vaters brachte Timms Sohn Steve die Cessna zurück nach Las Vegas, wo sie vom McCarran Aviation Heritage Museum restauriert wurde. Heute hängt sie im Terminal des McCarran International an der Decke und erinnert an diesen Weltrekord. Wer dort landet, sollte unbedingt einen Blick nach oben werfen und sich überlegen, ob er selbst es gute zwei Monate in der Cessna ausgehalten hätte.