2020 erlebte Europa den ersten Corona-Frühling, die Krankheit war neu, Tests und Impfungen gab es nicht. Ein Jahr später liefen die Planungen für die große Luftfahrtschau am Bodensee auf Hochtouren, bis die erneut massiv steigenden Inzidenzen die Absage erzwangen (der aerokurier berichtete ausführlich). Und 2022? "Wir haben aktuell Anmeldungen von mehr als 500 Ausstellern, was eine super Beteiligung ist", erklärte Roland Bosch, Bereichsleiter AERO bei der Messe Friedrichshafen. Allerdings lasse sich der Konflikt in der Ukraine nicht völlig ausblenden. So sei die Messe von der Stadt Friedrichshafen angefragt worden, ob Räumlichkeiten für die Unterbringung von Flüchtlingen zur verfügung stünden, sofern sie benötigt würden. "Wir haben da natürlich zugesagt, auch wenn völlig unklar ist, ob dieser Fall zum Zeitpunkt der Messe Ende April tatsächlich eintritt."
Segelflughersteller sagen ab
Während die AERO Branchengrößen wie beispielsweise Textron wieder an Bord holen konnte, werden mehrere Segelflug-Hersteller in Friedrichshafen nicht dabei sein. "Wir haben schon die ganze Zeit mit der Messe gehadert, weil Ende April aus Segelflieger-Sicht schon mitten in der Saison ist", erklärt Tilo Holighaus, Geschäftsführer von Schempp-Hirth. "Aus Gesprächen mit Kunden wissen wir, dass viele den Termin für zu spät halten, und so müssen wir davon ausgehen, dass wenig Segeflug-Publikum nach Friedrichshafen kommt." Als zweiten Grund führt Holighaus an, dass die Messe über eine Verlegung des Standes aus der großen Halle A1 in die Halle B4 informiert habe – womöglich, um die A1 für potenzielle Flüchtlinge in Reserve zu halten. "Dies und die Tatsache, dass aktuell in Europa ein Krieg mit unermesslich viel Leid herrscht, war für uns am Ende der ausschlaggebende Punkt, die Teilnahme abzusagen."
Holger Back von DG Aviation aus Bruchsal argumentiert ähnlich. Auch er hält den Termin für zu spät, um die Segelflug-Klientel zu erreichen. Außerdem habe die DG-Geschäftsführung kein gutes Gefühl dabei, auf der Messe die Freude am Segelflug zu transportieren, während in Europa Krieg herrscht und vielleicht sogar nebenan Flüchtlinge untergebracht sind. Alexander Schleicher Segelflugzeugbau aus Poppenhausen in der Rhön komplettiert die Absagen, laut CEO Ulrich Kremer sei die Absage kurzfristig erfolgt. Damit fehlen die drei wichtigsten Hersteller für Segelflugzeuge in Friedrichshafen.
Eine weitere Absage kommt von Allstar PZL Glider. Das polnische Unternehmen mit Stammsitz in der traditionsreichen Segelflug-Stadt Bielsko-Biała war 2019 noch mit einem größeren Stand und mehreren Flugzeugen vertreten. Zum einen ließen betriebsinterne Gründe eine adäquate Messeteilnahme nicht zu, zum anderen befürchte man aufgrund des späten Termins zu wenige Besucher aus der Segelflugszene, erklärte Managing Director Bernd Hager.
Eine Messe so wichtig wie nie
Die Messe Friedrichshafen hingegen sieht die AERO 2022 als klares Statement gegen die bedrückende Lage angesichts Corona-Pandemie und Ukrainekrieg. Im Kurzinterview erklären die Projektleiter Roland Bosch und Tobias Bretzel, warum es sich in diesem Jahr ganz besonders lohnt, Ende April an den Bodensee zu kommen.