Böhlen, Speck-Fehraltorf (Schweiz), Norderney, Worms, Erbach, Hockenheim: Die Liste der Flugplätze, auf denen durch Brände Flugzeuge, Flugbetriebsfahrzeuge sowie Immobilen und sonstiges Inventar vernichtet wurden, ist länger als man denkt. Am vergangenen Wochenende erwischte es die Anlage des LSV Cloppenburg am Flugplatz Varrelbusch, der einige Kilometer nördlich der niedersächsischen Kreisstadt liegt.
Inzwischen ist klar: Tower, Gaststätte und ein Hangar sind ein Raub der Flammen geworden, zwei Motorflugzeuge, ein TMG und ein Segler verbrannt. Der Verein steht kurz vor Weihnachten vor dem Nichts, wenngleich auf der Website des Clubs eine in die Zukunft gerichtete Botschaft den Weg weist: "Der materielle Schaden für den Luftsportverein ist immens, doch wir blicken nach vorne. Unser Ziel ist es, die Infrastruktur für den Flugbetrieb und insbesondere für unsere aktive Jugend so schnell wie möglich wiederherzustellen."
Zur Ursache des Feuers gibt es so kurz nach dem Unglück freilich noch keinerlei belastbare Angaben, die Ermittlungen laufen. Der Platz kann derzeit nur mit PPR angeflogen werden. Eine Frage allerdings bleibt: Warum brennt es mit einiger Regelmäßigkeit auf kleinen Flugplätzen? Und ließen sich diese Unglücke verhindern oder zumindest ihre Folgen eindämmen? Die Unangenehme Antwort lautet: wahrscheinlich.
Ein Experte sieht Handlungsbedarf
Bereits vor einiger Zeit hat sich ein Segelflieger, der als diplomierter Architekt in einer Behörde arbeitet und langjährige Erfahrungen im Bereich baulicher Brandschutz hat, an den aerokurier gewandt und darauf hingewiesen, dass er an vielen Flugplätzen diesbezüglich akuten Handlungsbedarf sieht. Ein Artikel zu diesem heiklen Thema war schon länger angedacht, kam aber aus Kapazitätsgründen bislang noch nicht zustande. Im Zuge des Vorfalls in Cloppenburg ist der Kontakt wieder intensiviert worden.
Flugvereine sind für mich nach vielen Jahren der Erfahrung regelmäßig mit erheblichen Defiziten im Brandschutz bestens vertreten.
Die These des Mannes, der aufgrund bereits mehrfach erlebter Anfeindungen infolge seiner Statements anonym bleiben möchte, ist provokant: "Flugvereine sind für mich nach vielen Jahren der Erfahrung regelmäßig mit erheblichen Defiziten im Brandschutz bestens vertreten." Der Architekt erklärt, dass er es in mehreren Vereinen erlebt habe, wie Vorstände Hinweise auf bauliche Mängel beiseite gewischt hätten und er dazu gedrängt worden sei, nicht tolerierbare Zustände mitzutragen. Die von ihm gemachten Vorschläge zur Abhilfe hingegen seien nicht umgesetzt worden. "Das war für mich undenkbar, denn als Architekt handelt man in solch einem Fall grob fahrlässig, man kann und darf sich nicht dumm stellen." Und noch etwas stößt dem Mann sauer auf: Auch Meldungen nach oben, in Richtung Landesluftfahrtverband oder Bundesausschuss Flugsicherheit, versickerten ohne erkennbare Resonanz.
Hohe Brandlast auf Flugplätzen
Einerseits sieht der Experte viele Baustellen auf Flugplätzen zwischen Alpen und Küste. Die haben vor allem damit zu tun, dass die Bausubstanz oft alt sei und demzufolge nicht mit modernen Brandschutzkonzepten vereinbar sei. Dazu komme die Instandhaltung von Gebäuden, Elektik und Geräten in Eigenleistung durch Vereinsmitglieder, die nicht immer fachgerecht erfolge.
"Da ist Risikoanalyse vor Ort angesagt, gerade bei alten Hallen, alter Elektrik und komplett fehlenden baulichen Brandschutz", so der Experte. "Was ist es wert gegebenenfalls alle Flugzeuge zu verlieren? Kann da was ausgelagert werden? Muss der alte Lepo mit defektem Zündschloss kurz vor Kurzschluss auch noch vollgetankt in die mit Flugzeugen vollgeschachtelte Halle? Dann wird noch die Brandschutztür zur Werkstatt offengehalten und ein Flügel durchgesteckt und abgelegt weil man den einen Flieger sonst abrüsten müsste – und die wird im Fall des Falles zur Zündschnur, über die sich ein Feuer ausbreitet. Genau sowas habe ich erlebt." Und spätestens bei Übernachtungsmöglichkeiten für Vereinsmitglieder oder Gäste, wie es sie an vielen Plätzen gibt, hängen vom Brandschutz mitunter Menschenleben ab.
Aber auch die Eigenheiten des Flugbetriebs selbst seien aufgrund der damit einergehenden Brandlasten eine Herausforderung. Auf Flugplätzen hat man es nicht nur mit Kraftstoffen wie Benzin und Diesel zu tun, sondern vor allem in den Werkstätten auch mit Farben und Lacken, Ölen und Epoxidharzen. Dazu kommen brennbare Feststoffe wie Holz, Kunststoffe etc. und nicht zuletzt die zahlreichen Akkus, die oft unter weitgehend unkontrollierten Bedingungen geladen werden, um die Avionik von Segelflugzeugen während des Tages mit Strom zu versorgen.

Die korrekte Lagerung von Gefahrstoffen ist essenziell für den Brandschutz.
Andererseits ließen sich viele der potenziellen Gefahren ohne hohe Investitionen zumindest deutlich reduzieren. Das beginne bei einer korrekten Lagerung von Gefahrstoffen, möglicherweise einem separaten Raum zum Laden der Akkus und regelmäßigen Überprüfungen von genutzten Elektrogeräten. Oft seien nämlich banale Gerätschaften wie Lampen, Elektroheizer oder Wasserkocher die Ursache von Bränden. "Wenn sich ein Entstehungsbrand dann wegen unzureichenden baulichen Brandschutzes wie beispielsweise fehlender Feuerschutztüren unkontrolliert ausbreiten kann, passiert das große Unglück. Das gute ist: Hier kann die Situation im Bestand oft mit überschaubaren Mitteln verbessert werden."
Bezüglich des baulichen Brandschutzes wird zwar oft auf Bestandsschutz älterer Gebäude verwiesen. Dabei falle aber oft unter den Tisch, dass Umbauten oder Umnutzungen von ganzen Gebäuden oder einzelnen Räumlichkeiten sowie Sanierungsarbeiten mitunter auch Anpassungen des Brandschutzes erfordern. Insbesondere die zunehmende Nutzung von Hallendächern für Photovoltaikanlagen sollte Anlass geben, sich mit der Thematik intensiver zu befassen, vor allem dann, wenn auch noch ein Speicher zur Pufferung von Energie für möglichst hohen Eigenverbrauch installiert wird.

Die Installation einer PV-Anlage kann eine Neubewertung des Brandschutzkonzeptes erfordern.
Feuerwehrmann bestätigt die Kritik
Die Aussagen des Architekten bestätigt Arno Georg Stöhr. Stöhr ist von Beruf Feuerwehrmann und befasst sich seit vielen Jahren mit abwehrendem und vorbeugendem Branschutz. Und er ist ebenfalls Pilot, kennt also die Situation auf Flugplätzen. Mit seiner Einschätzung hält er nicht hinterm Berg. "Der Mann hat vollkommen Recht, wenn er den Status quo des Brandschutzes an vielen Sonderlandeplätzen, auf Segelflug- und Ultraleichtflugplätzen als bisweilen völlig unzureichend anprangert. Auch ich habe so viele Dinge erlebt, bei denen ich nur den Kopf schütteln konnte. LiFePo-Akkus, die in einem Billy-Regal geladen werden, das an einer Holzwand steht, sowas ist der Klassiker. Aber auch der Umgang mit Gefahrstoffen, abenteuerliche Elektroinstallationen und bauliche Probleme alter und sogar neuerer Flugzeughallen finden sich landauf, landab."
Aus Stöhrs Sicht ist die Unkenntnis, die bei vielen Vorständen bezüglich geltender Vorschriften herrscht, eins der Grundprobleme in der Causa. "Wer sich auf den Bestandsschutz von Gebäuden beruft, ignoriert damit, dass in den meisten Bauordnungen nicht nur steht, dass Gebäude so anzuordnen und zu errichten sind, das Entstehung und Ausbreitung eines Brandes vorgebeugt wird und die Rettung von Menschen und Tieren sowie wirksame Löscharbeiten möglich sind. Da steht auch, dass es entsprechender Instandhaltungsarbeiten bedarf, um diese Eigenschaften aufrecht zu erhalten."
Und dass wirksame Löscharbeiten möglich sind, sei laut Stöhr mitunter auch keine Selbstverständlichkeit. "Bei einem Brand auf einem Flugplatz vor einigen Jahren, bei dem ein Bekannter von mir als Einsatzleiter agierte, gab es vor Ort schlicht nicht die gesetzlich geforderte Menge Löschwasser. Und um zu verstehen, dass eine bis auf die letzte Ecke vollgeschachtelte Flugzeughalle es den Einsatzkräften enorm erschwert, zu einem Brandherd vorzudringen, dafür muss man nun wirklich kein Feuerwehrmann sein."
Am Ende, so Stöhr, scheitere es bezüglich des vorbeugenden Brandschutz oft an dem, was man sich in der Fliegerei schulterklopfend so gern attestiere: dem gesunden Menschenverstand.
Es scheitert oft am gesunden Menschenverstand.
Versicherungen prüfen Schadensfälle genau
Aus der Erfahrung des Architekts sei auch in Flugvereinen die Annahme verbreitet, dass die entsprechenden Versicherungen im Fall das Falles grundsätzlich für den entstehenden Schaden aufkommen. Allerdings: In Zeiten zunehmenden wirtschaftlichen Drucks prüfen die Konzerne genau, unter welchen Bedingungen ein Feuer ausgebrochen sei und ob sich die Höhe des Schadens nicht durch besseren baulichen Brandschutz hätte reduzieren lassen. Das kann dann die Begründung dafür sein, einen Versicherungsnehmer in Regress zu nehmen. Im Zweifelsfall ist dann der Vorstand in der Haftung, wenn ihm Versäumnisse nachgewiesen werden können.

In Hockenheim brannte Mitte Juni 2023 ein Hangar ab. Der Schaden ging in die Millionen.
Auf den hohen Stellenwert, den das Thema für Sportverein einnehmen sollte, weist sogar der Deutsch Olympische Sportbund hin. Ein Artikel, der bereits 2009 auf der Website des DOSB publiziert wurde, hat an Aktualität nichts verloren. Die zentrale Aussage des Textes: Es ist kompliziert. "Zum einen sind [teils] hohe Investitionen erforderlich, um die gesetzlichen Verordnungen zu erfüllen. Zum andern hagelt es inzwischen deftige Strafen, wenn Verstöße aktenkundig werden. Obendrein ist das Gestrüpp der Paragrafen und gesetzlichen Auflagen so wild, dass Vereinsvorstände ohne professionelle Hilfe darin schnell die Orientierung verlieren und überfordert die Finger davon lassen." Fazit: Vereine sollten sich dringend an Experten wenden, um ihre eigene Situation kritisch evaluieren zu lassen und ggf. Abhilfe schaffen. Denn freie, nicht zugestellte Fluchtwege, geprüfte Brandschutztechnik wie Feuerlöscher, Rauchmelder Notbeleuchtung oder Beschilderung der Fluchtwege sowie fehlendes autorisiertes und qualifiziertes Personal werden gemäß des DOSB-Artikels von Fachleuten häufig als Schwachstellen im Brandschutz ausgemacht.
Vereine müssen proaktiv handeln
Auch die Stiftung Sicherheit im Sport mahnt Vereine, das Thema anzugehen. "Brandschutz ist mehr als nur eine technische Notwendigkeit – er ist ein zentraler Bestandteil der Sicherheitskultur in Sportstätten. Ein wirksames Brandschutzkonzept schützt Leben, Sachwerte und sichert den laufenden Betrieb", heißt es in einem Text auf der Website der Stiftung. Und auch hier wird konstatiert: "In vielen Vereinen und Einrichtungen wird das Thema oft vernachlässigt oder nur oberflächlich betrachtet. Dabei ist klar: Wer frühzeitig vorbeugt, minimiert Risiken und handelt im Sinne aller Beteiligten."
Brandschutz ist mehr als nur eine technische Notwendigkeit – er ist ein zentraler Bestandteil der Sicherheitskultur in Sportstätten
Die Verantwortung liegt laut Stiftung klar geregelt bei den Betreibenden der Sportstätte, seien es Kommunen, Vereine, Verbände oder private Träger. Sie müssen sicherstellen, dass alle baulichen, technischen und organisatorischen Maßnahmen dem aktuellen Stand der Vorschriften entsprechen. Rechtsgrundlagen finden sich unter anderem in der Arbeitsstättenverordnung, in den Landesbauordnungen sowie in spezifischen Sonderbauvorschriften.
Spendenkonto für Cloppenburger Verein
Um die akut anfallenden Kosten zu decken und einen finanziellen Grundstock für den anstehenden Wiederaufbau der Flugplatzgebäude zu bekommen, hat der LSV Cloppenburg ein Spendenkonto eingerichtet.
Empfänger: Luftsportverein Cloppenburg e.V.
IBAN: DE03 2805 0100 0092 4338 20
Verwendungszweck: Spende Brandhilfe
Für alle eingegehenden Beträge können entsprechende Spendenbescheinigungen ausgestellt werden.





