E-Tragschrauber als Lösung für Verkehrsprobleme?

DLR-Forschungsprojekt
E-Tragschrauber als Lösung für Verkehrsprobleme?

Zuletzt aktualisiert am 17.06.2025
E-Tragschrauber als Lösung für Verkehrsprobleme?

Ein futuristisch anmutender Drehflügler, entwickelt vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), soll die Möglichkeiten neuartiger Faserverbundbauteile in der Luftfahrt ausloten. Das Fluggerät, das einem Gyrokopter ähnelt und als zusätzliche Auftriebshilfen kleine Tragflächen hat, soll nach den Vorstellungen der Entwickler auch im "urbanen und interurbane Luftverkehr" eingesetzt werden, der "einen immer größeren und weiterwachsenden Anteil am Passagier- und Frachtverkehr" einnehme, wie es in einer Pressemitteilung des DLR heißt.

Elektro-Tragschrauber statt Hubschrauber?

Die technische Voraussetzung hierfür sei die Entwicklung innovativer Luftfahrzeugtypen, die die besonderen Anforderungen hinsichtlich Flugleistungen, -sicherheit und Lärmimmission erfüllten, so das DLR. Insbesondere der Aspekt Lärm und Nachhaltigkeit spiele bei der Suche nach Lösungen für den Luftverkehr eine immer entscheidendere Rolle. "Fluggeräte, wie Hubschrauber, über die der urbane Luftverkehr derzeit primär verläuft, haben zwar die Fähigkeit auf sehr kleinen Plätzen zu operieren, werden aber in niedrigen Flughöhen als vergleichsweise laut wahrgenommen", heißt es weiter. Als Probleme der etablierten Helikoptertechnik identifiziert das DLR deren "hohe Komplexität und den hohen Energieverbrauch sowie die damit verbundenen Kosten".

Als nachhaltigere Antriebsalternative für Vebrennermotoren sehen die DLR-Forscher den Wechsel zu elektrischen Antrieben in Verbindung mit der Reduktion des Propellerlärmes. Derzeit sei allerdings die Frage nach den Anforderungen an die Flugleistungen und die Wirtschaftlichkeit neuer Flugzeugkonfigurationen nicht ausreichend beantwortet. Das Projekt S²TOL (Silent Short Takeoff and Landing) soll hier ansetzen. Ziel ist die Entwicklung eines sehr geräuscharmen und kurzstartfähigen Luftfahrzeugs auf Basis der bereits bekannten Tragschraubertechnik.

Gyrokopter als Basis

Durch das Konzept eines Rotors, der durch einen separaten Propellerantrieb in Autorotation bewegt wird, sei ein komplexes Hauptrotorgetriebe wie bei konventionellen Hubschraubern überflüssig, betont das DLR. Dadurch könne man die Herstellungs- und Betriebskosten maßgeblich reduzieren. "Zudem zählen seine Wendigkeit sowie kurze Start- und Landestrecken – steile An- und Abflüge sind möglich – zu weiteren dringend notwendigen Eigenschaften für den Einsatz im urbanen Raum", heißt es in der Pressemitteilung.

Zertifizierung der Tragschrauberkonfiguration

Ein weiterer Schwerpunkt des Projektes soll "die Erforschung eines datenbasierten Nachweises der Lufttüchtigkeitsanforderungen" sein. Hierzu sollen bestehende Lufttüchtigkeitsanweisungen und entsprechende Richtlinien analysiert und in eine luftfahrtzulassungsfähige Faserverbundprozesskette integriert werden.

Das Ziel des Projektes sei außerdem die Bewertung einer neuen Tragschrauberkonfiguration hinsichtlich Flugleistung, -sicherheit und Lärmimmission. Um geringe Lärmimmissionen und mehr Nachhaltigkeit zu gewährleisten, ist der Einsatz elektrischer Antriebe in Kombination mit zwei großen frei angeströmten Propellern beziehungsweise mit zwei Mantelpropellern geplant. Dazu will das DLR zwei Demonstratoren mit rund 400 Kilogramm maximalem Abfluggewicht für die Flugerprobung bauen. Diese soll dann unbemannt über eine Flugsystemsteuerung vom Boden aus erfolgen.

Lösung urbaner Verkehrsprobleme fraglich

Tragschrauber sind derzeit in Deutschland in der Klasse der Ultraleichten bis 600 Kilogramm Abfluggewicht zulassungsfähig. Die Technik ist also nicht neu, hat sich bislang aber über ein Nischendasein mit sehr wenigen Herstellern in ganz Europa hinaus am Markt nicht durchgesetzt. Zudem bleibt spannend, ob tatsächlich bestehende Verkehrsprobleme in Städten und auf Autobahnen gelöst werden, indem man den Verkehr einfach in den Luftraum verlagert. Daran bestehen zumindest erhebliche Zweifel, zumal Insbesondere der urbane Raum für den Luftverkehr bislang aus Sicherheitsgründen nur sehr eingeschränkt nutzbar ist. Möglicherweise wäre ein sinnvollerer Ansatz zur Lösung urbaner Verkehrsprobleme der Ausbau des ÖPNV.