Cessna CitationJet: Erfolgreiche Familie
Für größere Familien ist es ein ganz normaler Vorgang: Ältere Mitglieder mit großer Lebenserfahrung gehen, Nachwuchs mit den abgewandelten Genen der Vorfahren kommt hinzu. Cessnas CJ-Familie hat sich unlängst von der CJ1+ verabschiedet. Das Flugzeug mit der Seriennummer 701 ist das letzte Exemplar, das in Wichita gebaut worden ist. Die CJ1+ stammt in direkter Linie von dem Begründer der CJ-Familie ab, dem CitationJet ab.
Die in jüngster Zeit nur noch auf kleiner Flamme weitergeführte Produktion des Leichtjets hat sich nicht mehr gelohnt, gerade einmal drei Exemplare hat Cessna 2010 ausgeliefert. In ihren besten Zeiten, Ende der 1990er Jahre, brachte es die CJ1, wie sie seinerzeit hieß, auf 60 und mehr Auslieferungen pro Jahr.
Die zuletzt etwa 5,15 Millionen Dollar teure CJ1+ füllte die Position zwischen der Mustang und der CJ2+ und hinterließ somit eine Lücke. Diese blieb allerdings nicht lange unbesetzt, denn Cessna präsentierte alsbald die M2. Sie ist kein Neuentwurf, wie es ursprünglich geplant war, aber eine gründlich modernisierte CJ1+ mit acht Sitzen und einer maximalen Reisegeschwindigkeit von 400. Die M2 kann zwei Passagiere mehr als die Mustang aufnehmen: einen auf dem Copilotensitz, einen auf einem seitlichen Sitz im vorderen Bereich der Kabine, vier in einer Sitzgruppe und einen auf dem Waschraumsitz.
Im Cockpit wird Garmins G3000-System zu finden sein. Williams soll die Triebwerke liefern, es wird eine Version des FJ44 sein. Der Einführungspreis für die M2 wird bei zirka 4,195 Millionen Dollar liegen. Wenn alles nach Plan läuft, werden die ersten Flugzeuge im dritten Quartal 2013 in Dienst gestellt werden.
Die Entwicklung des CitationJet

Am Anfang war der CJ-Prototyp, er ist am 29. April 1991 erstmals geflogen. Die Entwicklungsingenieure standen Ende der 1980er Jahre vor der Aufgabe, einen neuen „Einsteiger“-Jet zu konzipieren, der den Verkaufserfolg der Vorgängermodelle wiederholen sollte. Cessna hatte sich in Jahren zuvor mit den verschiedenen Citation-Modellen einen bedeutenden Marktanteil auf dem Leichtjetsektor erarbeitet: Waren es 1981 noch 51 Prozent gewachsen, so wuchs der Anteil bis 1991 auf mehr als 75 Prozent.
Der neue Jet sollte eine gleich große Kabine haben wie die Citation I, aber schneller sein und mehr Reichweite bieten – mit schwächeren Triebwerken. Das JT15D-1A der Citation I gab 2200 lbs Startschub ab, das für das neue Muster vorgesehenen Williams FJ44-1 dagegen nur 1900 lbs (8,45 kN).
Die Ingenieure lösten ihre Aufgabe, indem sie ein leichteres und aerodynamisch effizienteres Flugzeug kreierten. Besonderes Augenmerk legten sie auf das Tragflächendesign – der CitationJet erhielt sogenannte echte „Natural Laminar-Flow“-Flügel – und die neue Art der Aufhängung unterhalb des Rumpfes. Diese erlaubte eine höhere Kabine, als sie die Citation I hatte. Ein äußerliches Unterscheidungsmerkmal gegenüber den Vorläufern war das T-Leitwerk, das zum Markenzeichen der CJ-Reihe werden sollte.
Erfolgreiche Markteinführung
Aus Marketingsicht waren die Kosten ein durchschlagendes Argument: Cessna zielte mit dem CitationJet darauf ab, Turboprop-Halter in das Jetlager herüberzuziehen, und versprach niedrigere Betriebskosten. Bei Auslieferungsbeginn 1993 kostete ein CitationJet etwa 2,9 Millionen Dollar. Der Erfolg gab den Marketingstrategen recht: In jenem Jahr lagen bereits 100 Bestellungen vor.
Der CitationJet wurde zu einem enorm populären Flugzeug. Für viele Kunden war er der erste Jet, den sie sich zulegten. Als Cessna wenige Jahre später gemeinsam mit CitationJet-Betreibern überlegte, wie eine verbesserte Version aussehen könnte, wurde klar, dass mehr Einsatzflexibilität und vor allem eine höherwertigere Avionik gewünscht wurde. Cessnas Antwort waren die Modelle CJ1 und CJ2, die gemeinsam auf der NBAA 1998 vorgestellt wurden.
Die CJ1 präsentierte sich mit dem Pro-Line-21-Cockpit von Rockwell Collins und damit auf dem allerneusten Stand der Technik. Das Nachfolgemuster erforderte nur 60 m mehr Startstrecke im Vergleich zum CitationJet, flog aber weiter bei gleicher Zuladung. Die CJ2 hatte einen 132 cm längeren Rumpf und eine größere Spannweite.
Die Modellpalette wächst

In den Folgejahren stellte Cessna weitere Abkömmlinge vor, die jeweils etwas länger ausfielen: 2004 wurde die CJ3 zugelassen und 2009 schließlich die CJ4 als derzeit größtes Familienmitglied. Zwischendurch brachte Cessna die „Plus“-Version der CJ1 und CJ2 heraus, die sich unter anderem durch eine andere Avionik und digitale Triebwerkskontrolle (FADEC) auszeichnen. Mittler-weile hat Cessna mehr als 1450 CJ-Flugzeuge gebaut.
Die CJ-Familie hat eine überragende Bedeutung für Cessna, nicht nur in ökonomischer Hinsicht. Viele Ideen, die hier verwirklicht wurden, flossen in andere, größere Modelle ein wie die Citation X und die Excel.
Der Stellenwert der leichten Jets im Cessna-Programm hat aber auch eine Schattenseite: Cessna wurde sehr hart von der Absatzkrise der vergangenen Jahre getroffen.
Und trotzdem: Die CJ-Familie behält ihre überragende Bedeutung für Cessna. Und das Fortbestehen der Familie ist gesichert: Auf der NBAA 2012 zeigte Cessna eine namenlose Kabinenattrappe in CJ-Dimensionen, um mit potentiellen Kunden ins Gespräch zu kommen. Mit Details hält Cessna hinter dem Berg, aber sehr spannend dürfte es im Cockpit werden: Dort ist ein einziger Bildschirm zu sehen, der über die ganze Breite des Instrumentenbretts reicht.




