Ultraleicht und elektrisch - Elektro-UL eSpyder

eSpyder
Ultraleicht und elektrisch

Veröffentlicht am 21.06.2015

Moderner Antrieb, betagte Zelle

Das erste in Deutschland zugelassene Elektro-UL bietet ein technologisches Kontrastprogramm: Ausgerechnet die Zelle des UL-Urgesteins Flightstar dient als Basis für den Einbau eines topmodernen Elektroantriebs. Für die Entwicklung des elektrifizierten Rohr-Tuch-ULs zeichnet Yuneec International, beheimatet in China in der Nähe von Shanghai, verantwortlich. Produziert wird die eSpyder von der Yuneec-Tochterfirma GreenWing International in Kalifornien. Rund zehn eSpyder wurden dort bislang gebaut. Auch in Frankreich und Großbritannien ist das Flugzeug als UL unterwegs. Amerikanische Kunden können die eSpyder als Experimental ordern.

Unter der Sonne Kaliforniens fand denn auch die Flugerprobung unter der Regie des DULV statt. Günther Spitzer, beim Verband zuständig für die Musterzulassungen der Dreiachser, war zehn Tage vor Ort. Gemeinsam mit einem weiteren Testpiloten aus den USA wurden die Flugversuche vorbereitet, durchgeführt und validiert. Da es zurzeit keine Bauvorschriften für elektrisch angetriebene ULs gibt, dienten Richtlinien des Luftfahrt-Bundesamts und ASTM-Standards als Grundlagen für die Musterzulassung.

Wer sich heute für den Kauf einer eSpyder entscheidet, darf sich zu den Pionieren einer neuen Art des Fliegens zählen. Doch wie so oft, erfordert es Kompromisse, technologisch ganz vorn dabei sein zu wollen. Die eSpyder ist kein Flugzeug, mit dem man lange Strecken zurücklegen könnte. Ihre Geschwindigkeiten sind niedrig, die Flugzeit ist durch die Akkukapazität begrenzt. Trotzdem: Als etwas anderes UL für die Runde nach Feierabend könnte der Einsitzer durchaus eine Fangemeinde finden.

45 Minuten Flugzeit sind immer drin

Herzstück der eSpyder ist ihr elektrischer Antrieb. Als Energiespeicher kommen 50 Kilogramm schwere Lithium-Ionen-Akkus mit 13 kWh Kapazität und 75 V Spannung zum Einsatz. Die darin gespeicherte Energie treibt den bei Yuneec gefertigten Elektromotor an, ein bürstenloser Außenläufer mit starrem Propeller. Dieser bringt es zwar auf 24 kW Leistung, aus technischen Gründen reduziert der Hersteller die Leistung über den Controller vorerst auf 20 kW – Kundenflugzeuge möchte der Hersteller ohne Drossel ausliefern. 45 Minuten Flugzeit sind auch bei sportlicher Flugweise mit vielen Lastwechseln immer drin. Lässt er es zaghafter angehen, kann der Pilot eine gute Stunde in der Luft bleiben. Eine 220-V-Steckdose genügt, um das Flugzeug innerhalb von 90 Minuten wieder aufzuladen.

Die technischen Daten sind unspektakulär. 182 kg Leermasse inklusive der Akkus stehen 282 kg maximale Abflugmasse gegenüber – für den Piloten bleiben somit 100 kg Zuladung. Die Frage nach dem Füllstand der Tanks stellt sich beim Elektroantrieb nicht. Angesichts dieser Leermasse kam eine Zulassung in der 120-kg-Klasse nicht in Frage.

Das Geschwindigkeitsspektrum bewegt sich zwischen der Minimalgeschwindigkeit von 50 km/h und der VNE, die bereits bei 110 km/h erreicht ist. Im Horizontalflug geht es maximal mit 90 km/h vorwärts. Das beste Steigen beträgt 2,1 m/s bei 60 km/h. Die üppige Spannweite von 10,13 m und 13,6 qm Flügelfläche lassen erahnen, dass ein Flug mit der eSpyder eine eher gemütliche Angelegenheit sein dürfte.

Leise und langsam geht die eSpyder auf Reise

Aus Pilotensicht soll die eSpyder denn auch ein ausgesprochen einfach zu handhabendes UL sein – zumindest für jene, die mit den Flugeigenschaften der frühen UL-Generation vertraut sind. So erfordert das Flugzeug betonten Seitenrudereinsatz. Der Elektroantrieb soll sich intuitiv bedienen lassen und ausgesprochen leise arbeiten – das Kennblatt gibt als Ergebnis der Lärmmessung bescheidene 51 dB(A) an.  Erst wenn der Pilot den Leistungshebel nach vorn schiebt, bewegt sich der Propeller. Das Drehen im Leerlauf wie beim Verbrennungsmotor entfällt. Ein digitales Panel informiert den Piloten über Temperaturen und Daten im Antriebsbereich.

Knapp 47.500 Euro kostet der Traum vom eigenen Elektroflugzeug in Form der eSpyder. Sollte eines Tages ein neuer Satz Batterien fällig werden, sollte der Kunde auf Kulanz des Herstellers hoffen: Der reguläre Preis für einen Austausch beträgt rund 10.000 Euro.

Immerhin: Mit der eSpyder ist ein Schritt ins Elektroflug-Zeitalter gemacht. Für die Zukunft haben Yuneec und GreenWing International weitere Projekte am Start. So soll auch die e430, ein elektrisch angetriebener, doppelsitziger Composite-Schulterdecker mit geschlossener Kabine, in Kürze als UL zugelassen werden.  Zahlreiche Tests sind bereits abgeschlossen, allerdings sind noch Änderungen im Detail zu erledigen, bevor der DULV seinen Stempel auf die Zulassungsurkunde setzen wird.

aerokurier Ausgabe 12/2013