Zwischen Schleifen und Weinbergen - eine Flugreise entlang der Mosel

Motorflug entlang der Mosel
Vom Dreiländereck in Deutschlands älteste Stadt

Zuletzt aktualisiert am 11.06.2025

"Wir soffen uns langsam den Fluss hinab, wir fuhren mit dem Saufbähnchen von Trier nach Bulley hinunter, und auf jeder dritten Station stiegen wir aus und sahen nach, wie es mit dem Weine wäre. Es war."

So beschrieb Kurt Tucholsky einst seine Reise entlang der Mosel. Nicht verwunderlich, denn das verschlungene Moseltal mit seinen steilen Hängen säumt ein schier unendliches Rebenmeer, und knapp 3000 Winzer sorgen für überaus leckeres Gesöff.

Dennoch: Unser mehrtägiges Mosel-Hopping sieht ein bisschen anders aus. Mit einer Super Dimona startet die Reise auf dem Segelfluggelände Konz-Könen nahe dem Zusammenfluss von Saar und Mosel. Eigentlich ist es kein Wetter für einen Spornradflieger, denn der Wind bläst stramm und bockig.

Trotzdem entschließen wir uns zu einer Tour ans Ende der Mosel: nach Koblenz. Der Flugweg folgt direkt dem Fluss mit seiner Vielzahl von Schleifen, welche sich schlangenartig durch das immer steiler werdende Moseltal winden.

Koblenz wie im Taubenschlag

An Flugplätzen gibt es hier keinen Mangel. Trier-Föhren, Neumagen-Dhron, Traben-Trarbach seien als Beispiele genannt, sie alle laden zwischen Konz und Koblenz zu einer Landung ein. Bei jedem dritten steigen wir aus. Nein, nicht ganz. Aber einige Plätze lohnen definitiv den Anflug. Auf dem Hinflug liegt Koblenz ohne Zwischenstopp im Fokus.

Ganz entspannt fliegt es sich entlang des Flusses, lediglich auf die zeitweise aktiven Kontrollzonen der Militärflugplätze Spangdahlem und Büchel und auf die TMZ Hahn östlich des Kurses ist zu achten. Hier kann man entweder unter 4500 Fuß bleiben oder entsprechend den Transponder und Langen Radar rasten. Unmittelbar westlich des Platzes Koblenz-Winningen befindet sich der 2133 Fuß hohe Sendemast, an dem man sich gut orientieren kann, ihn aber möglichst stehen lassen sollte.

Die Idee an diesem warmen, sonnigen Tag, Koblenz anzufliegen, haben nicht nur wir. Es geht zu wie im Taubenschlag. Man sollte wissen, dass hier sowohl die nördliche als auch die südliche Platzrunde parallel aktiv sind. Das entgegenkommende Flugzeug im Queranflug ist also kein Geisterflieger. Wir steuern in die südliche Platzrunde und bekommen die Nummer drei für die Landung zugewiesen.

Ein weiteres Ultraleicht hat nun auch den Endanflug gefunden, denn ganz erleichtert meldet es sich als Nummer vier und schiebt sich vor uns. Zählen kann bei den Temperaturen schon mal schiefgehen. Nach einer freundlichen und unproblematischen Kommunikation dreht die Maschine jedoch ab und lässt uns ungehindert weiter anfliegen.

Wer unsere Landung beobachtet, könnte meinen, wir hielten es doch mit Tucholsky. "In Koblenz tranken wir der Geographie halber einen Rheinwein, und der konnte Papa und Mama sagen, wir aber nicht mehr." Grund für unsere etwas dramatische Schlangenlinie über die gesamte Breite der Piste ist aber weniger der Wein als tatsächlich eine biestige Böe, die den Spornradflieger ausbrechen lässt. Nach zwei bangen Sekunden kriegen wir die Dimona wieder auf der Centerline stabilisiert.

Mehr als nur das Deutsche Eck

Möchte man nur eine Stippvisite machen, kann man sich einfach auf der Terrasse im Restaurant stärken, aber es lohnt sich durchaus, ein wenig Zeit für einen Ausflug mit einem Mietwagen in die Stadt mitzubringen. Zum Pflichtprogramm gehört das Deutsche Eck. An dieser künstlichen Landzunge mündet die Mosel in den Rhein. Farblich ist der Zusammenfluss auch ein tolles Schauspiel aus der Luft.

Mosel-Hopping_Koblenz_Altstadt
Stephanie Keller

Von hier aus geht es mit der Seilbahn über den Rhein zu einer weiteren Attraktion: der Festung Ehrenbreitstein. Nicht weniger bombastisch kommt dieses Bauwerk daher. Zwar erreicht man die Festung auch auf dem Landweg, aber das Erlebnis, über den Fluss zu schweben, lohnt sich. Aus der Gondel genießt man den Ausblick auf Koblenz und das UNESCO-Welterbe Oberes Mittelrheintal. Weniger bekannt ist, dass der berühmte Flugzeugkonstrukteur Carl Clemens Bücker (1895–1976) ebenfalls aus Ehrenbreitstein stammt.

Zurück am Flugzeug, wartet eine Überraschung. Unsere Nachbarn haben die langen Flächen der Dimona wohl etwas falsch eingeschätzt und sie mal eben zugeparkt. Trotz des Traffics organisiert der entspannte Flugleiter Rangierhilfe. Der Wiederstart auf der Piste 06 gibt uns unmittelbar nach dem Abheben einen herrlichen Blick über die Stadt und die Täler von Rhein und Mosel.

Rebenmeer und stolze Burgen

Neben den traumhaft schönen Schleifen der Mosel stechen als optische Höhepunkte Burg Eltz und die Reichsburg Cochem hervor. Die Burg Eltz ist eine Höhenburg aus dem 12. Jahrhundert und eine der bekanntesten ihrer Art in Deutschland. Eine Führung durch Waffensammlung, Kaminzimmer und Rittersaal ist zu empfehlen.

Hoch über der hübschen Stadt Cochem thront auf einem mächtigen Felsen die Reichsburg. Sie wurde wohl um 1100 oder in der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts errichtet. Wer im Sommer kommt, kann hier am jährlichen Burgfest teilnehmen. Die verspielten Erker und Zinnen sind aus der Luft ein reizvoller Anblick.

Ganz in der Nähe überfliegen wir Calmont. Mit 68 Grad Neigung ist er der steilste Weinhang Europas und vermittelt den Eindruck, dass man für die Arbeit dort vor allem schwindelfrei sein muss und über die Trittsicherheit einer Bergziege verfügen sollte.

Mosel-Hopping_Flugplatz
Stephanie Keller

Beim Blick darauf kann einem ganz duselig werden, selbst wenn man noch nicht vom Rebensaft gekostet hat. Wer Lust auf ein kleines Abenteuer hat, kann auf einem Klettersteig durch diesen Hang wandern. Der Weg führt teilweise über Leitern; Trittbügel und Stahlseile geben Halt bei der Querung der Felsgrate.

Ein Zwischenstopp in Neumagen-Dhron, Deutschlands ältestem Weinort, muss sein. Im spektakulären Endanflug zur Piste 09 schwebt man über das steil abfallende Moseltal mit seinem Rebenmeer. Hier geht es sehr entspannt zu, nur gleich wieder los ist nicht, denn einer Tasse Kaffee und einem Schnack kann man sich einfach nicht verwehren.

Wer in den Weinort Neumagen-Dhron hinunter möchte, muss allerdings einen längeren, wenngleich durchaus lohnenden Fußweg durch die Weinberge in Kauf nehmen– sofern er nicht das Glück hat, von einem der anwesenden Fliegerkameraden mit dem Auto mitgenommen zu werden.

Stippvisite zur Saar

Kaum in Konz gelandet, sprühen wir vor Energie und bereiten uns auf einen aufregenden Flug in die entgegengesetzte Richtung der Mosel vor. Dieses Mal kombinieren wir unsere Route mit der malerischen Saar, denn auch dort warten noch einige Schmankerl darauf, von uns entdeckt zu werden.

Nach dem Start fliegen wir nach Süden immer der Mosel nach, welche hier die Grenze zwischen Luxemburg und Deutschland bildet, und kratzen direkt an der Kontrollzone des Flughafens Luxemburg entlang. Mit 2000 Fuß bleibt man unterhalb des Luftraumes Delta. Leider lässt der Verkehr über der Stadt Luxemburg Sightseeing aus der Luft nicht zu. Das läuft also auf einen Landausflug hinaus.

Bei Perl erreichen wir bereits die französische Grenze und biegen ab Richtung Mettlach zur Saarschleife, die ein der ist und zu den bekanntesten Sehenswürdigkeiten und Postkartenmotiven des zählt. Den Aussichtspunkt kann man auch zu Fuß erklimmen. Noch eine Etage höher wartet ein Baumwipfelpfad – ein 1250 Meter langer Holzsteg, der sich in einer schwindelerregenden Höhe von bis zu 23 Metern zwischen den Baumkronen hin zu einem spektakulären Aussichtsturm schlängelt.

Auf dem Rückflug zieht uns Saarburg magisch an. Die Burg thront hoch über der gleichnamigen Stadt und gilt als eine der ältesten Höhenburgen im Südwesten Deutschlands. Von mehreren Aussichtsplateaus und vom Turm kann man den schönen Panoramablick ins Saartal genießen. Ebenso sehenswert ist die malerische Altstadt mit ihrer Fußgängerzone. Das eigentliche Highlight ist jedoch ein völlig unerwarteter Wasserfall, der zwischen Ober- und Unterstadt fast 20 Meter in die Tiefe stürzt. Zauberhaft!

Römische Geschichte erleben

Und das gilt für viele Ecken hier im äußersten Südwesten: Es gibt einfach unendlich viel auf diesem Fleckchen Erde zu entdecken. Und ja, es bleibt doch nicht bei der Mosel. Desto länger man auf die Karte schaut, desto mehr Ziele entdeckt man. Unbedingt sollen es noch die kreisrunden Kraterseen in der Vulkaneifel sein. Und tatsächlich liegt zufällig mittendrin der Flugplatz Daun. Wenn das kein Zeichen ist!

Bevor wir uns dahin aufmachen, muss heute Zeit sein, noch ein paar Runden über der ältesten Stadt Deutschlands, Trier, zu drehen, die man natürlich auch zu Fuß erkunden sollte. Vor mehr als 2000 Jahren als Augusta Treverorum gegründet, erhielt sie bereits zu römischen Zeiten den Status einer Stadt. Wer wenig Zeit hat, sollte zumindest durch die Fußgängerzone bummeln von dort aus die Basilika, den Dom, die Kaisertherme natürlich die Porta Nigra besichtigen. Am Schwarzen Tor kommt niemand vorbei. Es soll das besterhaltene römische Stadttor nördlich der Alpen sein, was wohl dem griechischen Mönch Simeon zu verdanken ist.

Mosel-Hopping_Trier3
Stephanie Keller

Er zog sich als Einsiedler 1028 in den Ostturm der Porta zurück und hat diesen angeblich nie mehr in seinem Leben verlassen. Schon kurz nach seinem Tod wurde der Einsiedler vom Papst heiliggesprochen und die Porta ihm zu Ehren in zwei übereinanderliegende Gotteshäuser umgebaut. Über fast 800 Jahre versammelten sich dort die Gläubigen zu ihren Gottesdiensten. Mit dem Einzug von Napoleon war damit Schluss. Er ließ die sakralen Bauten entfernen, und die Porta erhielt wieder ihr antikes Gesicht.

Für Liebhaber der römischen Geschichte gehört die Erlebnisführung mit dem im römischen Amphitheater zu den Highlights. In der Kampfarena besucht der Gladiator mit seinen Besuchern dunkle Gänge, Keller und Verliese und fesselt mit Erzählungen aus seinem Alltagsleben. Ganz klar, in Trier kann man auch mehr als einen Tag verbringen.

Über die Vulkankrater

Noch ganz fasziniert fliegen wir weiter, steigen über die Kontrollzone Spangdahlem und sind kurze Zeit später über unserem Ziel, den Maaren. Diese kreisrunden, tiefblauen Seen, umrahmt von bewaldeten Hängen, werden auch die "Augen" der Region genannt. Aus der Vogelperspektive zeichnen sich die einstigen Krater deutlich ab. Die heutige Idylle entstand vor Millionen von Jahren mit Donner und Knall. Glutflüssiges Magma und Wasser vermengten sich, explodierten und drehten das Innere der Erde nach außen. Felsbrocken und Asche legten sich als Wall um die Krater. Zurück blieb ein Trichter an der Erdoberfläche, der sich über die Jahre mit Wasser füllte.

Mosel-Hopping_Maar
Stephanie Keller

In unmittelbarer Nähe des Flugplatzes Daun liegen drei Eifelmaare. In einigen Maaren darf gebadet werden, andere bieten sich zum Wandern an. Uns bleibt heute nur der Genuss aus der Luft. Eine Landung auf dem 1722 Fuß hoch gelegenen Flugplatz müssen wir verschieben, der Wind frischt zu sehr auf.

So langsam heißt es Abschied nehmen. Auch wenn wir uns immer noch nicht an Tucholsky halten, darf es doch ein Tropfen Rebensaft aus der Gegend sein. Im Anblick der untergehenden Sonne über dem Moseltal lassen wir die Tage Revue passieren und machen Pläne für die nächste Tour. Vielleicht wieder in dieser Region?