Piper Aircraft: Neue AD-Proposals zu Flügelholmen

Piper Aircraft
Neue AD-Proposals zu Flügelholmen

Zuletzt aktualisiert am 10.10.2024
Neue AD-Proposals zu Flügelholmen

Schlechte Nachrichten für Besitzer von Piper-Tiefdeckern: Die US-amerikanische Luftfahrtbehörde FAA hat jüngst zwei Vorschläge für Lufttüchtigkeitsanweisungen veröffentlicht, in denen neue Grenzwerte für die Lebensdauer der Tragflächenholme und wiederkehrende Inspektionen vorgeschrieben werden sollen. Davon betroffen sind laut eines Artikels von Jim Moore auf der Website der AOPA USA rund 21.000 Flugzeuge.

Untersuchungen über mehrere Jahre

Den AD-Proposals waren jahrelange Untersuchungen vorausgegangen, die die FAA nach einem Unfall im Jahr 2018 eingeleitet hatte. Damals verlor eine Piper Arrow im Flug eine Tragfläche, die zwei Insassen kamen ums Leben. Im Rahmen der Analyse wurde festgestellt, dass die permanenten minimalen Verformungen, denen die Flügelholme im Betrieb unvermeidlich unterworfen sind, zu einer Ermüdung der Konstruktion führen, bis sie schließlich versagen kann. Weiterhin wurde festgestellt, dass das über lange Zeit angewendete Verfahren des Kaltbiegens des Holms zur Erzeugung der charakteristischen V-Form ebenfalls zu Veränderungen in der Metallstruktur führt, die Auslöser für ein Versagen sein können. Auch zwei weitere Unfälle mit Flugzeugen der PA-28-Serie aus den Jahren 1987 und 1993 ließen sich demnach auf derartige Ermüdungsbrüche zurückführen.

Bereits 2020 – zwei Jahre nach dem jüngsten Unfall – veröffentlichte die FAA die AD 2020-26-16, mit der sie Leitlinien und Richtlinien aus dem Jahr 2018 aktualisierte und Wirbelstromprüfungen an Tausenden von Piper-Flügelholmen verschiedener Modelle der Serien PA-28 und PA-32 vorschrieb. Die Ergebnisse dieser Inspektionen flossen in eine neue Richtlinie AD 2024-00008-A ein, die am 19. September veröffentlicht wurde. Am 23. September wurde noch die AD 2024-00033-A nachgereicht.

System zur Holmüberprüfung erweitert

Mit den neuen Richtlinien wird ein System zur Überprüfung der Tragflächenholme eingeführt bzw. erweitert, das alle einmotorigen Piper-Flugzeuge der Serien PA-28 und PA-32 einschließt. Die FAA weist darauf hin, dass alle diese Flugzeuge eine gemeinsame Holmkonstruktion mit unterschiedlichem Grad an Verstärkung in der ursprünglichen Struktur aufweisen und demzufolge von vergleichbaren Ermüdungserscheinungen wie die Unfallflugzeuge betroffen sein können.

Laut FAA hat Piper einen neu gestalteten Flügelholm sowie einen Verstärkungssatz entwickelt, der in zahlreiche neuere PA-28-Modelle wie Cherokee, Warrior, Archer und die jüngste Version Pilot 100i eingebaut werden kann. Der Holmverstärkungssatz ermöglicht längere Inspektionsintervalle und eine längere Lebensdauer – bis zu 25.000 Stunden für einen verstärkten Holm anstelle von 12.000 Stunden bzw. 13.499 Stunden für einen unmodifizierten Flügelholm.

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Ein Problem: Kaltbiegen des Holmes

Weiterhin hat die FAA auch die Formel zur Berechnung der Betriebszeit aktualisiert, die eine risikobasierte Gruppierung von Flugzeugen ermöglicht, die zuvor im Piper Service Bulletin 1372 vom 3. April 2024 beschrieben wurde, um die erforderlichen Inspektionsintervalle zu bestimmen und Lebensdauergrenzen für Flügelholme festzulegen, die mit einem bestimmten Verfahren hergestellt wurden, das Piper nun eingestellt hat: das Biegen des kalten Holms zur Erzeugung der V-Form.

"Um Inspektionen weniger aufwändig zu machen und die ursächlichen Faktoren zu verstehen, untersuchte Piper die Eigenspannungen im Bereich der kritischen Schraubenlöcher. Diese Untersuchung hat gezeigt, dass die Eigenspannungen, die durch das Kaltbiegen des Holms entstehen, einen wesentlichen Beitrag zur Verringerung der Ermüdungslebensdauer der Bolzenlöcher des Holms leisten", schrieb die FAA in der am 23. September veröffentlichten AD, die für gut 10.600 Flugzeuge gilt, die zuvor im Rahmen der Richtlinie von 2020 einer Holminspektion unterzogen werden mussten. "Ein weiteres Ergebnis dieser Untersuchung ist eine Änderung aller neu hergestellten Holme mit maschinell bearbeiteten Flächenkrümmungen, um die Eigenspannungen in diesem kritischen Bereich zu beseitigen."

Ein identischer Absatz findet sich in der am 19. September veröffentlichten AD, die sich auf knapp 11.000 Flugzeuge der Serien PA-28 und PA-32 bezieht, die nun auf der Grundlage der Vorgeschichte des Flugzeugs, einschließlich der (berechneten) Betriebszeit und anderer Faktoren, erstmaligen und wiederkehrenden Wirbelstrom-Holminspektionen unterzogen werden müssen.

2800 Prüfberichte ausgewertet

Die FAA und Piper haben mehr als 2800 Berichte über Wirbelstrominspektionen von Schraubenlöchern erhalten, wie sie in der Richtlinie von 2020 gefordert wurden. Bei 100 davon seien positive Befunde zu verzeichnen gewesen, von denen zahlreiche auch andere Anomalien über Ermüdungsrisse hinaus umfassten. Allerding stellte die FAA fest, dass in sechs Fällen Ermüdungsrisse in und um Schraubenlöcher gefunden wurden, von denen drei auch vom NTSB und Piper als Ermüdungsrisse bestätigt wurden.

"Andere bekannte Risse sind solche, die in einem Flugzeug derselben Flotte wie das Unfallflugzeug von 2018 gefunden wurden, ein separat eingereichter Rissbefund, der mit Farbeindringverfahren bestätigt wurde, und ein Riss, der sich auf der unteren Holmkappenoberfläche befindet und entlang der Inspektionsschraubenlöcher verläuft", schrieb die FAA. "In Anbetracht dieser Befunde könnten unter den anderen unbestätigten gemeldeten Anzeichen weitere Risse vorhanden sein."

Die FAA stellte fest, dass Ermüdung nicht die einzige Ursache für die bei den Untersuchungen entdeckten Risse war: "Es wurden weitere Risse entdeckt, die möglicherweise durch Überlastung und nicht durch Ermüdung verursacht wurden. Obwohl derartige Schäden nicht die Hauptursache für diese Korrekturmaßnahmen sind, unterstreicht dies die Notwendigkeit und Bedeutung der Inspektion der Holmschraubenlöcher."

Verstärkung oder Ersatz des Holms

Die FAA schätzt, dass der Austausch des Tragflächenholms mit knapp 15.000 Dollar weniger kostspielig ist als der Einbau des Verstärkungssatzes, für dessen Montage inkl. Material gut 20.100 Dollar pro Flügel veranschlagt wird. Für den Austausch des Holms werden lediglich 40 Arbeitsstunden veranschlagt, der Einbau des Verstärkungs-Kits hingegen sollen nach ersten Informationen 190 Arbeitsstunden notwendig sein.

Während ein Großteil der AD vom 23. September auf das Piper Service Bulletin verweist, in dem der Inspektionsprozess detailliert beschrieben wird, hat die Behörde einen anderen Inspektionsplan für Flugzeuge der "Gruppe 1" und "Gruppe 2" aufgestellt, als Piper zuvor festgelegt hatte. Für Flugzeuge der Gruppe 1, in der Regel neuere PA-28, sind die ersten Inspektionen bei kalkulierten 3000 Stunden Betriebszeit fällig und danach in Intervallen von 1750 Stunden bis hinunter zu 500 Stunden bis auf maximal 13.499 Stunden. Zu diesem Zeitpunkt muss der Holm ausgetauscht oder ein Verstärkungssatz eingebaut werden. Das Service Bulletin von Piper sah ursprünglich eine erste Inspektion bei 5000 Stunden vor. Flugzeuge dieser Gruppe, die den Verstärkungssatz erhalten haben, werden danach bis zu 13.499 Stunden alle 4800 Stunden und danach höchstens alle 3700 Stunden inspiziert, wobei der Holm eine Grenze von 25.000 Stunden nicht überschreiten darf.

Andere Fristen für Gruppe 2

Für Flugzeuge der Gruppe 2 hat die FAA die gleichen Fristen und Inspektionsintervalle festgelegt wie Piper im Service Bulletin 1372, beginnend mit einer Erstinspektion bei 4500 Stunden und danach bis alle 400 Stunden bis zu 11.999 Stunden, wenn der Holm ersetzt oder verstärkt werden muss, falls ein Kit für Flugzeuge der Gruppe 2 verfügbar wird.

"Sowohl die FAA als auch Piper haben versucht, ein Inspektionsprogramm festzulegen, das das Risiko auf ein akzeptables Maß reduziert; es konnte jedoch keine Methode gefunden werden, die nicht letztendlich den Austausch des Holms erfordert", so die FAA. Wie Piper betonte auch die Behörde, wie wichtig es sei, die vorgeschriebenen Verfahren genau einzuhalten, um zu vermeiden, dass der Flügelholm während der Inspektion beschädigt wird, was dann zwingend einen Austausch des Holms erforderlich machen würde.Denne wird festgehalten, dass die Inspektion auf Ermüdungsrisse und andere Lochanomalien entscheidend für die Sicherheit sei und das mit der Inspektion selbst verbundene Risiko überwiege."

Stellungnahmen zu beiden Richtlinien werden bis Anfang November entgegengenommen.

Was passiert in EASA-Land?

"Grundsätzlich gilt die AD mit Inkrafttreten auch in den EASA-Staaten, und zwar so lange, bis unsere Behörde gegebenenfalls eine andere Entscheidung in der Sache veröffentlicht", erklärt Malte Höltken vom Maintenance-Dienstleister Aufwind.aero. "Allerdings ist es wahrscheinlich, dass die EASA die neuen ADs nach deren Inkraftsetzung analysiert und eigene Regeln mit abweichenden Inspektionszeiträumen erlässt, wie das beispielsweise bei der AD 2020-26-16 passiert ist", erklärt Höltken und fügt zum Hintergrund an: "Die FAA nimmt die Anzahl der 100-Stunden-Kontrollen als Ausgangsbasis. Im Einflussbereich der EASA wird diese in der Regel mindestens einmal im Jahr durchgeführt, also wären EASA-Flugzeuge – gerade wenn sie beispielsweise 30, 130 oder 220 Stunden pro Jahr fliegen – benachteiligt. Daher hat die EASA schon bei bisherigen vergleichbaren Regelungen aus den USA umgerechnet auf die tatsächliche Flugzeit um auf mehr oder weniger ähnliche Stunden zu kommen."

Zunächst bleibt allerdings abzuwarten, welche Eingaben bei der FAA bezüglich der AD-Proposals eingehen.