Andreas Velten ist UL-Pilot und hat schon lange von einer Fliegerreise über Portugal und Spanien nach Rabat, Casablanca bis zu den legendären Höhenzügen des Atlasgebirges geträumt, wo Pioniere wie Elly Beinhorn im letzten Jahrhundert Luftfahrtgeschichte schrieben.
Im Herbst 2024 setzt er den Traum mit seinem Eurostar SLW Sport in die Tat um. Doch statt großer Fliegerromantik erleben Velten und sein Begleiter eine Reise mit bitterem Nachgeschmack, so berichtet er es dem aerokurier. Eine portugiesische Service-Agentur, die Firma OmniHandling, steht dabei im Zentrum eines dubiosen Geschäftsmodells, dem Piloten nicht zum ersten Mal hilflos ausgeliefert sind.
Am dritten Tag nach dem Start in Deutschland, dem 25. September 2024, fliegt die UL-Crew von Almeria (LEAM) nach Tanger (GMTT) in Marokko. Da ein Ultraleichtflugzeug in dem nordafrikanischen Land eine Permission Number benötigt, darf die Crew zunächst nicht starten. Die Piloten haben im AIP keinen Hinweis auf die Notwendigkeit einer solchen Einfluggenehmigung für ULs gefunden, weshalb sie auch keine vorweisen können. Allerdings versicherte der ATC-Controller ihnen kurz zuvor, dass das UL einfliegen dürfe. Zitat: "I’m the boss and if I tell you, you don’t need a permission number, then it is so." Doch es kommt anders. Die Piloten werden in Tanger zwei Tage lang festgehalten. Nach unzähligen Telefonaten erlaubt man ihnen schließlich, nach Portugal auszufliegen.
Der Eurostar startet daraufhin am 27. September um 15:16 Uhr UTC (16:16 lokal) von Tanger in Richtung Faro (LPFR), Portugal, um Zoll und Grenzkontrolle abzuwickeln. Um 17:11 Uhr landet die Crew dort. Da das Abstellen eines ULs über Nacht in Faro aber nicht möglich ist, wollen die UL-Piloten weiter nach Portimão (LPPM). Sunset ist an diesem Tag um 18:26 Uhr, der Flug dauert maximal 20 Minuten. Die Service-Agentur OmniHandling ist in Faro angeblich vorgeschrieben. Zwei Mitarbeiter begrüßen die Crew freundlich, nehmen die Pässe mit und sagen, die ganze Prozedur dauere höchstens fünf bis zehn Minuten. In der Zwischenzeit kündigen die UL-Piloten am Flugplatz Portimao telefonisch die geplante Landung an. Alles kein Problem, heißt es dort.
Erste Verzögerungen
Doch aus den fünf bis zehn Minuten werden 45 Minuten, der Plan ist damit dahin. Wieder telefonieren, diesmal mit den Verantwortlichen von Faro, um über Nacht bleiben zu können; ein Abflug ist ohnehin nicht mehr möglich.
Nachdem all das geklärt ist, teilt man der Crew mit, dass sie am 28. September bis spätestens 11 Uhr den Platz verlassen haben müssen. Die UL-Piloten sind am nächsten Morgen schon früh vor Ort, geben den Flugplan auf, wofür sie die Räumlichkeiten von OmniHandling nutzen müssen. Vor dem Abflug wollen sie die Rechnung bezahlen. Dann der Schock: 1040,68 Euro verlangt die Agentur. Alles Diskutieren nutzt der Crew nichts. Eine Zahlungsweigerung hätte zur Folge, dass das UL nicht starten darf. Also wird bezahlt, und die Piloten machen sich auf den Weg nach Cascais (LPCS), da Portimão nur als Nachtstopp gedacht war. Sicherheitshalber fragen sie nach, ob in Cascais wieder Handling-Pflicht bestehe, was verneint wird.
Über 1000 Euro – wofür?
Eine derart hohe Rechnung ist den beiden UL-Piloten noch nicht untergekommen. Im lettischen Liepāja (EVLA) mussten sie vor Jahren einmal 228,34 Euro bezahlen. Aber über 1000 Euro für ein UL mit 600 Kilogramm MTOM? Eine Begründung gibt es nicht. Dass die Stimmung damit auf einem Tiefpunkt angekommen ist, ist keine Überraschung. Zumal die Landung in Tanger inklusive Abstellen für zwei Tage gerade mal 12,60 Euro gekostet hat.
Nach der Landung in Cascais steht erneut ein Mitarbeiter von OmniHandling vor dem UL, um seine Dienste anzubieten. Die Ansage der Crew ist unmissverständlich: Kein Handling-Agent erwünscht, man komme allein klar. Die Entfernung zum Terminal beträgt keine 100 Meter. Die Bestellung eines Tankwagens direkt am Turm für den übernächsten Tag um 10 Uhr wird bestätigt. Am nächsten Morgen ist die Crew etwa eine Stunde vor dem geplanten Abflug am Platz, der Tankwagen bereits vorgefahren, alles wie geplant. So scheint es jedenfalls. Doch es kommt erneut anders: An der Sicherheitskontrolle nimmt das Unheil wieder seinen Lauf.
Auf Nachfrage, warum man für einen Inlandsflug mit einem Ultraleichtflugzeug eine Sicherheitskontrolle absolvieren müsse, gibt es keine Antwort. Die UL-Piloten lassen die Prozedur geduldig über sich ergehen und stehen anschließend im Vorraum zum Rollfeld, UL und Tankwagen im Blick. Doch ab hier geht es nicht weiter. Die Beamten können das UL keiner Airline zuordnen – was tatsächlich schwierig ist, da die Crew eben mit einem ultraleichten Zweisitzer unterwegs ist. "Das geht so nicht", heißt es auf einmal. Der Tankwagen fährt nun davon, während wieder ein Mitarbeiter von OmniHandling auftaucht und erzählt, ohne ihn komme man nicht zum Flugzeug und auch nicht an Benzin – ganz offensichtlich ein Vorwand.
Die Piloten fragen, wie viel sie für den "Service" bezahlen müssen. Darauf ein Achselzucken und die wenig fassbare Aussage: "So schlimm wird es schon nicht sein." Der Tankwagen kommt nach 30 Minuten wieder angefahren, der Flugplan muss in der Zwischenzeit zweimal wegen Verspätung aktualisiert werden. Dann geht es zum Schalter, um zu bezahlen. Obwohl die Crew das Terminal dazu wieder verlassen muss, ist jetzt keine Sicherheitskontrolle mehr notwendig. Der Sinn der ersten Kontrolle wird damit nicht unbedingt verständlicher.
Der Mitarbeiter von OmniHandling ist nun mit der Rechnung zur Stelle: 985,90 Euro! Die UL-Piloten protestieren und machen deutlich, dass sie nicht bereit sind, diese Summe zu bezahlen. Der OmniHandling-Agent verschwindet da-raufhin und taucht kurze Zeit später mit einer neuen Rechnung auf: 745,61 Euro. Mehr Rabatt könne er aber nicht gewähren. Selbst ein Telefonat mit dem Geschäftsführer des Platzes ändert nichts daran, die UL-Crew muss bezahlen. In der offiziell einsehbaren Gebührentabelle von Cascais sind derweil völlig andere Preise aufgelistet: Ein ortsansässiger Cirrus-Pilot erzählt, dass er maximal 400 Euro bei über 1000 Kilogramm MTOM bezahlen müsse.
Der Fall zeigt, dass Piloten selbst innerhalb der Europäischen Union willkürlichen Gebühren und ungebetenen, teilweise absurden "Service-Leistungen" von Handling-Agenturen, die eher an Wegelagerer erinnern, hilflos ausgeliefert sind. Auf Nachfrage des aerokuriers sieht man bei der Bundesgeschäftsstelle des Deutschen Aero Clubs (DAeC) ein strukturelles Problem. Motorflugreferent Jürgen Leukefeld kritisiert: "Hier fehlt eine Aufsichtsbehörde!" Die Frage sei auch, ob es neben dem Business-Aviation-Service keinen ausgewiesenen Bereich oder Dienstleister für die General Aviation gebe.
Auch bei der AOPA Germany kennt man das Problem: "Leider kommt es in Spanien und Portugal an vielen Flugplätzen immer wieder zu staatlich tolerierter Abzocke", bedauert AOPA-Geschäftsführer Dr. Michael Erb. Die spanischen Kollegen hätten deshalb eine Liste der GA-freundlichen Flugplätze veröffentlicht, heißt es seitens der Pilotenvereinigung. Zu finden ist die Liste unter aopa-spain.org, Rubrik "Aerodromos Asociados".
Die AOPA Portugal informiert Piloten zwar über eine Website, ist als sehr kleine Organisation aber schwierig zu erreichen. AOPA-Chef Erb rät, dass Piloten sich bei ihren Flugrouten unbedingt an die Empfehlungen der Kollegen vor Ort halten sollten.
Das Problem ist bekannt
Und auch für den aus Deutschland stammenden Peter Prukl, Vorstand der AOPA Spanien, ist das "Geschäftsmodell" der Wucherrechnungen nicht neu: "Leider klingt das tatsächlich nach Abzocke", so Prukl. In Spanien habe man das Problem inzwischen größtenteils wieder eingedämmt, indem die Behörden darauf aufmerksam gemacht und die verantwortlichen Firmen direkt angesprochen worden seien. Schlechte Bewertungen im Internet, Negativwerbung und öffentlicher Imageverlust scheinen zumindest mittelfristig zu wirken.
OmniHandling selbst hat sich auf Anfrage des aerokuriers überrascht und empört zu den Vorwürfen geäußert: "Die Informationen sind inakzeptabel und können möglicherweise rechtlich verfolgt werden." Man habe keine Kontrolle über die vom Flughafen erhobenen und von der Zivilluftfahrtbehörde genehmigten Gebühren. Weitere Vorwürfe werde man an die Rechtsabteilung weiterleiten, erklärte das Unternehmen.