Airline-Betrieb ab 2024: Luxaviation und Lilium kooperieren

Airline-Betrieb mit dem Lilium Jet
Luxaviation, Lilium und das abgesagte Interview

Veröffentlicht am 25.06.2021
Luxaviation, Lilium und das abgesagte Interview
Foto: Lilium GmbH

Eines muss man den Strategen der Lilium GmbH lassen: Immer wieder gelingt es ihnen, namhafte Partner und Investoren für ihre Vision zu gewinnen. Im Frühjahr wurde zudem der Börsengang über Quell Acquisition Corp. angekündigt, eine Special Purpose Acquisition Company (SPAC). Ziel des bayerischen Start-ups ist es, einen senkrecht startenden Jet mit Elektroantrieb für eine neue urbane Mobilität zu entwickeln. Im Frühjahr gab das Unternehmen bekannt, an einem Siebensitzer zu arbeiten – zuvor war der Lilium Jet als Fünfsitzer geplant. Die Angaben zur geplanten Reisegeschwindigkeit und Reichweite liegen laut Lilium selbst nur geringfügig unter den 300 km/h bzw. 300 Kilometern, wie sie lange Zeit publiziert wurden. Für den Siebensitzer gibt Lilium jetzt 280 km/h bzw. 250 Kilometer an. In einem Dokument der EASA, das als Bilddatei in einem Artikel auf der Lilium-Website zu finden ist, finden sich jedoch noch die bisherigen Daten. Bis 2024 soll die Zulassung vorliegen. Mit an Bord ist Honeywell als Zulieferer für Avionik und Steuerung.

In die Liste der strategischen Partner – darunter sind bereits Branchengrößen wie Lufthansa Aviation Training – reiht sich nun auch die Luxaviation Group ein. Das Unternehmen zählt sich selbst zu den weltweit größten Betreibern von Geschäftsreiseflugzeugen und Hubschraubern und möchte Lilium beim Aufbau des Airline-Betriebs in Europa unterstützen, heißt es in einer Pressemitteilung vom 20. Mai. Lilium erhalte künftig Zugang zu Luxaviations Infrastruktur und Know-how. Die Luxemburger verfügen über mehrere Jahrzehnte Erfahrung im Betrieb von Passagierdiensten mit hunderten von Flugzeugen als Flottenmanager und sind im Besitz von zehn Luftverkehrsbetreiberzeugnissen (AOCs) in ganz Europa. In der Pressemitteilung heißt es wörtlich: "Die Parteien sehen vor, dass Luxaviation für Teile des Flugbetriebs, die von Lilium entwickelt werden, verantwortlich sein wird. Dazu gehören die Sicherstellung der notwendigen Genehmigungen und das Management der Piloten. Diese werden nach einem von Lufthansa Aviation Training, einem weiteren Partner von Lilium, entwickelten Type Rating Konzept ausgebildet. Während Lilium seine Markteinführungsnetzwerke für den kommerziellen Start 2024 in Europa entwickelt, wird Luxaviation mit Lilium an der Entwicklung des erstklassigen Kundenerlebnisses arbeiten, das auf der digitalen Airline-Plattform von Lilium und dem 7-sitzigen Lilium-Jet aufbaut."

Es folgen die in Pressemitteilungen geläufigen Zitate, die der aerokurier an dieser Stelle wörtlich wiedergibt. "Wir sind stolz darauf, mit Luxaviation zusammenzuarbeiten, einem vertrauenswürdigen Partner im Luftfahrtsektor mit einer Erfolgsgeschichte in der Bereitstellung eines innovativen und kundenorientierten Services, um das Lilium-Netzwerk in Europa auszubauen. Dies ist ein wichtiger Meilenstein in der Vorbereitung auf die Markteinführung, und wir freuen uns auf die Zusammenarbeit, um unseren Passagieren einen außergewöhnlichen Airline-Service zu bieten", erklärt Remo Gerber, Chief Operating Officer bei Lilium. Patrick Hansen, CEO der Luxaviation-Gruppe, sagte: "Elektrische Senkrechtstarter und -landeflugzeuge [sic!] werden die Art und Weise, wie wir reisen, grundlegend verändern, und das Lilium-Netzwerk ist dafür aufgestellt, an der Spitze dieses Umbruchs in der Luftfahrt zu stehen." Christophe Lapierre, Head of Strategy der Luxaviation-Gruppe, ergänzte: "Wir begrüßen es sehr, dass Lilium uns als Partner für den Flugzeugbetrieb ausgewählt hat. Als frühzeitiger Befürworter fortschrittlicher Luftverkehrsmobilität freuen wir uns darauf, unsere Erfahrungen und Referenzen in die Partnerschaft mit Lilium einzubringen und einen Service zu entwickeln, der sich wie eine wahre Weltneuheit anfühlen wird."

Lilium spricht außerdem von Netzwerken durch Partnerschaften mit den Flughäfen München, Nürnberg, Düsseldorf und Köln/Bonn.

Bis heute hat Lilium allerdings nur einen unbemannten Prototypen in die Luft gebracht. Das Konzept stößt bei vielen Experten auf Skepsis. In der Ausgabe 2/2020 hat der aerokurier eine kritische Analyse zum Lilium Jet veröffentlicht mit dem Ergebnis, dass die versprochenen Leistungswerte mit heutiger Technologie nicht zu erreichen sind. Weitere Medien sind unserer Kritik inhaltlich gefolgt.

Luxaviation sagt Interview kurzfristig ab

Vor diesem Hintergrund hat hat sich die aerokurier-Redaktion mit folgenden Fragen an Patrick Hansen, CEO von Luxaviation, bzw. dessen PR-Agentur gewandt:

  • Lilium behauptet, führend in einer neuen Art von urbaner Luftmobilität zu sein und möchte via SPAC an die Börse gehen. Aber: Einen bemannten Flug eines Lilium-Flugzeugs hat es bisher noch nicht gegeben. Experten bezweifeln, dass das Konzept des elektrisch angetriebenen Lilium-Jets überhaupt realisierbar ist. Der aerokurier berichtete in Ausgabe 2/2020 und online unter https://www.aerokurier.de/elektroflug/lilium-jet-dossier/#topics_detail_section über das Konzept von Lilium und seine Schattenseiten. Andere Medien wie der SPIEGEL stimmten mit unserer Analyse überein. Was ist der Grund für Luxaviation, mit der Lilium GmbH zusammenzuarbeiten?
  • Andere Programme der Konkurrenten von Lilium sind weiter fortgeschritten, einige von ihnen haben ihre Fähigkeiten bereits in öffentlichen Flügen demonstriert. Noch einmal: Warum glaubt Luxaviation so stark an den Erfolg von Lilium?
  • Glauben Sie, dass Lilium im Jahr 2024 den kommerziellen Betrieb mit einem voll zertifizierten VTOL-Jet aufnehmen kann? Wie bereits erwähnt, fliegt noch kein bemannter Prototyp (soweit wir wissen und zumindest nicht in der Öffentlichkeit).
  • Nur für den Fall, dass Lilium nicht erfolgreich sein wird: Fürchtet Luxaviation um seinen Ruf in der Business Aviation?

In der Folge wurde dem aerokurier bereitwillig ein Interview mit Patrick Hansen am Dienstag, 22. Juni um 10 Uhr, angeboten. Wir haben klar kommuniziert, dass es nicht unsere Absicht ist, Luxaviation zu kritisieren, wollten aber der Beweggründe hinter der Kooperation verstehen. Rund 50 Minuten vor dem Termin erfolgte die Absage durch die Luxemburger Agentur Apollo Strategists mit folgenden Worten:

"Leider muss ich Ihnen mitteilen, dass das Interview mit Patrick Hansen abgesagt werden muss. Wir entschuldigen uns für die kurzfristige Absage.

Patrick Hansen und die LuxAviation Group haben volles Vertrauen in die Lilium-Teams und ihre Ingenieure, dass ihr eVTOL ein Erfolg wird und arbeiten mit Lilium zusammen, um die Lilium-Jets zu betreiben, sobald sie flugbereit sind.

Ihre Fragen scheinen sehr skeptisch zu sein, was die technische Machbarkeit dieses speziellen eVTOL-Konzepts angeht. Wir schlagen vor, dass Sie sich zuerst mit Lilium in Verbindung setzen, um die notwendigen technologischen Analysen und Details zu erhalten, um Ihre Bedenken bestmöglich zu berücksichtigen. Da die Verträge mit Luxaviation Vertraulichkeitsklauseln enthalten, sind wir der Meinung, dass Patrick Hansen nicht die geeignete Person ist, um Ihre Fragen zu beantworten."

Eine weitere Anfrage der Redaktion mit allerlei Quellenangaben und Verweisen auf unsere Recherchen sowie auf die Berichte weiterer Medien blieb unbeantwortet.