Landshut am Nachmittag des 11. August 2025. Ein knappes Dutzend junger Klosterschüler der Dominikanerinnen St. Maria an der Isar steht dichtgedrängt auf dem Vorfeld des Flugplatzes Landshut. Ihre Gesichter sind kaum zu erkennen, denn alle halten gebannt ihre Handys vor die Nase: Sie wollen den Start des kleinen Flugzeugs filmen, welches sie in den vergangenen zehn Tagen selbst zusammengebaut haben. Die Stimmung ist erwartungsvoll gespannt, die Meinungen nicht ganz einheitlich. Während die allermeisten vom Erfolg des bevorstehenden Erstfluges überzeugt sind, unkt einer: Da würde ich mich nie reinsetzen!
Was zunächst als fixe Idee auf der AERO 2023 entstand, wird 2025 endlich Realität. Hermann Deubzer, Direktor der Klosterschule, und OUV-Vizepräsident Andreas Kronauer suchten nach einer Möglichkeit, junge Menschen für den Flugzeugbau zu gewinnen. Die Vorgaben sind schnell klar: Ein komplettes Flugzeug zu bauen wäre viel zu teuer und zeitaufwendig. Um dennoch die Begeisterung bei den Jugendlichen zu wecken, entscheidet man sich dafür, ein Ultraleichtflugzeug zu kaufen, um dieses zunächst zu zerlegen und dann mit den Schülern wieder zusammenzubauen.
Das passende Fluggerät
Nach einiger Suche findet sich ein passendes Angebot: ein Skywalker mit wenigen Flugstunden und frischer Jahresnachprüfung. Die Bauweise dieses Dreiachs-ULs der ersten Generation scheint für den Zweck perfekt zu sein. Die Segel der Trag- und Steuerflächen sind einfach zu montieren, alle Baugruppen sind lediglich miteinander verschraubt. Sämtliche Steuerorgane sind offen zugänglich, und auch die Elektrik ist sehr überschaubar. Der 53 PS starke Hirth-Motor mit Schiebervergaser und Riemenuntersetzung eignet sich hervorragend als Anschauungsobjekt. Nach dem Kauf wird das UL abgerüstet und für einen gründlichen Check nach Mengen transportiert.
Neben Hermann Deubzer und Andreas Kronauer besteht die Kursleitung aus Hans-Peter Schneider, dem UL-Spezialisten der OUV, sowie Pressesprecher Carl-Friedrich Schmidt, der über Pushererfahrung verfügt, allerdings noch keine UL-Lizenz hat, aber trotzdem kurzerhand zum Testpiloten ernannt wird; zugleich ist er Autor dieses Textes. Die zunächst fehlende SPL kommt denn auch gerade noch rechtzeitig, um sich mit dem Skywalker ganz legal vertraut zu machen. Das Rohr-Tuch-UL fliegt sich so gutmütig, wie es aussieht: Solange man die Kurven und den Anstellwinkel im Anflug schön flach hält, ist alles bestens. Nur bei Schräglagen über 30 Grad fängt der Skywalker an zu schmieren. Das vollständige Durchziehen des Knüppels bei der Landung quittiert er mit deutlichem Metallabrieb des Schleifsporns auf der Piste.
Ratlosigkeit macht sich breit
Beim Zerlegen des Flugzeugs finden sich nur wenige Auffälligkeiten mit Handlungsbedarf. Lediglich der Gaszug und einige Schläuche werden erneuert sowie neue Reifen bestellt. Nachdem alle Teile sorgfältig bezeichnet und verpackt sind, gehen sie auf die Reise nach Landshut, wo die Schülerinnen und Schüler am nächsten Morgen mit großen Augen in den geöffneten Kofferraum des Transporters schauen. Dabei sind zunächst weder Begeisterung noch Enttäuschung in den Gesichtern auszumachen – lediglich eine gewisse Ratlosigkeit ist unverkennbar. Mit diesem Sammelsurium an Bauteilen, die aussehen, als kämen sie direkt aus der Gartenmöbelabteilung eines Baumarktes, hat wohl kaum jemand unter den Schülern gerechnet. Zitat: "Und das soll in zwei Wochen fliegen?"
Zu allem Überfluss folgt gleich darauf die nächste Ernüchterung, denn alle Baugruppen werden erstmal gemeinsam gereinigt und noch weiter zerlegt. Dabei wird bereits deren Funktion erklärt sowie erste Erfahrungen mit Schraubenschlüssel und Ratsche gemacht. Die meisten Schüler sind darin schon recht versiert, andere brauchen aber doch noch einige Umdrehungen, bis sich die Schraubverbindungen wie gewünscht lösen oder schließen. Freundlicherweise bekommen die Initiatoren zwei komplette Werkstattwagen gesponsert, deren Vollständigkeit am Abend leicht zu überprüfen ist. So kann nichts an Stellen im Flugzeug verschwinden, wo es Schaden anrichten könnte. Diese und andere typische Sorgfaltspflichten im Flugzeugbau werden direkt am Objekt vermittelt. Die Schülerinnen und Schüler lernen in zehn Tagen möglicherweise mehr über praktische Flugzeugtechnik als so mancher Flugschüler während seiner gesamten Ausbildung.
Mit Teamgeist zum Erfolg
Einige Teile werden frisch lackiert oder gar neu angefertigt. Neben Abkantbank, Nietzange und einer provisorischen Lackierbox kommen auch Drehmomentschlüssel, Rödelzange und andere Werkzeuge zum Einsatz. Arbeitsschutz wird selbstverständlich großgeschrieben, und so braucht das Team während der gesamten Aktion kein einziges Pflaster. Schon am Ende der ersten Woche steht der Skywalker wieder auf den eigenen Rädern. Die ersten zufriedenen und stolzen Gesichter im Team zeugen vom Baufortschritt und dem gemeinsamen Lernerfolg. Allmählich kommt Land in Sicht: Der Motor läuft, die ersten kurzen Rollversuche werden unter lautem Geknatter des Zweitakters im klostereigenen Bauhof durchgeführt.
Aus verschiedenen Gründen haben sich OUV und die Schule dagegen entschieden, die Schülerinnen und Schüler im Skywalker mitfliegen zu lassen – nicht ohne ihnen die Gelegenheit zu geben, trotzdem selbst in die Luft zu kommen. So sind dann alle zum Schnupperfliegen eingeladen. Jeder Kursteilnehmer und jede Teilnehmerin bekommen einen Windenstart im Segelflugzeug spendiert.
Ab der zweiten Woche gibt es ergänzend zur Arbeit kurze Einführungen ins Fliegen und in die Flugzeugtechnik. Drehmeier und ICAO-Karte, ein Einblick in die Segelflugausbildung, die Vorstellung eines Bauprojektes der OUV, aber auch Wägung und Schwerpunktberechnung des Skywalkers stehen auf dem Plan.
Erstflug nach ausführlicher Kontrolle
Und der Erstflug? Kommt der Skywalker auch wirklich rechtzeitig in die Luft? Nachdem nicht nur das OUV-Team, sondern auch ein Prüfer das UL nach dem Aufrüsten am Flugplatz abermals sorgfältig durchleuchtet haben, verläuft alles wie am Schnürchen. Lediglich ein Wackelkontakt am Antennenkabel verzögert den Start um wenige Minuten.
Der frisch überholte Skywalker will endlich in den blau-weißen bayerischen Himmel steigen: Schon der erste Highspeed-Rollversuch gerät durch eine unerwartete Windböe zur ersten Platzrunde. Nach der Landung wird der Flieger mit Applaus der Flugzeugschrauber empfangen. Das Ziel, den jungen Menschen etwas von der Faszination des Flugzeugselbstbaus zu vermitteln, ist erreicht. In kurzer Zeit haben sich handwerkliche Fertigkeiten und Teamgeist entwickelt. Das Beste: Die nächste Schule hat schon Interesse an dem Projekt bekundet.





