Mit einem "Flupp" springt die Flamme vom Feuerzeug zur Düse des Lötbrenners über. Mirko Mocci regelt Gas und Sauerstoff nach und nimmt die in der Spannvorrichtung sicher positionierten Messingrohre ins Visier. Mit geschickten Bewegungen führt er die Flamme an die Stöße, gibt mit der linken Hand Lot hinzu und prüft die Verbindungsstellen in kurzen Abständen. "Sieht gut aus", sagt er, dreht den Brenner zu und legt den fertig gelöteten Messkopf beiseite. Serienfertigung im Manufakturstil, so ließe sich die Arbeit in der kleinen Werkstatt in Berlin-Weißensee am ehesten beschreiben. Was dabei erstaunt, ist die Fertigungstiefe. Eingekauft wird lediglich das Rohmaterial, also CFK- und Aluminiumrohre als Halbzeuge, Dichtringe, Kabel und andere Grundstoffe. Die Messköpfe werden von Hand zusammengelötet, alle dafür benötigten Teile selbst gedreht oder gefräst. "Klassische Feinmechanik", sagt Mirko Mocci und muss lachen angesichts der Tatsache, dass er als Chef so ziemlich alle Arbeiten selbst macht.
Mocci, gelernter Leichtflugzeugbauer, ist seit August 2019 der Mann hinter esa systems. Die Geschichte der Firma beginnt aber bereits drei Jahrzehnte früher, als Erwin Salzinger anfängt, sich mit der Verbesserung von Messsonden für die Allgemeine Luftfahrt auseinanderzusetzen. Im Laufe der Zeit entstehen durch Versuche aus simplen Rohren zur Abnahme von statischem und Gesamtdruck hochpräzise Messsonden sowie in Zusammenarbeit mit Herstellern von Segel-, UL- und Motorflugzeugen komplette Systemlösungen für das Statik- und Pitotsystem. 2015 legt Salzinger die Leitung der Firma in die Hände seines Sohnes Kai, der die Konstruktionen seines Vaters weiter verfeinert.

"Willst du die Firma übernehmen?"
Ein jähes Ende findet diese Phase, als Kai Salzinger bei einem Segelflug am 2. Juli 2019 tödlich verunglückt. "Ich kannte Kai und seinen Vater durch das Segelfliegen, und kurz nach dem Unglück bat mich Erwin, ihm beim Bergen von Kais Flugzeug aus dem Acker zu helfen. Einige Zeit später hat Erwin mich dann gefragt, ob ich mir vorstellen könne, die Firma weiterzuführen."
Worauf sich Mocci dabei einlässt, überblickt er zu diesem Zeitpunkt nicht wirklich, wie er selbst zugibt. "Mir war natürlich klar, dass esa systems die Sondenschmiede schlechthin ist. Aber mehr, als bei der Reparatur eines Bruchs einen Einbauadapter in ein Leitwerk einzukleben, hatte ich bis dato mit dem Thema auch nicht zu tun." Mocci geht auf das Angebot ein, sich einfach alles anzuschauen, mit den damaligen Mitarbeitern zu sprechen und dann eine Entscheidung zu treffen. Und die fällt positiv aus. Schon im August 2019 übernimmt er die Firma esa systems und die zwei damaligen Mitarbeiter. Inzwischen besteht das Team aus dem Chef, zwei Werkstudenten und einer Teilzeitkraft. "Was uns fehlt, ist ein ausgebildeter CNC-Zerspaner, der bei uns sofort in Teilzeit in die Fertigung einsteigen könnte."
Die wohl wichtigste Aufgabe für den neuen Geschäftsführer war der Besuch der Hersteller, die esa systems mit Sonden beliefert. DG, Schempp-Hirth, Schleicher – überall stellt sich Mocci vor und bekräftigt sein Interesse, an bestehenden Partnerschaften festzuhalten. "Der Name Salzinger war so fest mit esa verbunden, dass auch heute noch Leute hier anrufen und Kai sprechen wollen. Das wird wohl noch eine Weile so gehen."

Optimierungen im Detail
Was das Portfolio an Produkten angeht, ist esa systems seit Jahren gut aufgestellt. Kai Salzinger und sein Vater haben viel entwickelt und zahlreiche Sondentypen zur Serienreife gebracht, erklärt Mocci mit Blick auf die vielen fertigen Stücke, die zur Auslieferung bereitliegen. Dennoch geriet die Übernahme nicht zum sprichwörtlichen Sprung ins gemachte Nest. "Manche konstruktive Eigenheiten der Sonden sorgten immer wieder für Probleme, die die Kunden zu Recht reklamierten. Unser Augenmerk lag demnach zunächst weniger auf der Neuentwicklung als vielmehr auf Verfeinerung der angebotenen Artikel, um den After-Sales-Service auf das notwendige Maß herunterfahren und sich mehr auf Produktion und Verkauf konzentrieren zu können." Die vielleicht wichtigste Neuerung, die Mocci bei esa einführt: Die O-Ringe zur Abdichtung der Verbindung zwischen Sonde und Aufnahme wandern aus dem Rohr im Leitwerk ans Endstück der Sonde. So können beschädigte Ringe einfach ausgewechselt werden. Außerdem werden die Einbauadapter fürs Leitwerk immer filigraner und passen sich damit den schlanken Rohren auch optisch an.

Neuerungen gibt es auch in der Fertigung. Die teils noch fremdvergebenen Metallbauleistungen holt esa zurück ins eigene Haus. "Kleinserien sind im Turbokapitalismus nicht gewinnbringend. Lässt man die Teile extern herstellen, ist das viel zu teuer", erklärt Mocci. Lediglich bei Spezialarbeiten wie Fünfach-Fräsbearbeitung und beim Eloxieren greift man heute auf die Kompetenz von Partnern zurück. Dank neuer Vorrichtungen wird die Metallfertigung präziser – eine der Messgenauigkeit geschuldete Notwendigkeit im Sondenbau.
Dass Mocci mit seiner Vision für esa systems richtig liegt, zeigen Aufträge spezieller Kunden wie beispielsweise Volocopter DLR. Das Bruchsaler Flugtaxi-Unternehmen brauchte ein passendes Pitotrohr für seinen Multikopter, die Forschungseinrichtung hingegen eine Siebenloch-Sonde für Messflugzeuge. "Da ist schon eine Menge Hirnschmalz reingeflossen", sagt der Firmeninhaber nicht ohne Stolz und legt nach, dass man auch in weiteren Geschäftsfeldern wie unbemannte Fluggeräte und Militäranwendungen aktiv sei.

Neue Avionik-Hardware
Pünktlich zum jüngsten Segelfliegertag in Koblenz hat esa systems noch ein Projekt vorgestellt, das mit Sonden nur insofern etwas zu tun hat, als sie Messwerte liefern, um es zu füttern. Auf Basis des neuesten Raspberry-Pi-Moduls haben Mocci und sein Mitstreiter Markus ein Ausgabegerät für die Navigationssoftware XCSoar entwickelt, die den bisherigen Einbaulösungen in Bezug auf die Rechenleistung deutlich überlegen sein soll. "Die Entwicklung von XCSoar ist ein wenig ins Stocken geraten, was auch auf die Hardware zurückzuführen sein dürfte", konstatiert Mocci. "Vielleicht motiviert die neue Plattform die Programmierer aus der Segelflugszene, sich hier wieder mehr zu engagieren."
Angesichts der vielen Projekte, die bei esa systems auf der Agenda stehen, geht in Moccis Werkstatt in der Nähe des Flugplatzes Lüsse nur noch ein- bis zweimal in der Woche das Licht an. So ganz lassen kann er den Flugzeugbau nicht, repariert hin und wieder einen Bruch oder werkelt an den eigenen Flugzeugen, einer ASW 15 und einer 19-Meter-Kestrel. "Ich bin und bleibe Segelflieger. Und wenn neben Job und Familie mit zwei Kindern noch Zeit ist, dann gehe ich am liebsten in die Luft."