Sie knarrt, sie zwickt im Rücken, und sie ist eine Legende: die ASK 13. Auf dieser Konstruktion von Rudolf Kaiser, die ihren Erstflug im Juli 1966 hatte, haben Generationen von Segelfliegern das Fliegen erlernt. Rauf, runter, Platzrunde um Platzrunde – in diesem Metier ist sie in der Wahrnehmung der meisten Piloten zu Hause und versieht heute noch vielerorts genau diesen Dienst. Aber Streckenflug
mit der 13? Das erscheint vielen jungen Segelfliegern doch beinahe absurd. Klar, eine Gleitzahl von 27 ist weit weg von dem, was moderne Hochleistungsflugzeuge bieten. Umso mehr wird manchen überraschen, dass man mit diesem Kastendrachen aus Stahlrohr, Holz und Bespannstoff auch richtig weit fliegen kann. 500 Kilometer zum Beispiel. Aber nicht etwa im Flachland, sondern im Hochgebirge. Markus und Georg Lenz haben es von Saint-Crépin aus gewagt und bewiesen, dass die "old lady" noch längst nicht zum Alteisen, Pardon, zum "Altgemisch", gehört.
Darauf haben wir fliegen gelernt, und damit fliegen wir immer noch gerne, besonders in den Alpen
Kultflieger im Verein
Die ASK 13 ist in ihrem Verein, dem SFV Vulkaneifel am Flugplatz Daun-Senheld, längst Kult. "Darauf haben wir fliegen gelernt, und damit fliegen wir immer noch gerne, besonders in den Alpen", erzählen Markus und Georg im Gespräch mit dem aerokurier. Schon 2020 haben sie mit einem 400-Kilometer-Flug ein kleines bisschen ausprobiert, die Leistungsgrenzen des Oldtimers auszuloten. Und beim jährlich stattfindenden ASK-13-Wettbewerb in Saint-Crépin, bei dem sie seit rund zehn Jahren dabei sind, haben sie Schritt für Schritt gelernt, was mit dem alten Doppelsitzer tatsächlich möglich ist. Irgendwann stand die Frage im Raum: Wie weit kann man mit ihr wirklich kommen?

Das Starterfeld beim ASK-13-Wettbewerb in Saint-Crépin ist traditionell bunt.
Ein Tag mit Chancen und Tücken
Ende August steht ein Tag mit gutem Wetter bevor. Morgens wirft das Team einen Blick auf die Wettervorhersage und legt grob die Streckenführung fest. Der Plan ist, um zwölf Uhr an die Winde zu gehen. Wer auf der ASK 13 Strecke machen will, kann das auch ohne F-Schlepp. Nur wenige Minuten nach zwölf geht es tatsächlich in die Luft, ein echter Frühstart für diese Region. Das sorgt für gute Laune im Cockpit. Am Prachaval, dem Hausberg von Saint-Crépin, brummt die Thermik erwartungsgemäß, hier geht’s bis auf 2100 Meter hoch, dann ist an der Inversion erstmal Endstation. Diese mittägliche Barriere ist in der Gegend so zuverlässig wie der Glockenschlag um zwölf Uhr im Dorf, und normalerweise springt man einfach zum Tête du Peyron, um sie zu durchstoßen. Blöd nur, dass der knapp zehn Kilometer nördlich gelegene Berg an diesem Tag nicht das tut, was die ASK-Crew von ihm erwartet. "Also blieb nichts anderes übrig, als wieder durchs Tal zurückzukriechen." Zweiter Versuch am Prachaval. Diesmal geht es immerhin auf 2600 Meter, und endlich ist der Weg nach Norden geebnet. Doch die Uhr tickt gnadenlos, fast 13 Uhr ist es, als die ASK 13 wirklich loskommt. Der Traum vom frühen Startvorteil – direkt in die Tonne geworfen.

Gestartet wird in Saint-Crépin auch im Wettbewerb an der Winde.
Die niedrige Basis setzt Grenzen
Bis ins Maurienne läuft es dann erstaunlich problemlos. Aber die niedrige Basis setzt Grenzen, also machen die beiden Piloten auf dem Hacken kehrt und fliegen zurück Richtung Süden. Erneut ist die Basis ein Thema, die schnellen Strecken durch die Écrins sind komplett zugehangen. Plan B führt die beiden Segelflieger und ihre ASK viel weiter östlich über Rochebrune und Siguret. Die Entscheidung erweist sich als goldrichtig, denn plötzlich finden sie die notwendigen Aufwinde. Einen Krimi-Moment im Barcelonnette-Tal, wo die beiden zunächst reichlich tief nach unten geraten, beendet Georg mit dem unerwarteten Auffinden des ersehnten Barts, der ausreichend Höhe für den Rutsch zum Parcours spendiert, der unter engagierten Frankreichfliegern beliebten Rennstrecke. Die Aufwinde tragen die beiden souverän bis zum Lac de Sainte-Croix. Hier ist die Konvergenz so stabil, dass die ASK 13 mühelos Kilometer fressen kann

Über Berggipfel im Rohr-Tuch-Gerät - ein ganz besonderes Erlebnis.
"Bei toller Aussicht, quasi ohne Höhenverlust die Strecke zu verlängern, und das mit einer ASK 13, das war klar das Highlight des Fluges. Einfach super!" Bis an die Luftraumgrenze des Flugplatzes Le Luc schieben Markus und Georg ihre "old lady" und machen dort kehrt, zurück Richtung Startplatz. Auf bekannter Spur geht es nach Norden, doch langsam lässt die Thermik nach. Nördlich von Briançon findet sich noch ein Hammerbart, aber am Tête d’Amont ist plötzlich der Ofen aus. Die geplante Route über die Écrins klemmen sich die beiden, Stattdessen müssen die Brüder über den Tête de Fouran ausfliegen.

Mit der 13 durchs Gebirge - beim Wettbewerb in Saint-Crépin ist das Standard.
530 Kilometer und doch Luft nach oben
Am Tête de Clotinaille kommt der Moment der Wahrheit. Im Nachgang betrachtet ist das die Schlüsselstelle. Der Bart, den die beiden Piloten hier zu finden hoffen, existiert schlicht nicht. Also die große Frage: Trotzdem weiter, mit dem Risiko der Außenlandung oder doch lieber auf Nummer sicher im Gleitbereich nach Hause? An diesem Tag entscheiden sich die beiden für die sichere Nummer. Der Kurs geht gen Heimat, aber ein "Mini-Jo-Jo" zwischen dem Col de Vars bis kurz vor den Glacier Blanc ist noch drin. Und damit stellen sie die Weichen. Statt die lange Tageslichtspanne voll auszunutzen, probieren sie, mit dem Hin und Her noch Kilometer zu machen, doch in der Abendthermik sind die Schenkel rasch aufgebraucht. "Im Nachhinein betrachtet, haben wir uns damit wohl die Möglichkeit auf 600 Kilometer verbaut", resümieren die beiden. Selbstkritik auf hohem Niveau, denn ihr 500er mit der alten Dame machen sie entspannt voll. Am Ende stehen rund 530 Kilometer auf der Uhr, doch die Brüder sind sich einig, dass da noch mehr geht. "Wir hatten den Eindruck, dass wir uns den ganzen Tag ganz gut durchgemogelt haben, aber wirkliche Hammerbärte waren eben nicht zu kurbeln. An einem besseren Tag, vor allem mit höherer Basis, ist noch einiges mehr drin."

Die alte Lady kann mehr, als ihr gemeinhin zugetraut wird.
Rücken, Hintern und Gutmütigkeit
Nach sieben Stunden weiß man, was eine ASK 13 bedeutet: Rückenschmerzen. Und: "Den Hintern spürt man am meisten", sagen die Brüder lachend. Das ist ein Fakt, der mehr Beachtung verdient als nur ein Schmunzeln. Denn irgendwann beeinflussen diese körperlichen Beschwerden auch die Entscheidungen. Unbenommen davon sind die Brüder im Cockpit ein eingespieltes Team: abwechselnd fliegen, mal spontan nach Bedürfnis, mal, weil einer gerade die bessere Idee hat oder ein besseres Händchen für den nächsten Bart. Größere Entscheidungen wie am Clotinaille werden gemeinsam getroffen. "Vier Augen sehen mehr als zwei, zwei Hirne denken wahrscheinlich besser als eins", sind sich die beiden einig.
Den Hintern spürt man am meisten
Und zu denken gibt es bei solch einem Flug wahrlich genug. Im Vergleich zu modernen Seglern verlangt die ASK 13 eine spezielle taktische Denkweise. Manch schwachen Bart nimmt man mit, um einen Pass zu queren oder an einem Berg in ausreichender Höhe anzukommen. Manche Talquerungen sind schlicht nicht sinnvoll, weil man sich auf der anderen Seite aus dem Keller ausgraben müsste. Doch die alte Dame hat ihre Stärken: In enger schwacher Thermik steigt sie besser, und im Gelände ist sie wendiger. "An langen Gebirgszügen wie dem Parcours holt man einiges raus, wenn man das beste Band mit 120 km/h durchfetzen kann." Mit dem Index 79 gibt es dazu noch viele Punkte.

Die Lenz-Brüder haben mit einem Oldie genauso viel Spaß wie mit modernen Segelflugzeugen.
Am Ende bleibt die Erkenntnis, dass auch ein Oldtimer wie die ASK 13 zu einem beeindruckenden Begleiter für echte Abenteuer werden kann. Und mit einem Augenzwinkern bemerken die Brüder Lenz: "Gemütlich sitzt man in der ASK 13 nicht. Aber sie hat gezeigt, dass sie mehr kann, als man ihr zutraut."





