Oh je! Wie fast jedes Jahr zur Nikolausfeier in Hangelar, war es auch diesmal verregnet. Das gehört anscheinend zur Tradition. Aber komischerweise ist das den Kindern wohl egal. Ihre Augen leuchten immer über das trübe Wetter hinweg, wenn auf dem Flugplatz am Rande von Bonn einmal im Jahr die ganz Kleinen im Mittelpunkt stehen.
Unterstützung von der Flugplatzgesellschaft
Im Sommer war mein erstes eigenes Fly-in hier auf meinem Heimatplatz – zu Gast waren Grumman-Piloten aus ganz Europa. Bei dieser Gelegenheit habe ich um Spenden gebeten, da ich alles aus eigener Tasche finanziert hatte. Sollte noch etwas Geld übrig bleiben, hatte ich versprochen, davon Rundflüge für benachteiligte Kinder zu organisieren. Zuerst sah es nicht danach aus, dass viel dabei rumkommt, denn wegen Corona haben einige Geldgeber ihre Versprechen leider zurück gezogen. Dann aber hat die Flugplatzgesellschaft Hangelar von meiner Absicht erfahren und nochmal tief in die Tasche gegriffen und somit den Weg frei gemacht, um eine tolle Aktion ins Leben zu rufen.
Auf der Jahreshauptversammlung der Fliegergemeinschaft Hangelar (FGH) – ein Zusammenschluss von Vereinen und Piloten – vor zwei Monaten wurde klar, dass dieses Jahr alles anders ist. Das gewohnte Spektakel zum Jahresende auf dem traditionsreichen Flugplatz muss wegen Corona ausfallen. Aber Hangelar ohne Weihnachtsfeier? Ohne den fliegenden Nikolaus, der jedes Jahr einer immer größeren Kinderschar seine Geschenke überreicht? Nach der Versammlung setzte ich mich mit Flugbetriebsleiter Jürgen Unterberg zusammen. Gemeinsam besprachen wir eine ganz individuelle Nikolausaktion, abgespeckt, aber keineswegs bedeutungsärmer.
Rundflüge verschenken? Gar nicht so einfach.
In den darauf folgenden Wochen versuchte ich verzweifelt, das Geschenk in Form von Rundflügen in meiner Grumman AA-5 Traveler an die Kinder in speziellen Vereinen an den Mann zu bekommen. Aber das erwies sich als gar nicht so einfach. Vielleicht wegen Corona oder sonstiger Sorgen bekam ich eine Absage nach der anderen. Wer mich kennt, weiß aber, dass ich nicht so einfach aufgebe. Denn dass die Kinder so eine Chance verpassen sollen, nur weil die Erwachsenen nicht aus den Pötten kommen, war für mich nicht zu akzeptieren.
Endlich wurde ich fündig – sogar gleich doppelt. Der "Verein Jugendturnen Regionalliga Inklusion" und die UNESCO-Projektschule in Koblenz waren dankbare Adressaten für mein Anliegen. In einer groß organisierten Verlosung zogen wir aus etlichen Bewerbern vier Kandidaten für den Nikolaustag. Obwohl bei all den Einsendungen ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Jungen und Mädchen war, wurde am Ende nur ein Mädchen gezogen. "Wenigstens eins", dachte ich. Alle Gewinner wurden informiert und die Nichtgezogenen getröstet.
Dann bekam ich eine Mail von einem geknickten Vater eines der Gewinnerkinder. Er hatte, ohne die Mutter zu fragen, begeistert an der Verlosung teilgenommen und sich unglaublich gefreut, als sein kleiner Sohn tatsächlich gezogen wurde. Bestimmt auch deshalb so begeistert, weil er als Begleiter ja hätte mitfliegen dürfen. Jedenfalls musste er absagen. Ich musste trotzdem innerlich schmunzeln, weil ich mir sehr gut vorstellen kann, wenn ich mir vorstelle, zu welch einem Donnerwetter eine verängstigte Mutter in der Lage ist (der Arme). Dafür rückte jetzt ein Mädchen nach, also zumindest aus Gendersicht war somit alles wieder im Lot.

Dieses Leuchten in den Augen der Kinder
Endlich war Nikolaustag, und der Wettergott hatte zumindest so viel Erbarmen, dass es am 6. Dezember 2020 für Platzrunden reichte. Und dann kamen sie, die ganz besonderen Kinder. Aufgeregt waren sie alle, manche ganz hippelig in ihren winzigen Rollstühlen. Roland quietschte vor Begeisterung, als er das Flugzeug sah. Emily stahlte über das ganze Gesicht, dass sogar ihre Mama gerührt war. Vielleicht hatte sie ein bisschen Angst davor, ihre Tochter ins Flugzeug zu heben. Wir brauchten drei Erwachsene und fast zehn Minuten, um das Kind mit der spastischen Zerebralparese behutsam in das Flugzeug zu setzten. Das bewundernswerte an diesen Menschen ist, dass sie Kummer gewohnt sind, von denen wir keine Vorstellungen haben. Die Aussicht auf das kurze Vergnügen eines Rundfluges, während dem sie nicht schlechter gestellt sind als gesunde Kinder, macht aus den erst zappeligen Kindern geduldige kleine Engel.
Es war überhaupt nicht schlimm, dass wir nicht um den Kölner Kirchturm gekreist sind. Das Siebengebirge, wie es aus den Nebelschwaden lugte, verzauberte die kleinen Copiloten mindestens genauso. Außerdem muss man ja nicht am Ende einer Platzrunde unbedingt landen, man kann ja einfach durchstarten und es ordentlich im Bauch kitzeln lassen. So ein schönes Geräusch im Headset: das Lachen der Kinder.
Geschenke als Erinnerung
Nach den Flügen bekam jedes Kind noch einen prall gefüllten Nikolausstrumpf mit Spielzeug, Hörbüchern, Schokoweihnachtsmännern und auch zwei aerokurier-Ausgaben (Ausgabe 10/2020: Bericht über das Fly-in mit der Spendensammlung und Ausgabe 11/2020: Bericht über mein Flugzeug D-EEHA). Als Erinnerung bekam jedes Kind ein Flugticket mit Bild.
Danke, danke, danke liebe FGH, dass ihr diese Aktion möglich gemacht habt und ich diese Kinder beschenken durfte. Danke Steffi und Eileen von der Regionalliga Inklusion für die tolle und intensive Zusammenarbeit in den letzten beiden Wochen. Bei Euch merkt man, wie ihr für diese Kinder brennt. Es war mir eine Freude!