Den Auftakt dieser Geschichte könnte man durchaus als standesgemäß bezeichen: Die Landung zweier Tiefdecker vom Typ Junkers F-13 am 10. Mai 1925 auf dem neuen Flughafen am Roten Berg markierte Erfurts Start ins Luftfahrt-Zeitalter. Der Landeplatz verfügte über eine Flugbetriebsfläche von 730 mal 430 Metern – seinerzeit war es üblich, anstatt fester Pisten eine große Grasfläche zu nutzen und immer direkt gegen den Wind zu starten. Seinen Höhepunkt erreichte der Flugverkehr am Roten Berg 1928. Damals gab es 14 Starts und Landungen pro Tag, die alle von der Deutschen Luft Hansa, einem Vorgängerunternehmen der heutigen Lufthansa, durchgeführt wurden. Sie verbanden Erfurt unter anderem mit Berlin, Zürich, Frankfurt, München, Dresden, Hannover und Essen.

Die Landung zweier Junkers F 13 läutete in Erfurt das Luftfahrtzeitalter ein.
Flugplatz und Fliegerhorst
Mit Inbetriebnahme des Fliegerhorstes Erfurt-Bindersleben im Jahr 1935 galt für den Platz am Roten Berg der Name Flughafen Erfurt-Nord. Kurz vor Ausbruch des Zweiten Weltkriegs wurde der zivile Luftverkehr im August 1939 eingestellt. Im Oktober übernahm schließlich die Luftwaffe den Flughafen Erfurt-Nord. Hier schulten Wehrmachtsangehörige und Flugschüler des Nationalsozialistischen Fliegerkorps NSFK, im Nordteil des Platzes war eine Luftwaffen-Nachrichteneinheit stationiert. Zudem nutzten das Reparaturwerk Erfurt, später Mitteldeutsche Metallwerke Erfurt, und die Motorenfabrik Otto Schwade und & Co. den Platz während des Krieges für Werkstattflüge. Nach Kriegsende lag der Platz vorerst brach, ab 1956 wurde er von der Gesellschaft für Sport und Technik, der paramilitärischen Sportorganisation der DDR, für den Flugbetrieb, insbesondere Segelflug im Windenstart, genutzt. Mit dem Umzug der Sportflieger nach Alkersleben endete der Betrieb am Roten Berg 1974. Heute befindet sich auf dem Areal das gleichnamige Wohngebiet.
Während des Krieges indes erlebte der Fliegerhorst Bindersleben einen enormen Aufschwung. Stationiert waren hier unter anderem das KG 4 mit Heinkel He 111, das NJG 5 mit Messerschmitt Bf 110, das JG 300 mit Focke-Wulf Fw 190 sowie am Ende das JG 3 mit Messerschmitt Bf 109. Wie so viele Flugplätze wurde Erfurt-Bindersleben nach dem Krieg von den Alliierten übernommen, bis 1957 flogen hier Einheiten der Roten Armee.
Zivilbetrieb ab 1957
Ab Mitte 1957 kehrte die Zivilluftfahrt nach Bindersleben zurück, zunächst durch Testflüge der Deutschen Lufthansa der DDR, später durch den Linienflugbetrieb der DDR-Staatsairline Interflug. Regelmäßige Verbindungen gab es zunächst nach Berlin-Schönefeld, Dresden, Heringsdorf und Barth. Zeitweilig wurde auch der alte Flughafen von Karl-Marx-Stadt angeflogen, hier kam ausschließlich die Antonow An-2 zum Einsatz.

Die Lufthansa der DDR eröffnete den Zivilflugbetrieb nach dem Krieg.
Die Inlandsflüge wurden jedoch schrittweise und am 10. April 1980 nach einer Ölkrise in der DDR endgültig eingestellt. Die Interflug bediente anschließend nur noch regelmäßig die Ziele Budapest, Warna, Burgas und Tatry (Poprad). Zeitweilig versuchte sich die sowjetische Aeroflot an Strecken nach Moskau und Leningrad. Diese wurden jedoch nach einigen Wochen wegen Unrentabilität eingestellt. Erst nach der deutschen Wiedervereinigung wurde am 3. Oktober 1990 der Linienverkehr, zunächst nach Berlin-Tempelhof und Frankfurt am Main wiederaufgenommen.

Zu Interflugzeiten dominierten sowjetische Flugzeugmuster den Betrieb in Erfurt-Bindersleben.
Mit der Grundsteinlegung für Verwaltungsgebäude und Werft der Agrarflugstaffel und einer damit verbundenen Stationierung von Agrarflugzeugen und Hubschraubern in Erfurt im Oktober 1975 konnte eine Nutzung des Flughafens auch für den landwirtschaftlichen Bereich initiiert werden.
Privatisierung und Ausbau in den 90ern
Im September 1990 wurde der Flughafen Erfurt in eine GmbH umgewandelt. Heute besitzt der Freistaat Thüringen 95 Prozent und die Stadt Erfurt fünf Prozent der Anteile. In den 90er Jahren wurden viele bauliche Veränderungen vorgenommen. Am 8. Dezember 1995 wurde der neue Tower in Betrieb genommen, am 12. Mai 1996 das neue Terminal B eingeweiht. Seit 1998 ist der Flughafen durch eine Autobahnanbindung über die A71 sehr gut an das Autobahnnetz angebunden.
Mithilfe des neu installierten Instrumentenladesystems konnten je nach Windstärke und Windrichtung die Anflüge über die Stadt um ca. 20 Prozent reduziert werden. Die Verlängerung der Start- und Landebahn auf 2600 Meter wurde im Juni 1999 freigegeben und ermöglichte weiteren Flugzeugtypen sichere Starts und Landungen. Im März 2001 konnte der Allwetterflugbetrieb in der Landerichtung aus Ost wird mit der Betriebsstufe CAT IIIb realisiert werden. Die Inbetriebnahme der Betriebsstufe CAT II und IIIb für die Landerichtung West erfolgte im März und September des gleichen Jahres.
Im Mai 2000 wurde der 24-stündige Flugbetrieb am Flughafen Erfurt aufgenommen, zwei Jahre späte entstand ein Wartungshangar mit einer Grundfläche von 65 x 75 Meter. Im gleichen Jahr des Hangarbaus zeichnete die Pilotenvereinigung Cockpit den Erfurter Airport mit dem Titel "Airport of the Year" aus. Damit sollten u. a. die weitere Verbesserung der Sicherheitseinrichtungen und speziell die Erweiterung der Rollwege und das neue Instrumentenanflugsystem gewürdigt werden. Mit Beginn des Allwetterflugbetriebes wurde auch in die Rollwege ein modernes Rollleitsystem installiert. Dieses Befeuerungssystem leitet die Flugzeuge zu ihren Parkpositionen bzw. zur Startposition, integrierte Induktionsschleifen überwachen dies permanent, auch bei Dunkelheit und Nebel.
Seit Juni 2005 ist der Flughafen durch die Fertigstellung einer neuen Stadtbahntrasse schneller und komfortabler mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbar – was Erfurt-Bindersleben auch für Privatpiloten, die die Landeshauptstadt Thüringens mit dem Flugzeug besuchen wollen, überaus attraktiv macht. Nur gut 20 Minuten dauert es mit der Tram ins Stadtzentrum. In unserer Reisereportage über Thüringen haben wir das selbst ausprobiert und Erfurt mit der Grob 109 besucht.

Der Anflug nach Erfurt-Bindersleben ist auch für Kleinflugzeuge problemlos. Handling ist nicht erforderlich, die Gebühren sind Fair und direkt vom Terminal aus fährt die Straßenbahn in 20 Minuten ins Stadtzentrum.
Vom Papst bis zum US-Präsidenten
Besondere Fluggäste gab es zum Beispiel 2009 mit dem amerikanischen Präsidenten Barack Obama, und 2011 mit Papst Benedikt XVI. Auch internationale Wirtschaftsgipfel und politische Treffen, Veranstaltungen auf der Erfurter Messe und weitere kulturelle Veranstaltungen brachten mit Regierungsoberhäuptern, Mitgliedern Europäischer Königshäuser, Sportlern, Musikern und anderen Künstlern weitere Aufmerksamkeit.

Die Air Force One brachte US-Präsident Barack Obama nach Erfurt.

Auch Papst Benedikt XVI. landete in Bindersleben.
Der Flughafen der Landeshauptstadt wurde im März 2011 in "Flughafen Erfurt-Weimar" umbenannt.
Seit 1999 bot Air Berlin im Direktflug und über die Drehkreuze Nürnberg und Palma de Mallorca viele Ziele rund ums Mittelmeer an und die Passagierzahlen entwickelten sich sehr gut, der Rückzug der Airline aus Erfurt 2011 und später die Insolvenz 2017 führten zu einem starken Passagierrückgang.
Zum Sommer 2013 hatte die Fluggesellschaft Germania wieder fest ein Flugzeug vom Typ Boeing 737-700 in Erfurt stationiert, was die Anzahl der wöchentlichen Flüge weitaus vergrößerte. Germania bediente bis zu ihrer Insolvenz im Winter 2019 verschiedene Routen zu europäischen Flughäfen, in die Türkei und nach Ägypten.
Probleme und Chancen in der Pandemie
Die weltweite COVID-19-Pandemie traf auch den Flughafen Erfurt-Weimar hart. Während zu Beginn des Jahres 2020 die Passagierzahlen noch stagnierten, entwickelten sie sich in den Folgemonaten drastisch zurück. Lieferungen im Rahmen der Luftbrücke der Bundesregierung mit mehreren Tonnen Schutzausrüstung machten den Erfurter Airport zu einem wichtigen Partner für die Anlieferung von Mundschutz-Masken und Corona-Tests für das gesamte Bundesgebiet.

Während der Corona-Pandemie diente Erfurt als Drehkreuz für Versorgungsflüge.
Von April 2020 bis August 2021 stellte der Flughafen Parkflächen für fabrikneue Airbus-Flugzeuge, die aufgrund der Pandemie nicht ausgeliefert werden konnten, zur Verfügung.
Die stückweise Aufhebung der Reisebeschränkungen bedeutete wieder regelmäßigen Charterflugverkehr. Der Bedarf nach Flugreisen entwickelte sich stark, und auch die Passagierzahlen gingen langsam wieder nach oben. Gespräche mit Airlines und Reiseveranstaltern führten zu einer breiten Basis an Airlines, die die gefragtesten Ziele ab Erfurt-Weimar anbieten. Zusätzlich wächst die Anzahl der Reiseveranstalter, die Reisen zu besonderen Zielen an ausgewählten Terminen anbieten. Das schlägt sich in den aktuellen Passagierzahlen nieder, die sich kontinuierlich nach oben entwickeln.
Fracht im Nachtverkehr
Der Airport in Erfurt ist aufgrund der Möglichkeit, auch nachts Flüge abzufertigen, attraktiv für Airlines, ihre Flugketten im Fracht- und Passagierbereich zu verlängern. Auch die Funktion als Alternate Airport kann damit 24/7 gewährleistet werden. FedEx nutzt die gute Anbindung des Airports an die A71 und betreibt hier ein Road-Hub. Die Nutzung des Flughafens für Trainings- und Übungsflüge ist ebenfalls von wichtiger Bedeutung. Auch im Bereich Business Aviation ist Thüringens internationaler Verkehrsflughafen attraktiv. Zahlreiche An- und Abflüge im Ambulanzsektor, für den Wartungsbetrieb des am Flughafen tätigen Flugzeugwartungsunternehmens Hangar 901 Aircraft Maintenance GmbH und schließlich der Polizeihubschrauberstaffel Thüringen zeigen, dass der Erfurter Airport auch außerhalb der touristischen Flüge wichtige Infrastrukturelle Aufgaben abbildet.

Mitunter ist auf dem Vorfeld reichlich Betrieb.
Susanne Hermann, Geschäftsführerin der Flughafen Erfurt GmbH, zeigt sich stolz: "Spannende Geschichte und Geschichten gibt es zum Jubiläum des Luftverkehrs in Erfurt zu entdecken. Der Flughafen Erfurt-Weimar hat sich zu einem modernen, attraktiven Standort entwickelt, der sich als Infrastruktur des Freistaates Thüringen behaupten kann und für die Gesellschaft, die Wirtschaft, für Airlines, Reiseveranstalter, Kunden und Passagiere einen verlässlichen Partner darstellt." Man werde, so führt Susanne Hermann weiter aus, alles daransetzen, die Entwicklung des Erfurt-Weimar Airport voranzutreiben.