Praxis Tipp Vorflugkontrolle Intro
Im Flughandbuch hat der Hersteller des Flugzeugs festgelegt, welche Kontrollen vor jedem Flug vorzunehmen sind. Aber auch darüber hinaus gibt es sinnvolle Maßnahmen, die nicht in den Hersteller-Checklisten zu finden sind. Schon oft wurden Bugradgabeln vergessen, wodurch teure Schäden an Propeller und Motor entstanden. Die Versicherung wird in diesem Fall grobe Fahrlässigkeit annehmen und kann so von der Leistung freigestellt sein.
Ähnlich verhält es sich mit Treibstoffmangel. Die finanziellen Folgen einer Notlandung wegen Treibstoffmangels treffen immer den verantwortlichen Piloten.
Die äußere Sichtprüfung
Beim Annähern an das Flugzeug erhalten wir bereits einen ersten Eindruck. Sind Beulen am Rumpf oder an den Flügeln zu erkennen? Selbst leichte Wellen in der Rumpfbeplankung können ein Indiz zum Beispiel für eine überharte Landung und daraus resultierende Strukturschäden sein. Wie schon ein vermeintlich leichtes Touchieren am Randbogen einen Holmschaden verursachen kann, den der Laie nicht vermutet, zeigt das Beispiel einer Piper Arrow. Sie war beim Aushallen mit dem Flügel an einen Pfosten gestoßen. Die Lackschäden wurden beseitigt. Lange danach brach der Holm bei der Landung − eine Spätfolge der leichten Ausräumkarambolage.
Praxis Tipp Vorflugkontrolle Fahrwerk
Rutschmarken und Reifendruck gehören aber vor jedem Start überprüft. Zu niedriger Luftdruck bedeutet erhöhte Walkarbeit und hohen Verschleiß. Zu hoher Luftdruck verschlechtert das Rollverhalten, belastet zusätzlich das Fahrwerk bei der Landung und führt zu ungleichmäßiger Abnutzung.
Sind die Bremsbeläge noch gut? Sind die Bremsleitungen dicht? Besondere Aufmerksamkeit verlangt das Bugfahrwerk, weil schlechte Landungen nicht selten auf seine Kosten gehen. Dämpfung, Federweg und Dichtigkeit der Öl- und Gasbehälter sind wichtige Checkpunkte.
Praxis Tipp Vorflugkontrolle Motor Propeller
Ölverlust kann entdeckt werden, bevor schwarze Schmierstreifen die Cowling zieren. Der Vergaserluftfilter soll den Motor mit sauberer Luft versorgen. Wenn aber Schmutz und Insekten den Querschnitt einengen, kommt es zwangsläufig zu einer Mangelversorgung und damit zum Leistungsabfall des Motors. Abhilfe bei leichteren Verschmutzungen kann man mit einem Handstaubsauger schaffen. Den Propeller überprüfen wir auf festen Sitz und mögliche Beschädigungen der Blätter. Steinschlag führt oft zu Einkerbungen, die eine Unwucht hervorrufen können oder bei weiterem Betrieb gar die Basis für eine Rissbildung bieten.
Wer im Zweifelsfall einen Fachmann zur Beurteilung eines solchen Schadens hinzuzieht, geht auf Nummer sicher. Das Durchdrehen des Propellers sollte man lassen, wenn ein defektes Masseband nicht ausgeschlossen werden kann. Bei gestörter Masseleitung können die mit Magnetzündung ausgerüsteten Flugmotoren auch bei ausgeschalteter Zündung unbeabsichtigt anspringen.
Praxis Tipp Vorflugkontrolle Tanks
Treibstoffproben zur Prüfung des Sprits auf Kondenswasser sind vor dem ersten Start am Tag obligatorisch. Auf Piloten der Cessna 172R wartet dabei besonders viel Arbeit. Sie hat nicht weniger als 13 Drainventile. Das möglicherweise im Sprit enthaltene Wasser setzt sich aufgrund seiner höheren Dichte gegenüber Benzin am Boden des Probenglases ab. Wohin mit der Probe? Am besten in einen Altölbehälter. Die manchmal geübte Praxis, die Probe wieder in den Tank zu schütten, wenn sie kein Wasser enthielt, birgt immer die Gefahr, zugleich Schmutzpartikel in den Tank zu bringen.
Anschließend muss überprüft werden, ob das Drainventil wieder dicht schließt. Ein Blick auf die Dichtungen der Tankverschlüsse ist ebenfalls sinnvoll. Wenn diese porös sind, kann Regenwasser in den Tank eindringen − ganz besonders dann, wenn sich der Tankverschluss in einer Vertiefung befindet. Wenn der Pilot nicht selbst getankt hat, sollte er auf jeden Fall selbst den sicheren Sitz der Tankdeckel überprüfen. Zu leicht kann es sonst passieren, dass sich der Verschluss im Flug löst und Treibstoff durch Unterdruck am Flügel abgesaugt wird. Dass der Ölstand kontrolliert wird, ist klar. Zu wenig Öl schadet dem Motor, aber auch zu viel Schmierstoff ist nicht gut. Dabei ist im Auge zu behalten, dass die Peilstabanzeigen bei kaltem und warmem Motor und gleichem Ölvorrat stark differieren können.
Praxis Tipp Vorflugkontrolle Ruder und Klappen
Lassen sich die Ruder frei bis zu den Anschlägen bewegen, und sind sie gut gefettet? Befinden sich alle Sicherungssplinte an Scharnieren und Ruderanlenkungen, und sind sie unbeschädigt?
Genauso sorgfältig sollte man den Sitz von Stoppmuttern prüfen, die sich vor allem bei Ultraleichtflugzeugen an Scharnieren und Ruderanlenkungen finden. Die Seilzüge sind ein weiterer wichtiger Punkt. Sie dürfen keine Scheuerstellen aufweisen. Einem Startverbot kommt gleich, wenn auch nur ein Draht einer Kardele beschädigt ist und man einen „Fleischerhaken“ entdeckt. Bei der Prüfung von per Seilzug betätigten Rudern sollte man darauf achten, ob beim Bewegen der Ruder ein Schaben zu fühlen ist, das zum Beispiel dann entsteht, wenn ein Steuerseil von einer Umlenkrolle gesprungen ist.
Praxis Tipp Vorflugkontrolle Pitot
Die statischen Druckabnahmen befinden sich als kleine Öffnungen am Rumpf und müssen immer sauber gehalten werden.
Eingesteckte, passend große Splinte sind eine einfache Möglichkeit, am Boden das Eindringen von Insekten oder Schmutz zu verhindern und können beim Check nicht vergessen werden, wenn an ihnen große Stofffahnen befestigt sind.
Niemals sollte man in die Öffnungen von Pitotrohr oder statischer Druckabnahme hineinblasen, weil dadurch die barometrischen Instrumente beschädigt werden können.
Praxis Tipp Vorflugkontrolle Kabine
Schon manches Mal haben Mäuse oder andere Tiere längere Standzeiten genutzt, um in Flugzeugen Wohnung zu nehmen. Alarmzeichen sind kleine schwarze Kotkügelchen auf dem Kabinenboden. Die Frachttür sollte immer vor dem Start verschlossen werden. Die Freigängigkeit der Ruder und Funktion der Bremsen können jetzt überprüft werden. Zeigen der Fahrtmesser und das Variometer null an?
Während der Pilot im Flugzeug sitzt, überprüft eine zweite Person, ob das Zusammenstoßwarnlicht, die Positionsleuchten und Scheinwerfer intakt sind. Solchermaßen vorbereitet, kann der Pilot getrost den Motor anlassen. So unterschiedlich im Umfang die Checklisten für die einzelnen Flugzeuge auch sein mögen, nach dem Anlassen des Triebwerks entscheidet sich erst, ob der Start erfolgt oder besser verschoben wird: Verlöscht die Ladekontrolle? Bleibt die Suctionanzeige innerhalb der Toleranzen?
Das sind nur einige Checkpunkte. Es ist keine schlechte Idee, sich individuelle Checklisten anzufertigen, in denen Kontrollen aus dem Flughandbuch um eigene Checkpunkte ergänzt werden. Dass die Vorflugkontrollen immer nur mit der Checkliste in der Hand erfolgen, sollte selbstverständlich sein. Damit dokumentiert man nicht Unsicherheit oder mangelnde Routine, sondern Professionalität.
Nur so kann man sicher sein, keinen Punkt zu vergessen. Ein guter Grundsatz ist, nie davon auszugehen, dass das Flugzeug nach dem letzten Flug noch flugklar war. Ablenkung und Zeitdruck sind Gift für eine sorgfältige Kontrolle. Zu guter Letzt ist es doch immer ein gutes Gefühl, vor dem Flug sein Bestes für die Sicherheit getan zu haben.