Flugkapitän Herbert Höhn im Interview

Porträt
Flugkapitän Herbert Höhn im Interview

Zuletzt aktualisiert am 09.06.2015

Für Herbert Höhn, heute 51 Jahre alt, war der Weg in die professionelle Luftfahrt vorgezeichnet. Bereits mit 14 Jahren war er Segelflugschüler. Die Ausbildung zum Verkehrspiloten ließ dann zwar noch etwas auf sich warten, aber nach der Bundeswehrzeit und einer Lehre stand endlich der Nachwuchsflugzeugführer-Lehrgang der Lufthansa-Verkehrsfliegerschule an. Erster Offizier wurde er auf der Boeing 727. Heute genießt er als Flugkapitän die Ausblicke aus der Boeing 747 und kann selbst in der Freizeit als Segelfluglehrer nicht davon lassen. Richtung Anfänge der Luftfahrt geht es seit zehn Jahren. Seitdem begibt sich Höhn mit der Ju 52 der Lufthansa Berlin Stiftung immer wieder auf Zeitreise. Mit seiner Bücker Jungmann fliegt er im Sterntakt-Team auf Flugtagen.

Herbert Höhn kennt man als Flugkapitän und von der Vorführung von Oldtimern auf Flugtagen. Sind das nicht zwei Welten: hier das rationale Cockpitmanagement, dort Emotion und Faszination?

Nein, nicht unbedingt. Auch die Verkehrsfliegerei hat wunderschöne Aspekte. Ein Beispiel: Es ist einfach ein faszinierender Augenblick auf einem Asienflug, wenn über der Taklamakan-Wüste die Sonne aufgeht. Das muss man einmal erlebt haben!

Aber manuelles Fliegen, ist das auf einem Jumbo nicht eher ein seltenes Ereignis?

Auf der Langstrecke fliegt natürlich die meiste Zeit der Autopilot, unsere Aufgaben liegen da mehr im navigatorischen Bereich. Gerade für kritische Situationen ist es aber wichtig, sie auch manuell zu beherrschen. In der sogenannten Coffin Corner gibt es nur wenig Spielraum zum High Altitude Stall. Deshalb trainieren wir heute verstärkt das manuelle Fliegen im Simulator. Als Type Rating Instruc­tor und Examiner bin ich dort regelmäßig im Einsatz. Und das macht auch richtig Spaß.

Ragt da eine Situation in deiner Pilotenkarriere besonders heraus?

Das ganz große Highlight, das war die Kaptitänswerdung. Sich dafür zu qualifizieren und in diese Verantwortung hineinzuwachsen, mit der gesamten Vorbereitung und der finalen Entscheidung, das ist schon ein richtiger Höhepunkt im Leben. Und wenn ich heute meine Passagiere in anspruchsvollem Umfeld sicher ans Ziel gebracht habe, gibt das immer wieder eine befriedigende Bestätigung und erfüllt auch mit Stolz. 

Mit derselben Professionalität kutschierst Du Gäste mit der Ju?

Die Ju 52 ist das Traditionsflugzeug der Deutschen Lufthansa. Die D-AQUI spannt den Bogen von den Anfängen der Gesellschaft zur aktuellen modernen Flotte. Es ist unser Aushängeschild. Mit ihr demonstrieren wir: Damals wie heute fliegen wir auf einem technisch hohen, sicheren Stand.

Überlässt die Crew auch hier zeitweise das Flugzeug dem Autopiloten?

In der Ju 52 haben wir keinen Autopiloten, den hat es für die Ju 52 auch nie gegeben. Außerdem wollen wir ja gerade manuell fliegen. Rund 23 Piloten sind jetzt mit dabei. Mitmachen wollen viel mehr. Auf der Warteliste stehen 150 aus dem gesamten Konzernbereich, die darauf brennen, ins Ju-Cockpit zu kommen.

Und wann zählt ein Bewerber zu den Auserwählten?

Die meisten besitzen schon Oldtimererfahrung, kennen sich mit Spornradflugzeugen aus und fliegen privat VFR. Wichtig ist, dass sie ins Team passen.

Geflogen wird die Ju 52 wie zu ihrer aktuellen Zeit nach VFR?

Wir können sie auch nach IFR fliegen. Aber die Gäste sollen ja zu ihrem Seherlebnis kommen. Es geht deshalb gemütlich mit 180 km/h in meist rund 2000 Fuß über Land. Aus dieser Höhe betrachtet, bleibt die Landschaft noch plastisch. Besonders schön sind dann  Flüge in die Dämmerung. Oder wie erst kürzlich entlang der Benediktenwand. Da kommen die Berge zum Greifen nah.

Ju-52-Trips werden so zu Deutschlandflügen?

Ja, tatsächlich habe ich Deutschland so richtig erst auf den Flügen mit der Ju 52 kennen gelernt. Wir starten zu den Gästeflügen ja immmer von verschiedenen Flughäfen. Und jeder Flug wird zur Zeitreise.

Bleibt Dir da noch viel Zeit für deine Bücker Jungmann?

Zeit mit meiner Familie ist mir sehr wichtig. Ich habe eine Tochter, Helen. Da bleibt dann tatsächlich nicht mehr so viel Zeit. Mit der Bücker kommen rund 20 Stunden im Jahr zusammen.

Und wie viel Zeit verwendest Du aufs Schrauben?

Die Wartung ist schon aufwendig. Das Verhältnis Schrauben zu Fliegen dürfte wohl bei 4:1 stehen. Aber in unserer Sterntakt-Gruppe mit Bücker Jungmann, Bücker Jungmeister und Stieglitz sind wir ein gutes Team. In unserem kleinen fliegenden Museum ergänzen wir uns mit unseren unterschiedlichen Fähigkeiten sehr gut. In der gesamten Oldtimerszene herrscht ja überhaupt ein sehr offenes, kameradschaftliches Verhältnis. Man hilft sich gern.

Vier Stunden Schrauben, eine fliegen – was motiviert Dich?

Den Aufwand nehme ich gerne in Kauf. Ich finde alte Flugzeuge haben viel mehr Persönlichkeit als moderne. Sie haben richtig Charakter.

Wie bereitet ihr euch auf eure Vorführungen bei Flugtagen vor?

Im Frühjahr fliegen wir erst einmal wieder, um warm zu werden. Zwischendurch auch immer wieder mal rein zum Spaß. Für das Training unseres Formationskunstflugs sind wir dann auf einen Bodenbeobachter angewiesen. Alles geht nach sorgfältiger Besprechung und Verabredung.

Das Segelfliegen hast du darüber nicht aufgegeben?

In meinem Verein in Montabaur schule ich, soweit ich dazu Zeit finde. Das Ausbilden, ob im Segelflugzeug, im Simulator als TRI, im Cockpit und  in der Ju beim Streckentraining, das mache ich heute immer noch gern. Es macht einfach Freude, junge Leute ans Fliegen heranzuführen.

Gibt es Traumziele?

Fliegerische Träume wären: ein Warbird fliegen und meiner Tochter das Fliegen beibringen.

aerokurier Ausgabe 12/2014