Firmenportrait: Zu Besuch bei Van's Aircraft

Firmenportrait
Zu Besuch bei Van's Aircraft

Zuletzt aktualisiert am 31.10.2023

11133 zeigt der Zähler auf der Startseite der Van's-Homepage. In Worten: elftausendeinhundertdreiunddreißig. Vermutlich hätte sich selbst Richard VanGrunsven bei der Gründung von Van's Aircraft 1973 nicht vorstellen können, dass eines Tages im Schnitt eineinhalb Flugzeugbausätze pro Tag seine Fabrik verlassen. 550 Flugzeuge macht das pro Jahr! Zum Vergleich: 361 Flugzeuge der SR-Serie lieferte Cirrus in seinem Rekordjahr 2021 aus, Cessna kam mit 166 Flugzeugen auf Rang drei, und Diamond Aircraft konnte 122 Flugzeuge der DA-40-Serie absetzen. Wie ist es möglich, dass ein Unternehmen, das gerade sein 50-jähriges Bestehen feiert und von einem einzigen Mann in seiner Autowerkstatt gegründet wurde, zu einem der führenden Hersteller von einmotorigen Kolbenflugzeugen für die Allgemeine Luftfahrt wurde?

Drei Worte genügen

BAUEN, FLIEGEN, GRINSEN! Diese Worte stehen auf der Visitenkarte, die mir Greg Hughes, Vice President von Van's Aircraft, in die Hand drückt. Als ich draufgucke, muss ich lachen. Kein Zweifel, das Marketing funktioniert. Vielleicht muss ich vorab eines klarstellen: Ich bin eigentlich Anhänger zertifizierter Flugzeuge und besitze eine überaus vertrauenswürdige Cessna 170B, die in einer "echten" Fabrik in Wichita von Profis zusammengenietet wurde. Ich habe die RVs wie alle anderen Experimentals immer als nette Flugzeuge betrachtet, die aber einfach nichts für mich sind. Ich bin also nicht mit einem Experimental- oder gar Van's-Shirt unter der Jacke hierhergekommen, eher im Gegenteil. Aber ich bin gespannt, was mich erwartet.

Nach der Begrüßung heißt mich Greg im Zentrum des Van's-Kosmos, der 60 000 Quadratmeter großen Fabrik in der kleinen Stadt Aurora, Oregon, willkommen. Greg ist Privatpilot und nennt aktuell eine RV-8 und eine RV-12 sein Eigen. Letztere wurde im Rahmen des so genannten "Teen Flight"-Programms von einer Gruppe von Teenagern unter der Aufsicht von Mentoren gebaut. Außerdem steht noch eine Pitts in seinem Hangar, aber das sollte sein Chef besser nicht wissen, gibt er mit verschwörerischer Mine zu verstehen. Sogleich fühle ich mich nicht mehr ganz als Aussätziger. Die Fabrik, an der alle Arbeiter einen Anteil halten, befindet sich auf dem Gelände des Aurora Municipal Airport, etwa 45 Minuten vom internationalen Flughafen Portland entfernt. Bei einem Rundgang durch das Werk erzählt mir Greg von der Geschichte, Gegenwart und Zukunft der Kitplane-Schmiede.

Alles beginnt in einer Scheune

Van's beschäftigt heute 135 Mitarbeiter, von denen viele von Montag bis Freitag in zwei Zehn-Stunden-Schichten arbeiten. Dazu kommt regelmäßig Wochenendarbeit. Das Unternehmen hat seine Produktion nach einigen Veränderungen im Jahr 2021 fast verdoppelt. Aktuell ist allerdings weniger die Herstellung der Bausätze ein Problem als vielmehr deren Auslieferung. Es fällt mir schwer zu glauben, dass das alles in einer gut 30 Quadratmeter großen Werkstatt begann, die Richard VanGrunsven 1969 im zweiten Stock einer Scheune auf dem Bauernhof seiner Familie einrichtete, um einen Flugzeugprototyp zu bauen. Dieses Muster, die RV-3, sollte die Welt der Experimentals revolutionieren.

Richard "Dick" VanGrunsven wuchs auf einer Farm in der Nähe von Cornelious, Oregon, auf. Das überrascht mich nicht, denn nicht wenige berühmte Flugzeugkonstrukteure stammen vom Land, wo sie gelernt haben, wie man Dinge selbst macht. Richard und sein Bruder Jerry ließen sich von den Erzählungen ihres Vaters inspirieren, der ihnen als Jugendliche das Fliegen auf einer Piper J-3 Cub beibrachte. Später wurde die Familienflotte um eine Taylorcraft erweitert. So war Richards erste geschäftliche Aktivität der Bau von Radschuhen für Taylorcraft-Muster.

Pilot mit 16 Jahren

Im Alter von 16 Jahren erwarb er seine Pilotenlizenz, und die vielen Starts und Landungen auf der nur 198 Meter langen Landebahn auf der Farm dürfte Inspiration für seine Entwürfe gewesen sein, denen es an Power nicht mangelt. Ein Ingenieursstudium an der Universität von Portland bildete den Grundstein für seine spätere Tätigkeit, zunächst aber trat er im Jahr 1962 in die US Air Force ein und diente drei Jahre lang als Kommunikationsoffizier. In dieser Zeit reifte der Wunsch nach einem sportlichen, kunstflugtauglichen und erschwinglichen Flugzeug für ein bisschen Freizeitspaß. Das einzige Modell, das er sich leisten konnte, war die Stits SA-3A Playboy. Bei dieser Kon-struktion von Ray Stits handelt es sich um ein Homebuilt-Experimental in Tiefdeckerauslegung mit geschweißtem Stahlrohrrumpf sowie Leitwerk und Flächen in klassischer Holzbauweise mit Stoffbespannung.

Die erste Playboy kaufte er im Jahr 1962. Schnell wurde VanGrunsven aber klar, dass die Untermotorisierung nicht zur Hot-Rod-Optik des Flugzeugs passte. Das war bei Weitem nicht das aufregende Spielzeug, das er gesucht hatte. Kurz darauf fand er in der Nähe von Chicago eine zweite Playboy – ohne Motor, reparaturbedürftig und damit der perfekte Kandidat für Modifikationen! So erhielt Playboy Nummer 2 einen Lycoming O-290-G mit 125 PS, also doppelt so viel Leistung wie die Ursprungsversion. Neue Flügelspitzen, eine Cowling aus Glasfaser und eine neue Kabinenhaube brachten nicht nur einen sexy Look, sondern auch aerodynamische Vorteile. Zufrieden mit seiner Arbeit und der Performance seiner neuen Playboy wurde das alte Flugzeug verkauft.

Tüfteln an der Playboy

Nach dem Ausscheiden aus der Air Force kehrte VanGrunsven 1964 nach Oregon zurück, und in den folgenden drei Jahren arbeitete er weiter an der Playboy, um sie zu verfeinern. Neue, freitragende Aluminiumflügel mit Landeklappen, aerodynamisch bessere Verkleidungen, ein leichteres Fahrwerk und größere Leitwerke fanden den Weg vom Reißbrett ans Flugzeug. Mit der ursprünglichen Playboy hatte das Flugzeug kaum mehr etwas gemein. VanGrunsven hielt die Zeit für gekommen, das Flugzeug als neues Muster bei der FAA zu registrieren. Die RV-1 war geboren – Van's Revolution hatte begonnen!

Nach etwa 600 Flugstunden verkaufte Richard VanGrunsven die RV-1 im Jahr 1968, um mit einem eigenen Design von Grund auf neu zu beginnen. Der Versuch, Bausätze seiner Playboy-Upgrades an andere Playboy-Besitzer zu verkaufen, war wenig erfolgreich, aber in dieser Zeit machte sich der Tüftler intensive Gedanken um das, worauf es ihm ankam. Am Ende der Überlegungen stand der Begriff "Total Performance", wobei es ihm nicht darum ging, das schnellste Flugzeug oder das mit der kürzesten Startrollstrecke oder das beste Unlimited-Kunstflugzeug zu bauen. Stattdessen wollte er ein Flugzeug in die Luft bringen, das in möglichst vielen Bereichen sehr gute Leistungen brachte, also den bestmöglichen Allrounder. Diese Maxime von "Total Performance" ist bis heute Grundlage aller Van's-Entwürfe.

Ein Hot-Rod mit Flügeln

Drei Jahre später, im Juli 1972, erschütterte VanGrunsven die Experimental-Welt, als er mit seiner RV-3 in Rockford, Illinois, auf der EAA-Jahrestagung landete. Das EAA-eigene "Sport Aviation Maga-zine" berichtete euphorisch über "die erstaunliche RV-3". Sie war sexy, schnell und akrobatisch, der amerikanische Hot-Rod-Spirit mit Flügeln. Kein Wunder, war bis dahin doch die altbackene Stits Playboy das heißeste Experimentalflugzeug, das man haben konnte. Als ich von dieser Geschichte höre, kann ich mir lebhaft vorstellen, wie den Besuchern des 72er AirVenture das Wasser im Munde zusammenlief, während sie um die RV-3 schlichen, ihre Brieftaschen öffneten und Dick ihr Geld regelrecht aufdrängen wollten.

Leonardo Correa Luna

Die Pläne und Bausatzteile verkauften sich gut, sodass 1973 die Firmengründung erfolgte. Und die Szene verlangte schnell nach mehr. Insbesondere häuften sich Anfragen nach einem Zweisitzer – vielleicht sind hier auch die Frauen der zumeist männlichen Flugzeugbauer schuld, die nach einem Platz im Cockpit verlangen. Wie auch immer, eine der großen Stärken VanGrunsvens war es schon damals, seinen Kunden zuzuhören. So entstand 1979 der erste Zweisitzer, die RV-4.

Entwicklungszyklen im Dreijahresrhythmus

Von da an wiederholte sich der Entwicklungszyklus, und im Schnitt alle drei Jahre tüftelte der Kopf hinter Van's Aircraft etwas Neues aus. Mit der RV-6 schließlich – die erstmals mit Dreibeinfahrwerk geordert werden konnte – explodierte förmlich die Nachfrage, und sie ist bis heute das beliebteste Bausatzflugzeug überhaupt. Mehr als 2700 Exemplare fliegen weltweit.

Das Timing für die RV-6 hätte besser nicht sein können: In den 80er Jahren stagnierte die Entwicklung neuer Modelle von zertifizierten Mustern, und massiv steigende Preise bei Fertigflugzeugen ließen Bausätze plötzlich viel attraktiver erscheinen. Allerdings erkannte Van's zu dieser Zeit auch einen limitierenden Faktor für ein noch besseres Geschäft: den Bauaufwand. Obwohl die Pläne und die gelieferten Teile gut waren, blieb der Bau für den Durchschnittspiloten eine anspruchsvolle Aufgabe, die 3000 bis 4000 Stunden in Anspruch nahm. Mit IKEA-Möbeln, wie mancher Neider abschätzig witzelte, hatte das alles nichts zu tun.

Back to the roots

Beim nächsten Evolutionsschritt, der RV-8, kehrte Van's stilistisch zu seinen Ursprüngen zurück. Das Flugzeug ist als Tandem-Zweisitzer konfiguriert, größer als die RV-4 und hat unbestreitbar einen gewissen Fighter-Look. Während man sich stilistisch in der Vergangenheit bediente, machte die Produktionstechnik einen großen Sprung. Für die Konstruktion der RV-8 und ihrer Teile wurde erstmals CAD-Software genutzt, und mit Anschaffung der ersten CNC-Stanzmaschine erreichten die Bausätze ein neues Level. Jetzt war man tatsächlich auf IKEA-Niveau, und zwar in dem Sinne, dass alles viel besser passte. Die Bauzeit verkürzte sich um die Hälfte, und damit war Van's seinen Mitbewerbern weit voraus, zumal die Flugzeuge nun vom durchschnittlichen Amerikaner ohne Mechanikerausbildung oder Ingenieur-Diplom zusammengesetzt werden konnten. Einfachere und schnellere Bausätze für ein noch breiteres Grinsen!

Der RV-8-Prototyp flog 1995, und von da an drehte das Entwicklerteam bei Van's Aircraft voll auf. In den nächsten zehn Jahren wurden RV-7, RV-9, RV-10, RV-12 und 2012 die RV-14 projektiert und umgesetzt und bei jedem Muster die Grundidee der "Total Performance" beibehalten. Und tatsächlich: Vergleicht man die Leistungsdaten der Van's-Konstruktionen mit denen gängiger zertifizierter Einmots, stellt man fest, dass die Kitplanes vielfach überlegen sind. Die Van's-Flugzeuge bieten hohe Reisegeschwindigkeiten, ohne im Langsamflug kritisch zu sein. Zudem sind die meisten Typen kunstflugtauglich.

Warum nur Tiefdecker?

So innovativ Richard VanGrunsven und sein Team auch sind, haben sie sich bis dato jedoch ausschließlich auf Tiefdecker konzentriert. Vielleicht war das auch einer der Gründe, warum ich bisher einen Bogen um die Marke gemacht habe. Als ich vor acht Jahren meine Cessna 170 kaufte, war ich auf der Suche nach einem Zwei- oder Viersitzer mit viel Platz im hinteren Bereich, der auf unbefestigten Landebahnen landen und mindestens vier Stunden fliegen konnte. Ich behaupte, dass dieses Lastenheft dem durchschnittlichen Möchtegern-Wochenend-Buschpiloten, der gerne mit einer Menge Krempel im Laderaum campiert, ziemlich genau entspricht. Bisher war man diesbezüglich aber auf "altes Eisen" wie die Cessna 170, Cessna 180, Piper Pacer oder etwas Neueres wie eine Maule angewiesen.

Leonardo Correa Luna

Hier grätschte das Van's-Team jüngst mit der RV-15 in die Szene. Ein Hochdecker-Bausatz aus Metall für die Wochenendflieger unter den Buschpiloten – eine echte Sensation! Der Prototyp wurde 2022 in Oshkosh der Öffentlichkeit vorgestellt, wobei das Unternehmen das erste Flugzeug als Demonstrator im Rahmen der Entwicklung des endgültigen Bausatzprototyps verstanden wissen will. Klar ist, dass es sich um einen Zweisitzer mit viel Platz im hinteren Bereich handelt, der nicht nur fürs spartanische Campieren, sondern auch für luxuriösere Ausflüge mit entsprechend mehr Equipment taugt. Die massiven Landeklappen lassen sich derzeit bis zu 50 Grad absenken – hang on, sage ich nur –, und speziell entwickelte pneumatische Dämpfungssysteme an Haupt- und Heckfahrwerk mit riesigen internen Stoßdämpfern lassen die Outback-Qualitäten des Entwurfs bereits erahnen.

Reichlich Power für die RV-15

Der Prototyp wird von einem fast 220 PS leistenden Lycoming IO-390 angetrieben, und um auch die "Kühlung" des Piloten sicherzustellen, fächert ihm ein massiver 80-Zoll-Trailblazer von Hartzell reichlich Luft zu. Klar ist also, dass dies kein leichtes Hochdecker-Experimental wie Kitfox oder die vielen Super-Cub-Derivate ist. Es handelt sich vielmehr um ein Ganzmetallflugzeug, das in Größe und Gewicht einer 170er oder frühen 180er ähnelt.

Nehmen wir an, die RV-15 trägt etwa 450 Kilogramm Nutzlast. Würde sie die Leistung einer Cessna 170 mit einem STOL-Kit (36 mph Stall Speed) erreichen? Wie sieht es mit der Höchstgeschwindigkeit aus? Man munkelt, das Flugzeug soll bis zu 140 Knoten erreichen. Wenn das der Fall ist und die Stall Speed bei 30 Knoten liegt, während ich meinen ganzen Krempel, den ich immer so dabeihabe, hintendrin transportieren kann, wäre meine Reaktion klar: "Richard, nimm mein Geld jetzt!" So geht es offenbar auch anderen, denn das Muster hat bereits mehrere Fangruppen in diversen Netzwerken.

Vielleicht doch eine kaufen?

Es sieht also ganz so aus, als ob Van's wieder einmal alles richtig gemacht, auf die Szene gehört und deren Wünsche in einen Traum aus Spanten und Rippen umgesetzt hat. Allerdings wird es bis zur Auslieferung noch eine Zeit lang dauern, und, zugegeben, ich finde das schade. Tatsache: Diese Gedanken treiben denselben Mann um, der zwei Tage zuvor noch einen großen Bogen um so ziemlich jedes Bausatzflugzeug gemacht hätte.

Während mir Greg auch die letzten Winkel der Fabrik zeigt, kommt er irgendwann auch auf die Herausforderungen zu sprechen, mit denen Van's Aircraft zu kämpfen hat. Es sind Probleme, die bei genauerer Betrachtung allesamt hausgemacht und eine Folge der eigenen Innovationsfreudigkeit und Qualität sind. Zu viele Aufträge, Schwierigkeiten, qualifizierte Mitarbeiter zu finden, um die Produktion zu steigern, und das Phänomen, dass die Gebrauchtflugzeuge aus dem eigenen Haus die ärgste Konkurrenz sind. Aufgrund der großen Stückzahl von mehr als 11 000 Van's-Flugzeugen stehen immer etliche zum Verkauf, und mancher Pilot, der nicht auf einen Bausatz warten will oder dem schlicht die Zeit fehlt zum Bauen, der kauft eben Second Hand.

Schritt für Schritt zum Traumflugzeug

Derzeit beträgt die durchschnittliche Wartezeit für ein Kit etwa sechs bis zwölf Monate, je nach Modell. Pro Woche verschickt Van's 60 bis 80 Bausätze pro Woche in die ganze Welt. Der Gedanke des Gebrauchtkaufs wabert durch meinen Kopf, denn je mehr ich darüber erfahre, mit welcher Leidenschaft hier entwickelt und produziert wird, desto mehr gefällt mir der Gedanke, Teil der Van's-Owner-Familie zu werden. Zudem habe ich keinerlei Erfahrung mit dem Bau von Flugzeugen und bin mit meinen zwei linken Händen, mit einem Schraubenzieher bewaffnet eher gefährlich als produktiv. Noch jedes Mal, wenn ich zum Werkzeug gegriffen und etwas selbst repariert habe, habe ich am Ende das Doppelte gezahlt, um das ursprüngliche Problem samt der Schäden, die ich zusätzlich verursacht habe, zu beheben. Ich und selber bauen – niemals!

Leonardo Correa Luna

Aber auch hier beruigt mich Greg, erklärt mir, was es mit den neuen Bausätzen samt Schritt-für-Schritt-Anleitung auf sich hat, die es für die neueren Muster ab der RV-10 bis hin zur RV-14 gibt. Also doch selber versuchen? Was habe ich zu verlieren?! Zumal Arbeit mit den Händen ja auch Spaß macht, und nicht wenige Selbstbauer immer wieder von der Befriedigung und Erfüllung sprechen, die mit dem Bau einhergehen … Ich muss wieder an den Spruch auf der Visitenkarte denken: "Bauen, fliegen, grinsen!" und lächle still in mich hinein.

Was macht der Chef?

Während meines Besuchs kann ich es mir freilich nicht verkneifen, Greg nach Richard VanGrunsven und seiner Fliegerei zu fragen. Und ob es eine Möglichkeit gäbe, ein paar Luftaufnahmen von dem Mann zu machen, mit dem alles angefangen hat. Es dauert nur einen kurzen Anruf, und Greg signalisiert mit einem Lächeln, dass es klappt. Dick ist dabei! Treffpunkt? Natürlich in der Luft!

Richard VanGrunsven wohnt in einem Airpark in der Nähe von Aurora. Zum Shooting kommt er mit seiner RV-12. Als Photoship muss eine RV-10 mit vier Sitzen herhalten, von deren Rückbank ich bequem fotografieren kann. In der kurzen gemeinsamen Zeit in der Luft lässt VanGrunsven keinen Zweifel an seiner fliegerischen Klasse. 12.000 Stunden haben aus ihm einen routinierten Piloten gemacht, der in der Formation solide seine Position hält.

Leonardo Correa Luna

Als das Shooting erledigt ist, stellt Greg die Frage, auf die ich gehofft habe. "Willst du fliegen?" Natürlich will ich! Wir legen auf einem kleinen Platz eines Freundes eine Zwischenlandung ein, bei der mir Greg direkt die STOL-Fähigkeit der RV-10 demonstriert. "Wow, wie meine 170!", staune ich. Beim Start mache ich mir kurz Sorgen wegen der hohen Bäume am Ende der Piste, doch die RV steigt locker darüber hinweg. Die Startleistung ist unglaublich für diesen Flugzeugtyp! Niemals würde eine Cirrus so gut abschneiden wie die RV-10, davon bin ich überzeugt. Greg weiß natürlich, wie er ein Van's-Produkt verkaufen kann. Dass seine Schwärmerei verfängt, merkt er an meinem Gesichtsausdruck.

Ein wirklich gutes Flugzeug

Leider drängt die Zeit, weshalb es keine allzu ausgedehnte Runde wird. Aber es reicht, um ein Gefühl für das Flugzeug zu bekommen, sodass ich die RV-10 mit der Flugerfahrung von 41 verschiedenen Mustern vergleichen kann. Und ja, die RV ist ein wirklich gutes Flugzeug. Sie kann schnell oder langsam fliegen, ist mit einer Höchstgeschwindigkeit von 211 Meilen flott unterwegs und dank einer Stall Speed von 63 Meilen unkritisch bei der Landung. Dazu ist die Steuerung ein wahrer Genuss, leichtgängig und ausgewogen. Die Kabine kommt geräumig und komfortabel daher. Nun ist das dritte Wort des Werbeslogans endgültig bei mir angekommen: Ich hocke im Cockpit und grinse.

Zurück nach Aurora. Als ich ein letztes Mal durch die Fabrik schlendere und all die Regale voller Flügel und Rümpfe betrachte, sehe ich keine Flugzeugteile mehr. Stattdessen sehe ich hier die Träume vieler Flugzeugbauer, die nur darauf warten, ihr Projekt fertigzustellen, in irgendeiner Scheune, Garage oder Werkstatt irgendwo auf der Welt. Vielleicht wird bald einer dieser Bausätze meinen Namen tragen ... Als ich gehen will, erinnert mich Greg daran, dass Van's jede Menge Jobs zu vergeben hat. Wer also einen Job in einer Traumfabrik sucht, weiß jetzt, wo er sich bewerben darf.

Jetzt, so ich diese Zeilen geschrieben habe, muss ich zugeben, dass ich hin und wieder im Internet schaue, ob gerade eine RV zu verkaufen ist. Ich stöbere mehr und mehr auf der Van's-Website und in diversen Foren und frage mich, ob der Keller meines Hauses groß genug ist, um dort ein Flugzeug zu bauen. Greg hat gesagt, er ist groß genug. Und Greg muss es wissen.

Hinweis: Dieser Artikel stammt aus dem aerokurier-Sonderheft "Selbstbau und Restaurierung", das noch immer im Online-Shop der Motor Presse Stuttgart erhältlich ist.