Eine Gruppe von Piloten und Elektroflug-Enthusiasten um den Zukunftsforscher Morell Westermann will vom 30. August bis zum 1. September mit der rein elektrisch motorisierten Velis Electro des slowenischen Flugzeugbauers Pipistrel einen Rekordflug von den Alpen bis an die Nordsee unternehmen. Mit dabei ist unter anderem der Schweizer Pilot Marco Buholzer, der nach eigenen Angaben die einzige Elektroflugschule der Welt leitet.
Im Juni dieses Jahres hat die EASA mit der Velis Electro des slowenischen Herstellers Pipistrel das erste rein elektrisch motorisierte Flugzeug zertifiziert. Die Zertifizierung ist der entscheidende Schritt aus dem Protoypen- und Experimental-Stadium hin zur kommerziellen Nutzung durch Flugschulen und Sportpiloten.
Die Strecke soll in mehreren Abschnitten geflogen werden, da die Akkus für den Elektroantrieb mehrmals aufgeladen werden müssen. Im ersten Schritt musste das Team daher kleine Sportflugplätze entlang der Strecke finden, die überhaupt über den notwendigen Drehstromanschluss mit bestenfalls 22 kW verfügen. Damit können rund 100 Kilometer Reichweite pro Stunde in die Akkus geladen werden. Da noch keiner der Flugplätze auf der Route über ein entsprechendes Ladegerät verfügt, müssen diese dem Flugzeug während des Weltrekordflugs von einer Bodencrew gebracht werden. Die passenden Fahrzeuge dafür stellt die Firma Tesla zur Verfügung.
"Die meisten Kleinflugzeuge fliegen für die Ausbildung oder zum Sightseeing häufig Strecken, die kürzer sind als 200 Kilometer. Das kann man schon heute problemlos elektrisch machen", findet Westermann, Co-Pilot und Sprecher des Unternehmens. Alle Vorteile der Elektroautos kämen schließlich auch in der Fliegerei zum Tragen. Der sehr leise und zugkräftige Antrieb ermöglicht hohe Steigleistungen. Darüber hinaus ist ein Elektroflieger ab etwa 150 Metern Entfernung kaum noch zu hören. Die Elektromobilität stellt die Piloten jedoch auch vor große Herausforderungen: Die geringere Energiedichte im Zusammenspiel mit dem Gewicht der Akkus führt zu realistischen Reichweiten um die 100 Kilometer, die bisher nicht existente Ladeinfrastruktur macht den Weltrekordflug auch zu einer echten logistischen Herausforderung.
"Wir wollen zeigen, dass auch der Passagierflug ohne Verbrennungsmotor möglich ist. Auch wenn wir nicht die gesamte Strecke am Stück schaffen, CO₂-neutrales Fliegen ist heute schon machbar!", betonte Westermann. Um die geschätzten Kosten von rund 80 000 Euro zu stemmen, sucht das Projekt noch nach Sponsoren. Der Weltrekordflug soll am 30. August in der Schweiz vom Flugplatz Schänis aus starten, dann über Zürich, Mainz und Münster führen und am 1. September am Flugplatz Norderney enden. Die genaue Route ist unter https://elektro-weltrekordflug.eu/route einsehbar.
Die sieben Weltrekord-Versuche auf einen Blick:
- Geringster Energieverbrauch (kWh/100 km) über 700 km
- Höchste Durchschnittsgeschwindigkeit über 700 km (km/h)
- Höchste je mit einem Elektroflugzeug erreichte Flughöhe (meter above main sea level)
- Schnellste Steigleistung von 0 – 1000 m / 1000 – 2000 m / 2000 – 3000 m (m/s)
- Schnellste Durchschnittsgeschwindigkeit über 100 km (km/h)
- Geringste Anzahl Zwischenstopps auf 700 km Distanz (Anzahl Stops)
- Längste elektrisch geflogene Strecke in 24 / 48 / 56 Std. (km)