Torben Kuhlmann: Da muss ich ein bisschen ausholen. Für meine Abschlussarbeit im Studiengang Illustration und Grafikdesign hatte ich die Idee, ein Bilderbuch zu gestalten. Und schon länger spukte mir der Gedanke im Kopf herum, wie eine Maus zufällig auf Fledermäuse trifft und bei ihr der Wunsch wächst, selbst fliegen zu lernen. Ihre Experimente spiegeln dabei die Luftfahrtgeschichte der Menschen wider, von den ersten Hüpfern bis zur Atlantiküberquerung, und zeigen die Herausforderungen, die die Fliegerei mit sich bringt.
Die Story von Lindbergh hat tatsächlich autobiografische Züge, denn die Fliegerei hat mich schon immer fasziniert. Eine Seite meines Kinderbettes hatte ich verziert mit Motiven aus der Luftfahrtgeschichte, da brannte zum Beispiel die Hindenburg, und der Wright Flyer zog seine Bahn. Ich habe schon damals meine Leidenschaft für die Fliegerei mit meiner Malerei verbunden. Gleichzeitig habe ich auch aus allerhand Krempel Modelle gebastelt, große und kleine, die aber nie wirklich abgehoben sind. Aber ich fühlte mich wie ein kleiner Otto Lilienthal oder einer der Wrights.

Torben Kuhlmann - im Portrait aus eigener Feder.
Zugegeben: sehr viel. Und zwar aus dem Grund, dass ich in meiner Kindheit bei Büchern immer enttäuscht war, wenn Maschinen unerklärt einfach so funktionierten. Da hob zum Beispiel ein Fluggerät auf magische Weise einfach ab, es gab wenig glaubhafte Ingenieurskunst. Ich will meine Leserschaft aber einladen, zu entdecken, was dahintersteckt; sie mit einem hohen Maß an Authentizität überzeugen, dass eine Maus wirklich fliegen kann. Daher verweisen die Konstruktionen der Maus auf reale Flugmaschinen der Luftfahrtgeschichte. Am Ende sollte jeder der Meinung sein: Diese Geräte lassen sich nachbauen und könnten vielleicht sogar abheben. In meiner Diplomarbeit, in der ich die Entstehung von "Lindbergh" reflektiert habe, war dies mein erklärtes Ziel.
Das ist nicht wenig. Ich recherchiere die Ereignisse und habe mir sogar Blaupausen der Flugzeug- und Raketenkonstrukteure angeschaut, um das möglichst korrekt zu verarbeiten. Ich will ja meinem oben erklärten Anspruch bestmöglich gerecht werden.

Lindbergh - Eine Maus überquert den Atlantik: Mit dem Buch „Lindbergh – Die abenteuerliche Geschichte einer fliegenden Maus“ begann Kuhlmann seine Mäuseabenteuer. Hier erzählt er, wie ein kleiner grauer Nager zufällig Fledermäusen begegnet und daraufhin beginnt, seinen Plan vom Flug über den Atlantik in die Tat umzusetzen. Damit nimmt eine wunderbare Reise durch die Geschichte der frühen Luftfahrt ihren Anfang.
So habe ich schon immer gezeichnet. Ich hatte für das Buch "Lindbergh" anfangs gar keine Zielgruppe definiert oder auf die Wünsche des Buchmarkts geschielt. Dann sähe das Buch heute sicher anders aus. Es wäre kürzer und bunter. In erster Linie sollte es mir selbst gefallen: mir als knapp Dreißigjährigem und ebenso mir als Kind. Damit habe ich irgendwie den Nerv junger wie älterer Leser getroffen.
Genau so ist es! Ich sehe die Rakete vor mir und frage mich: Was würde ich als Maus stibitzen, um das nachzubauen. Gerade der Wecker ist ein schönes Beispiel, weil er ja nicht nur aus einem runden Gehäuse besteht, sondern auch aus vielen Zahnrädern, die man für andere Dinge verwenden kann. Genauso war es bei dem Scheinwerfer-Reflektor, der bot sich als Raumkapsel an.

Armstrong: Eine Maus fliegt zum Mond.
Amerika in den 50ern. Eine wissbegierige Maus beobachtet jede Nacht den Mond durch ein Fernrohr, während ihre Artgenossen einem höchst unwissenschaftlichen Käsekult verfallen sind. Kann der Mond wirklich aus Käse sein? Angespornt durch die Pionierleistungen der Mäuseluftfahrt, beschließt die Maus, der Frage auf den Grund zu gehen, und fasst einen Entschluss: Sie wird als erste Maus zum Mond fliegen!
Über die Zeit ist mein Vertrauen in meine Fähigkeiten als Autor gewachsen. "Lindbergh" war noch minimalistisch betextet, bei "Armstrong" kamen dann Dialoge dazu und die Figuren wurden komplexer. Der Spaß am Schreiben und Erzählen wuchs. Mittlerweile schreibe ich mindestens ebenso gerne, wie ich illustriere.
Am Anfang steht die Idee für ein Mäuseabenteuer und dieses führt mich dann ganz automatisch zu einer Person der Menschheitsgeschichte. So war es bei "Lindbergh", "Armstrong" oder "Einstein". Im neuesten Buch entdeckt nun eine kleine Wühlmaus, dass es jenseits ihres Gartens, in dem sie lebt, noch eine riesige Welt gibt: eine runde Welt! Ziemlich flott ist der Plan geschmiedet, diese Welt mit einem Flugzeug zu erkunden und zu umrunden. Setzt man sich mit fliegerischen Weltumrundungen auseinander, dann stößt man schnell auf die faszinierende Geschichte von Amelia Earhart. So kam das neue Buch zu seinem Titel.

Earhart - Eine Maus fliegt um die Welt: Eine Wühlmaus entdeckt das Bild einer riesigen Katze aus Afrika. Aber wie gelangt sie dorthin? Ein bekannter Mäusepilot hilft ihr, eine Flugmaschine zu bauen. Doch die Maus hat nicht mit dem Widerstand der Kolonie gerechnet! Dennoch beginnt sie ihre Reise und trifft eine Menschenfrau, die ihre Leidenschaft fürs Fliegen teilt: Amelia Earhart.
Da bin ich mir noch nicht sicher. Aber die Luftfahrt hat sicher noch viel Potenzial für aviatische Mäuseabenteuer.