Im Breisgau sind wir eigentlich vom Wetter verwöhnt“, sagt Jan Harlfinger, Inhaber der Flugschule DynamicSpirit am Flugplatz Freiburg/Breisgau. Er hat dort vor sieben Jahren den Schritt in die Selbstständigkeit gewagt und mit der Gyrokopterschulung auf offenen MTOsport von AutoGyro und einem geschlossene Xenon II von Celier Aviation begonnen. 2011 kam noch die Ausbildung auf Flächenflugzeugen dazu. „Ich musste leider schnell feststellen, dass die Auslastung in der Wintersaison unbefriedigend ist“, erklärt er und verweist auf die nicht unerheblichen laufenden Festkosten. Was also tun?
Ein Flugschüler hatte ihm einmal erzählt, dass er regelmäßig zum Gleitschirmfliegen nach Andalusien führe und er von einem Flugplatz in Villamartin gehört hätte, der sich sehr gut für die Ausbildung eignen könnte. Wäre das während der Schlechtwetterperiode eine Alternative für seine Flugschule? Jan Harlfinger reiste kurzerhand nach Spanien, besuchte den Inhaber des dortigen Flugplatzes und war positiv überrascht. Thomas Huster lebt schon seit über 30 Jahren in Spanien und fliegt selbst ULs und Segelflugzeuge. Vor längerer Zeit hat er, vielleicht nicht ganz uneigennützig, an einer stillgelegten Eisenbahnstrecke einen alten Bahnhof erworben, neben dem ein kleines Flugfeld lag. Er restaurierte die Gebäude, machte daraus ein rustikales Hotel mit 25 Zimmern und ließ die Schotterpiste in eine 475 Meter lange Asphaltbahn umbauen. „Ich war sofort begeistert“, schwärmt Harlfinger. „Vom Hotel zur Landebahn sind es keine 200 Meter. Lärmbeschwerden sind wegen der spärlichen Bebauung nicht zu erwarten, und die Landschaft mit Seen und der Sierra de Grazalema ist einfach herrlich!“ Hinzu kommt noch, dass internationale Flughäfen wie Malaga, Sevilla oder Jerez weniger als zwei Autostunden entfernt sind.
Da DynamicSpirit mit mittlerweile sechs Tragschraubern und vier UL-Flugzeugen kräftig gewachsen ist und auf der Insel Sylt sogar einen weiteren Stützpunkt etabliert hat, ist eine Winterflugschule in einer relativ wettersicheren Gegend durchaus sinnvoll. „Wir transportieren halt alles hierher“, sagt Harlfinger und zählt auf: „Vom modernen Tankanhänger über spezielle Werkstatteinrichtungen bis hin zur Luxuskaffeemaschine.“ Er ist jetzt im dritten Jahr jeweils von Dezember bis März hier ansässig und weiß, was unbedingt nötig ist und was gut ist, dabei zu haben. Der Transfer der Maschinen nach Spanien erfolgt meist im Rahmen angebotener Tourenpakete. Da können Flugschüler mit Lehrer, natürlich auch Charterkunden mit oder ohne Sicherheitspiloten, die gut 2000 Kilometer selbst fliegen, am Boden immer begleitet von Versorgungsfahrzeugen.
Siesta am Mittag
Bei meinem Besuch im Februar sind zwei offene Tragschrauber MTOsport, ein geschlossener Cavalon und ein Dreiachs-UL Breezer B400 vor Ort im täglichen Einsatz. Die sieben Flugschüler werden von drei Fluglehrern betreut. Morgens um neun Uhr serviert eine Hotelangestellte im Aufenthaltsraum das gemeinsame Frühstück. Danach gibt es ein kurzes Briefing – und dann geht es schon zum Hangar, um die Luftfahrzeuge startklar zu machen. „Bei Bedarf binden wir in die praktische Ausbildung natürlich auch Theoriestunden mit ein“, erklärt Fluglehrer Jürgen Spittler, der den Stützpunkt an der Nordsee leitet, jetzt aber hier gebraucht wird. Mittags gibt es die landestypische Siesta, und dann geht der Schulungsbetrieb weiter, bis es dunkel wird. Es folgen Saubermachen, Einräumen, Aufräumen, Abschlussbesprechung – Feierabend. Für das Abendessen gibt es im Ort zwar ein paar Restaurants, aber meistens wird selbst gekocht und in gemütlicher Runde am Kamin gegessen und erzählt. Einmal in der Woche steht ein längerer Navigationsflug auf dem Programm, zum Beispiel ans Meer oder in die Berge. Da fliegt man in lockerer Formation die vorher gründlich geplante Strecke ab und genießt die Freiheit. Allerdings nicht über den Wolken, denn ULs dürfen in Spanien nur in einer maximalen Höhe von 300 Meter AGL fliegen.
Jan Harlfinger ist es mit seinem Konzept Winterflugschule gelungen, die Ausbildung auch in der Schlechtwetterperiode kontinuierlich fortzuführen. Im Gegensatz zu daheim wird hier dem Fliegernachwuchs besonders deutlich, wie belebend Fliegerkameradschaft sein kann.
aerokurier Ausgabe 04/2016