Aerospool WT9 Dynamic als LSA

Pilot Report
Dynamic als LSA: Schön schnell

Zuletzt aktualisiert am 05.07.2014

Probeflug mit der Turbo-Version

Liebe auf den ersten Blick? Von wegen! Als ich die WT9 Dynamic vor etlichen Jahren zum ersten Mal sah, steckte ich sie spontan in die Schublade einer Lancair-Kopie im UL-Format. Nachdem ich damals gerade eine frustrierende Flugerprobung mit einer Lancair 235 mit lausigen Flugleistungen und ebensolchen Eigenschaften hinter mir hatte, konnte die Dynamic als UL-Flugzeug mein Interesse über Jahre hinweg nicht wecken.

Das änderte sich erst auf der AERO 2011, als der slowakische Hersteller Aerospool die LSA-Version der Dynamic vorstellte. Auf der Messe fiel mir erstmals die hervorragende Verarbeitung des Composite-Tiefdeckers auf. Das Finish des aus Kohle-, Glasfaser- und Kevlargewebe gefertigten Tiefdeckers braucht sich hinter den in der Regel exzellent verarbeiteten Segelflugzeugen nicht zu verstecken. Dazu noch ein Echo-Kennzeichen als Garant für eine alltagstaugliche Zuladung. Meine Neugier war geweckt.

Die guten Eindrücke von der Messe blieben, doch bis zum Probeflug sollte es noch eine ganze Weile dauern. Genau genommen bis zum März 2013. Hannes Zimmermann, Importeur für Deutschland und die Schweiz, lädt mich zum Probeflug nach Heubach ein. Er versteht es, mir Appetit auf das LSA zu machen.
600 Kilogramm MTOW sind mit der angestrebten Zulassung als europäisches LSA möglich. Im Vergleich zum auf 472,5 Kilogramm beschränkten UL bleibt da natürlich mehr Spielraum bei der Zuladung.

Die D-EXIS, die ich für den aerokurier fliegen darf, bringt es mit Einziehfahrwerk, elektrischem Verstellpropeller, Rettungssystem, Schleppkupplung und Autopilot auf 352 Kilogramm Leermasse. Mit vollen Tanks sind ohne Reserve im Idealfall sechs Stunden Flugzeit oder knapp 1800 Kilometer Reichweite möglich. Für die Kabine bleiben dann noch 158 Kilogramm Zuladung übrig. Zimmermann: „Geblieben sind die von der UL-Version bekannten fliegerischen Qualitäten. Dank des Turbomotors Rotax 914 stehen bei diesem LSA sogar 115 Pferdchen bereit.“ Ich bin gespannt!

Die Dynamic galoppiert der Husky davon

Als wir uns treffen, ist das Wetter nicht berauschend. Der Wind weht böig aus Süden, und eine Warmfront naht. Zunächst machen wir unter Frank Herzogs Regie die Air-to-Air-Fotos. Nach einem kurzen Briefing starten wir mit Dynamic und Husky in Formation. Beide Flugzeuge sind mit jeweils zwei Personen und 125 Litern Kraftstoff beladen. Im Steigflug auf 6500 Fuß zeigt die Dynamic, dass sie in der Kletterdisziplin mit der 65 PS stärkeren, aber auch schwereren Husky locker mithalten kann. Auch im Reiseflug galoppiert der slowakische Tiefdecker unserer Husky nach dem Shooting auf und davon.

Zurück am Boden, erklärt Hannes Zimmermann mir das Cockpit. Das Kraftstoffsystem mit seinen beiden Flächentanks ist simpel: links, rechts, aus. Der Kraftstoffhahn kommt von Andair, einem britischen Spezialisten für Treibstoffsysteme – in diesem Flugzeug sind alle Komponenten vom Feinsten. Auch ein Gesamtrettungssystem ist an Bord.

Der Ein- und Ausstieg gelingt, ohne auf die Ledersitzkissen zu treten. Mit einem Knopf unter dem Panel werden die Pedale durch Federkraft in ihre gewünschte Position gebracht. Voilà! Jetzt passt das Flugzeug wie maßgeschneidert. Auf der Mittelkonsole sitzt die einfach zu bedienende Federtrimmung, rechts davon der Klappenhebel. Hinter der Trimmung befindet sich die Bremse. Beide Haupträder werden gemeinsam verzögert, Fußspitzenbremsen gibt’s nicht. Eingerastet dient der Hebel als Parkbremse.

Das Panel der D-EXIS ist mit drei großen Flymap L bestückt. Der Zweiachs-Autopilot lässt sich über den berührungsempfindlichen Bildschirm des Primary Flight Display bedienen. Die Avionik ist dank eines internen GSM-Moduls stets online. Der Pilot kann also seine Flugplanung zu Hause erledigen und diese direkt aufs Flymap übertragen. Mit der digitalen Motorüberwachung kann ich mich nicht anfreunden. Die Darstellung empfinde ich als unübersichtlich, die Ziffern als zu klein.

Der Gepäckraum hinter den Sitzen nimmt bis zu 40 Kilogramm auf und bietet dafür auch das entsprechende Volumen. Weiteres Gepäck kann in den optional erhältlichen Taschen vor den Sitzen befördert werden – allein diese sind für einen Tagesausflug völlig ausreichend.

Der Turbomotor Rotax 914 wird über einen Gashebel bedient, der zur Feineinstellung der Leistung rein- und rausgeschraubt wird – größere Leistungsänderungen lassen sich konventionell über drücken und ziehen regulieren. Der elektrische Constant-Speed-Propeller wird über einen Drehknopf verstellt, über dem ein Display den Sollwert anzeigt.

Die Gurte von Schroth sind bequem anzulegen. Haube zu, und los geht’s! Der Rotax startet problemlos, solange man im kalten Zustand das Gas geschlossen und den Choke offen hat. Einmal gestartet, treibt er den Dreiblattpropeller von Woodcomp seidenweich an.

Die Bugradsteuerung ist direkt, das geschleppte Haupt- und Bugfahrwerk dämpft angemessen, ohne weich zu wirken. Die Beringer-Bremsen sind über den Bremshebel fein zu dosieren. Allerdings hat die Dynamic mit Einziehfahrwerk einen relativ großen Wendekreis – das stört nicht, ist aber gewöhnungsbedürftig.

Sind Sie neugierig geworden, wie sich der rund 135.000 Euro teure LSA-Renner im Flug anfühlt? Unseren Pilot Report lesen Sie in voller Länge in der aerokurier-Ausgabe 5/2013, die Sie online bestellen können. Oder laden Sie einfach unsere iPad-App, um den Artikel in digitaler Form zu lesen.

Thomas Dietrich

aerokurier Ausgabe 05/2013