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Jubiläumstreffen: 25. Sachsenmarathon

72 Ultraleichtflugzeuge, drei Länder und rund 1130 Kilometer in der Luft – die Höhepunkte der 25. Auflage des Sachsenmarathons.

Jubiläumstreffen: 25. Sachsenmarathon

Die ersten Piloten haben sich bereits um das gläserne Flugleitungsgebäude geschart und warten gespannt auf das Briefing von Jan Altenkirch. Doch der Vorsitzende des Ultraleichtflugclubs in Brauna ist noch mit den Vorbereitungen beschäftigt, schließlich müssen die 72 teilnehmenden Teams sinnvoll koordiniert werden – kein einfaches Unterfangen. Als er zum Mikrofon greift, hat er die ungeteilte Aufmerksamkeit aller Anwesenden.

„Den ersten Zwischenstopp auf unserem heutigen Dreiländerflug legen wir im polnischen Jelenia Góra ein“, erklärt Altenkirch, „bevor wir in Tschechien das Metodej-Vlach-Museum besuchen.“ Kurz und knackig informiert er über die spezifischen Besonderheiten der beiden Flug-plätze. Dann liest er die Reihenfolge vor, in der sich die elf Formationen auf den Weg machen werden, und ruft die Verbandsführer zu sich, um sie gesondert zu briefen. Die langsamste Formation „Alpha“, bestehend aus einem Kiebitz, einem Storch 582 und drei C22, macht den Anfang und fliegt den tschechischen Flugplatz Mladá Boleslav direkt an, um nicht in Zeitnot zu geraten. Ob das Hirschberger Riesengebirge, das zwischen Jelenia Góra und Mladá Boleslav liegt, überhaupt überquert werden kann, ist zu diesen Zeitpunkt noch unklar, denn Meteorologe Uwe Baum gibt zu bedenken, dass sich die meisten Gipfel noch in den Wolken befinden. Der Vorfreude tut dies keinen Abbruch.

Karsten Mager, stolzer Inhaber einer C42, fiebert dem Sachsenmarathon bereits seit Längerem entgegen und nimmt bereits zum fünften Mal in Folge teil. Nach der Vorflugkontrolle lässt er den Motor seiner C42 warmlaufen und wartet geduldig, bis alle sieben Maschinen seiner Formation abflugbereit sind. Zu ihnen  gehört auch Horst Kny, der einstige Initiator des dreitägigen Himmelfahrt-Events, der sich den Spaß auch im Alter von knapp 84 Jahren nicht nehmen lässt. Gemeinsam rollen sie zum Abflugpunkt, stellen sich in der vereinbarten Reihenfolge auf und starten in kurzen Abständen. Nachdem auch das letzte Flugzeug den Boden unter sich gelassen hat, verabschiedet sich der Formationsführer beim Flugleiter in Brauna, wechselt auf die 122,800 MHz und nummeriert durch – alle Ultraleichtflugzeuge melden Hörbereitschaft und haben diszipliniert ihren Platz eingenommen.

Über die leuchtend gelben Rapsfelder der Oberlausitz führt die Route bis nach Görlitz, von wo aus niederschlesische Schlösser den Weg in die Hügellandschaft des Hirschberger Tals weisen. Trotz des großen Andrangs behält der polnische Lotse den Überblick und dirigiert die Formationen sicher zu Boden. Während Karsten Mager die Gelegenheit nutzt, um einen alten Freund zu treffen, streichen andere bewundernd um die Flugzeuge oder ruhen sich im Schatten der Tragflächen aus.

Noch liegt Dunst in der Luft, doch das Riesengebirge ist frei. Die Organisatoren drängen zum Aufbruch. Die Strecke verläuft nun in südlicher Richtung über den Karkonoski-Nationalpark, vorbei an der Schneekoppe bis ins tschechische Trutnov und von dort aus nach Mladá Boleslav.

Es ist bereits Nachmittag, daher sind die Piloten nach ihrer Ankunft der gekochten, fettigen Burenwurst alles andere als abgeneigt. Zum Nachtisch werden Kaffee und Kuchen serviert, und nachdem die elementaren Bedürfnisse gestillt sind, ist es an der Zeit, das Metodej-Vlach-Museum zu besuchen. Die Sammlung besteht aus mehr als 25 UL-Nachbauten geschichtsträchtiger Flugzeuge, Motoren und Ausrüstungsgegenständen wie Radiostationen und Uniformen. Auch ein Replikat des Flug­geräts, mit dem der Konstrukteur Metodej Vlach 1912 als erster Tscheche flog, gehört dazu. Die meisten davon sind flugtüchtig, wovon sich die Teilnehmer mit eigenen Augen überzeugen können – eine nette Geste des Museumsdirektors Vladimir Handlik. Zuerst donnert eine Klemm 25 H an den auf dem Vorfeld geparkten Flugzeugen vorbei und dreht einige sportliche Runden, dann folgen ein Fieseler Storch Fi 156 und eine Piper Cub. Die Piloten applaudieren und winken begeistert, ehe sie im Museum ihr eigenes Geschick am Simulator testen.

Auf dem Rückweg passieren die Ultraleichtflieger die Sächsische Schweiz mit dem markanten Elbsandsteingebirge. Zurück in Brauna, lassen sie den Abend in geselliger Runde ausklingen und erfreuen sich an den Showeinlagen von Jörg Hannemann, Entwickler und Testpilot von Comco Ikarus, der mit einer brandneuen C42 CS angereist ist. Auch Jan Altenkirch und Heinz Korella, die 1997 zusammen den UL-Weltmeistertitel errungen haben, nutzen die Gunst der Stunde, um Erinnerungen aufleben zu lassen und sich wieder einmal das Cockpit zu teilen.

Am nächsten Morgen stärken sich die Männer an einem reichen Frühstücksbuffet, das die Vereinsfrauen zubereitet haben. Das Hoch Walrita sorgt auch heute für strahlenden Sonnenschein und sommerliche Temperaturen. Unter der Leitung von Karsten Barrein macht sich Forma-tion „Delta“ als sechste auf den Weg Richtung Norden. Das Tagesziel ist die Umrundung von Berlin, Zwischenstopps sind in Finow und Bienenfarm geplant. Langsam ziehen die ausgedehnten Auen- und Moorlandschaften des Spreewalds unter den Flugzeugen hinweg. Mächtige Bauwerke wie das Schiffshebewerk in Niederfinow liegen ebenso auf der Route wie Potsdam und die Brandenburger Havelseen. Nach einem ereignisreichen Tag kehren die Teilnehmer schließlich nach Brauna zurück, um die Siegerehrung zu feiern.  Mit einem tiefen Überflug überbringt eine Fascination-Formation Grüße aus dem benachbarten Görlitz, wo deren alljährliches Treffen stattfindet.

Lutz Uhlmann und Uwe Schlenker belegen den ersten Platz, sind sie doch im Rahmen des Sachsenmarathons und der Anreise insgesamt jeweils 2394 Kilometer unterwegs gewesen. Jan Altenkirch, der ehemalige Wettbewerbsflieger, betont jedoch, dass beim Sachsenmarathon ein jeder die volle Punktzahl erreicht hat. Dabei sein ist alles. Das Erlebnis zählt.

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