„Wir schaffen das!“
75. Deutscher Segelfliegertag

Der Deutsche Segelfliegertag ist immer eine Bestandsaufnahme des Luftsports. Diesmal bilanzierte in Berlin der komplett neue BuKo-Segelflug-Vorstand das zurückliegende Jahr.

75. Deutscher Segelfliegertag

Für das Motto des 75. Deutschen Segelfliegertags „125 Jahre „Menschenflug“ hatte der Luftfahrtverband Berlin am letzten Oktoberwochenende weit zurückgeblickt. Festredner Gerhard Waibel wandelte es mit Sprachwitz in „Menschensegelflug“ ab und ließ als „Einwechselspieler“ die „zweite Halbzeit“ Revue passieren. Der 78-Jährige spannte den Bogen vom Beginn des Kunststoffzeitalters Anfang der 60er Jahre mit Konstruktion und Bau der D-36 über seine Flugzeugentwicklungen bei Alexander Schleicher Segelflugzeugbau bis zur Concordia. Seine gesamte Berufserfahrung hatte Waibel in dieses Projekt von Dick Butler gesteckt. Er sah es als krönenden Abschluss seiner Konstrukteurslaufbahn. Heute ist die Concordia ist das mit Abstand beste Offene-Klasse-Flugzeug.

Der 75. Deutsche Segelfliegertag war wieder ein Superlativ in dieser Reihe: eine Messe mit Ausstellungsständen über zwei Etagen, mit Flugzeugpräsentationen im Außenbereich und zwei parallel laufenden Vortragsreihen. Der Vormittag mit Festakt gehörte dem Jahresrückblick des Vorsitzenden der Bundeskommission Segelflug, Walter Eisele, und den Sportlerehrungen.

Am Vortag hatte sich die Sparte Segelflug im Deutschen Aero Club zur Mitgliederversammlung getroffen. Walter Eisele zollte dort seiner Vorgängerin Dr. Meike Müller „tiefsten Respekt“. Ein Jahr Kommissionsarbeit hatte gezeigt, was in diesem Amt alles zu leisten ist. Eisele hatte sich zudem in seinem Baden-Württembergischen Luftfahrtverband als Vizepräsident und Segelflugreferent noch weitere Ämter aufgelastet. Für die Geschäftsstelle wünschte er sich eine weitere Professionalisierung. Sein Fazit und Appell: Noch mehr Spezialisten hauptamtlich einbinden!

Das Referat Sport soll jetzt mit einer neuen Struktur effektiver werden. Ein Ausschuss Regelwerke wird künftig Überschneidungen und Koordinierungsaufwand zwischen Breiten- und Spitzensport vermeiden. Unter dem Titel „Training“ wird sich eine weitere Arbeitsgruppe verstärkt dem Breitensport widmen, der Hinführung zum Sport nach dem Lizenzerwerb. Hier will die BuKo intensiv mit den DAeC-Landesverbänden zusammenarbeiten.

Die Einbindung und Zusammenarbeit mit den Landesverbänden war in Berlin das Mantra von Walter Eisele. Ein Monoluftsportverband, der den Landesverbänden Beiträge entzieht, warnte er, würde die finanzielle Grundlage der Landesverbände und damit des Deutschen Aero Clubs gefährden. Die Abgrenzung zum allerdings nicht namentlich genannten Deutschen Segelflugverbandes (DSV) schwang bei allem mit. Rückendeckung für diese Einstellung gab es bei der Mitgliederversammlung mit der demonstrativen Präsenz des gesamten DAeC-Vorstands.

Alles in den Griff zu bekommen, zeigte sich Walter Eisele zuversichtlich. Mit „Wir schaffen das!“, machte er sich dafür das Statement der Kanzlerin in der Flüchtlingsfrage zu Eigen.

Unsere Highlights

Zielsicher in die Medaillenränge

Volle Bühne: Weltmeister, Rekordpilotinnen und -piloten und Deutsche Meister mit dem BuKo-Vorstand (rechts hinten) bei der Siegerehrung. Foto und Copyright: Holger Weitzel

usage des Bundesverkehrsministeriums (BMVI) in Sachen Wolkenflug. Das Ministerium beauftragte die Deutsche Flugsicherung, die Möglichkeiten dafür zu prüfen. Aber – was ist wichtig, was weniger wichtig? Bei eingeschränkten Ressourcen ist das eine ganz dringliche Frage, will man sich nicht verzetteln. Große Bedeutung hat sicherlich die Überarbeitung des Prüfungsfragenkatalogs. Hier ist man von der Neuauflage 2017 weit entfernt. Die notwendige deutsche Übersetzung der „Approved Means of Compliance (AMC) and Guidance Material (GM)“, anhand derer erst der FCL-Verordnung getreue Prüfungsfragen erstellt werden können, fehlt bislang.

Eine Neuausgabe des Katalogs ist deshalb vor 2018 nicht zu erwarten, seit Einführung von SERA sind dort viele Fragen zu Luftraumregelungen veraltet und falsch.

Wichtige Themen für die künftige Arbeit der BuKo Segelflug sieht Walter Eisele in der Sicherung des Luftraums gegen die Interessen von gewerblichen Drohnenbetreibern und in einer segelfluggerechten Einführung einer 600-kg-Klasse. Für den UL-Bereich klassifizierte er diese angestrebte Zulassungskategorie als gerechtfertigt und notwendig. Im Segelflugbereich könnte sie bei den Lizenzen zur Zersplitterung führen. Am Ende könnte es einen nationalen Segelflugschein für Einsitzer bis zur 18-m-Klasse und einen europäischen für schwere Doppelsitzer, die Offene Klasse und Motorsegler geben. Das soll unbedingt vermieden werden, wenn tatsächlich eine entsprechende Gesetzesänderung durchkommt und eine Anhebung des Gewichtslimits bringt.

Wettbewerbsleiter, Bundestrainer und Betreuer der Sportsoldaten – über Jahrzehnte hat sich Rainer Wienzek in diesen Funktionen selbstlos für den Segelflug eingesetzt. Der Internationalen Segelflugkommission war das eine ihrer höchsten Auszeichnungen wert: die „Lilienthal Gliding Medal“. Zum Segelfliegertag überreichten DAeC-Präsident Wolfgang Müther und Walter Eisele Rainer Wienzek die Medaille.

Der Stand des Sports zeichnete sich in Berlin im Ehrungsteil ab. Sibylle Andresen erhielt für ihre in diesem Jahr erflogenen Geschwindigkeitsweltrekorde über das 300- und 500-km-Dreieck den Ehrenteller des Deutschen Aero Clubs. Mit ihrem 163,11 km/h schnellen Flug über 500 Kilometer in Nevada im Sommer überbot sie zugleich den erst im Januar von Anja Kohlrausch mit 147,99 km/h aufgestellten Rekord.
Erfolgreich war der deutsche Segelflug auch bei den Weltmeisterschaften. In der Clubklasse kletterte Jan Rothhardt als Weltmeister aufs Siegerpodest, in der Standard-Klasse wurde Felipe Levin Vizeweltmeister. Bei der Junioren-Weltmeisterschaft im Januar in Australien wurde Philipp Schulz in der Clubklasse Vizeweltmeister, Sebastian Nägel erreichte den dritten Platz in der Standard-Klasse.

Die mit jeweils 1000 Euro dotierten Förderpreise der Traditionsgemeinschaft Alte Adler überreichte ihr neuer Präsident Uwe Stüben den Gewinnern der Ju-niorenkonkurrenzen der Deutschen Meisterschaft im Streckensegelflug: Stefan Langer (Standard-Klasse), Clemens Pape (Clubklasse) und die Juniorenmannschaft der SFG Donauwörth. Julia Wanninger vom FSC Schwandorf erhielt von Uwe Stüben und der Initiatorin dieses Preises, Ingrid Blecher, den Förderpreis als Juniorin 2016.
Die DMSt soll nun auch modernisiert werden: Nur 1100 vollendete angemeldete Flüge in dieser Saison sind ein Warnsignal.

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