Trainingsflugzeug
Akaflieg Darmstadt D-43 Fuchur

Es war als schönes Weihnachtspräsent gedacht für alle, die einmal an dem rund 20 Jahre dauernden Projekt mitgewirkt haben: Im Dezember feierte die Akaflieg Darmstadt die Fertigstellung ihres neuen Doppelsitzers.

Akaflieg Darmstadt D-43 Fuchur

Akaflieg Darmstadt D-43 Fuchur

Die öffentliche Vorstellung der D-43 auf dem Tradi-tionsflugplatz Griesheim war mit einem offiziellen Erstflug geplant. Den hatte dann aber der am 19. Dezember über Deutschland rasende Wintersturm verhindert. Geflogen ist der neue, ganz in CFK und im Cockpitbereich mit Dyneema-Anteilen gebaute Schuldoppelsitzer aber schon.

Den Erstflug hatte der Werkstattleiter der Akaflieg Darmstadt, Dennis Patzig, bereits am 31. Oktober in Malmsheim absolviert – im kleinen Kreis, ganz ohne Öffentlichkeit, schließlich ist der Erstflug ein heikler Akt, der mit sehr viel Spannung angegangen wird. Es ist der Moment, in dem sich zeigt, ob all die reingesteckte Arbeit tatsächlich trägt. Dennis Patzig zeigte sich noch in Griesheim begeistert von diesem Erstflug-erlebnis: „Es hat alles auf Anhieb geklappt. Die D-43 fliegt sehr gut.“ Nachbesserungen, Korrekturen? Dennis Patzig: „Es gibt keine Änderungswünsche.“

Auch die spannende Frage nach der Wendigkeit war in Malmsheim schnell geklärt. Obgleich die Querruderausschläge kleiner ausgelegt wurden, als im Entwurf ursprünglich vorgesehen, steht die D-43 einem Duo Discus in dieser Disziplin in nichts nach. Die Ruderkräfte seien erfreulich gering, berichtete Dennis Patzig. Da können sogar die hoch aufragenden Steuerknüppel etwas gekürzt werden, um mit aufgelegtem Unterarm aus dem Handgelenk steuern zu können.

Mit dem Projekt D-43 hatte sich die Akaflieg Darmstadt, die in diesem Jahr auf eine 95-jährige Geschichte und insgesamt mehr als 40 fertiggestellte Flugzeuge zurückblickt, einmal nicht der Suche nach Leistungsverbesserungen gewidmet. Für den eigenen Flugbetrieb sollte mit der D-43 ein Schul-/Trainingsflugzeug entstehen, in dem eine deutlich bessere Kommunikation zwischen Flugschüler und Lehrer möglich ist als in den üblichen Ausbildungszweisitzern mit hintereinander angeordneten Sitzen. Gefragt war ein Trainer, der den Schülern den Umstieg auf die LS4 erleichtert.

Unsere Highlights

Komplette Neukonstruktion

Liegestatt. Unnötige Hebel stören nicht im D-43-Cockpit. Das Fahrwerk fährt elektrisch. Foto und Copyright: Marzinzik

In der D-43 mit ihrer Side-by-Side-Sitzanordnung kann der Lehrer dem Schüler auf die Finger gucken. Das soll schnellere Fortschritte bei der Ausbildung ermöglichen. Die Anordnung der Sitze verschafft dem Fluglehrer zudem eine deutlich bessere Sicht. Sonst wird sie ja nach vorn durch den Kopf des Flugschülers eingeschränkt.

Leistungsmäßig wurde das Projekt deshalb zwischen ASK 21 und Duo Discus angesiedelt. Dass ein breiterer Rumpf im Vergleich zu einem schlanken, längeren nicht unbedingt größeren Widerstand bedeuten muss, hatten die Darmstädter schon mit dem Doppelsitzer D-41 bei Vergleichsmessungen der DLR/Idaflieg bewiesen.

Das Profil für den 18-m-Flügel der D-43 entwickelte Professor Richard Eppler. Er ist zweiteilig mit aufsteckbaren, kurzen Wingtips ausgeführt. Im Grundriss ein Dreifachtrapez, biegt er im Außenbereich über zwei Stufen nach oben auf.

Bei der Flügelprofilierung (ohne Wölbklappen) wurde besonderes Augenmerk auf die Flugeigenschaften gelegt. Als Schulflugzeug soll die D-43 auf der einen Seite ein gutmütiges Verhalten im Langsamflug zeigen, sich aber dennoch durch gezielte Ruderausschläge zum Abkippen und Trudeln bringen lassen. Dieses Verhalten ist für gezielte Gefahreneinweisungen in der Ausbildung erwünscht.

Aus diesem Grund wurde auf eine Schränkung des Tragflügels verzichtet, was der D-43 zugleich zu besseren Schnellflugleistungen verhelfen soll. Der Verzicht auf eine Schränkung verhindert, dass beim schnelleren Vorflug der Widerstand am Außenflügel stärker anwächst.

Um das Landen zu erleichtern und die nach dem Aufsetzen zu vernichtende Energie gering zu halten, sollte auch bei einer Zuladung von 180 Kilogramm die Anfluggeschwindigkeit unterhalb von 75 km/h bleiben. Eine niedrige Anfluggeschwindigkeit gibt dem Flugschüler Zeit, Fehler zu erkennen und zu korrigieren. Für hohe Sinkgeschwindigkeiten sorgen große, doppelstöckige Bremsklappen.

Die Tragflügelpfeilung wurde so auf die Länge des Leitwerkshebelarms abgestimmt, dass unabhängig von der Besetzung des Cockpits der Schwerpunkt ohne weitere Maßnahmen im zulässigen Bereich bleibt. Schließlich wird in der Schulung häufig zwischen ein- und doppelsitzigem Betrieb gewechselt. Bei der D-43 werden Zuladungen zwischen 70 und 220 Kilogramm möglich sein, ohne Trimmgewichte ein- oder ausbauen zu müssen.

Das Cockpit, das mit der großen, nach oben öffnenden Haube der Besatzung viel Bequemlichkeit ermöglicht und die Kommunikation erleichtert, hat der Akaflieg beim Bau des Rumpfs besonders viel Aufwand bedeutet. Mitten in der Bauphase wurden die Anforderungen verschärft, so dass der Rumpf letztlich zweimal gebaut werden musste. Zum Nachweis der Sicherheit dieser ungewöhnlichen Konstruktion musste die Gruppe eigens einen Rumpf für einen Bruchtest bauen. Die Festigkeit des Flügels konnte mit einem zerstörungsfreien statischen Belastungstest nachgewiesen werden.

Die D-43 ist damit eine fast komplette Neukonstruktion der Akaflieg. Nur beim Leitwerk wurde auf Bewährtes aufgebaut, es entstand in der Form des Nimbus 4D. Das Doppelrad, auf dem die D-43 steht, stammt von der ASW 22. Beim Doppelsitzer wird es allerdings elektrisch ein- beziehungsweise ausgefahren. Im D-43-Cockpit konnte damit auf einen sperrigen Bedienhebel verzichtet werden.

Viele Studien-, Bachelor- und Masterarbeiten haben das D-43-Projekt vorangebracht. Zwischen 200 und 600 Jahresarbeitsstunden hat dabei jedes der heute 30 Mitglieder zählenden Akaflieg eingebracht, erklärte Andreas Liebe, Projekt- und Flugerprobungsleiter der D-43.

Bisher nur vorbereitet wurde die Ausrüstung mit einem Rettungssystem, dem von der Akaflieg entwickelten Soteira. Der besondere Vorteil von Soteira ist die Null-Null-Fähigkeit (Entfaltung bei null Höhe und null Geschwindigkeit). Soteira besteht antriebsseitig aus einer zweistufigen Rakete. Eine kleine Trägerrakete schießt die Hauptrakete aus dem Rumpf heraus, die den Piloten – der automatisch von den Haltegurten befreit wird – aus dem Cockpit zieht. Nur 1,5 Sekunden nach dem Auslösen des Systems befindet sich der Pilot über dem Flugzeug. Der Fallschirm öffnet automatisch. Noch fehlt aber die Zulassung für das System.

Soteira und D-43 stehen ganz in der Tradition der epochemachenden Projekte der Akaflieg Darmstadt. Zu deren berühmtesten zählen die D-34, die half, die Faserverbundbauweise im Flugzeugbau zu etablieren. Danach kam die D-36, das Hochleistungs-Segelflugzeug mit konkurrenzlos guten Flugleistungen. Hier wirkten Klaus Holighaus, Wolf Lemke und Gerhard Waibel mit, die später als Konstrukteure berühmt wurden. Der D-38 bescherte ihr Konstrukteur Wilhelm Dirks später bei Glaser-Dirks ein Leben als Serienflugzeug.

Mit der D-40 schließlich, dem Segelflugzeug mit dem einzigartigen „Taschenmesserflügel“ für eine variable Tragflügelgeometrie, wagte sich die Akaflieg Darmstadt besonders weit vor.

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Technische Daten

Akaflieg Darmstadt D-43 Fuchur

Abmessungen

Werkstoff: CFK, Dyneema
Tragflügel: Dreifachtrapez
Flügelteilung: zweifach
Profil: Eppler E462
Spannweite: 18 m
Flügelfläche: 15,93 m²
Streckung: 20,34
Schränkung: keine
V-Stellung: 3 °
Pfeilung: -1 °

Massen und Mengen

maximale Flugmasse: 700 kg
Höchstgeschwindigkeit: 270 km/h
Wasserballast: 0 kg

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