Elektroflieger
Pilot Report: Schempp-Hirth Discus 2c FES

Einfach nicht mehr außenlanden müssen. Das verspricht der Discus 2c FES mit einem elektrischen Antrieb als Heimkehrhilfe, die geradezu narrensicher funktioniert und in der Steigleistung dem Turbo deutlich überlegen ist.

Pilot Report: Schempp-Hirth Discus 2c FES

Eigentlich ist der Discus 2 von Schempp-Hirth ein alter Bekannter. Den Erstflug absolvierte das Standard-Klasse-Flugzeug 1994. Später folgte die c-Version mit Ansteckflügeln für 18 Meter Spannweite. Auch das jetzt integrierte elektrische Antriebssystem FES (Front Electric Sustainer) von LZ-Design ist schon über Jahre praxiserprobt. Das Rennklasse-Flugzeug LAK 17b fliegt damit. Das UL-Segelflugzeug Silent 2 von Alisport ist mit dem FES sogar eigenstartfähig. Im Discus 2c FES finden damit zwei bewährte Systeme zusammen. Also nicht Neues? Nur eine weitere Variante von Heimkehrhilfe im Angebot von Schempp-Hirth, jetzt halt mit Elektromotor? 

Wir haben für diesen Pilot Report genau hingesehen und haben ein Flugzeug kennengelernt, das wir so nicht erwartet hatten. Die FES-Variante erwies sich nicht nur als grundsolide Kombination bewährter Systeme, sie unterscheidet sich auch deutlich vom Discus 2cT mit der alternativen Motorisierung mit Verbrennermotor und Fünfblattpropeller.

Beim FES dreht sich ein Zweiblattpropeller in der Bugspitze, der sich im Segelflugbetrieb an die Seitenwände anlegt. Im Bug befindet sich auch der Elektromotor, während die Stromspeicher im Rumpfmittelteil untergebracht sind und mit ihren 32 Kilogramm die Schwerpunktsverlagerung durch den sieben Kilogramm schweren Motor ausgleichen.

Im Instrumentenpilz sind ein Hauptschalter mit Sicherungskappe und eine kleine Bedien-/Überwachungseinheit mit einem Kippschalter und Dreh-/Druckknopf der einzige Hinweis auf die Motorisierung. 

Diese Einfachheit und leichte Handhabung ist wohl auch der Hauptgrund für die schnelle Verbreitung des Systems. Es sind nur zwei Handgriffe, die es zum Leben erwecken: Sicherungsschalter an, ein Dreh am Potentiometer, und schon schnurrt der E-Motor. Voll aufgedreht steigt der Discus mit rund 2 m/s. Ich probiere es Ende April von der Hahnweide aus nicht in Bodennähe aus, finde bei mehreren Versuchen mit Ein- und Abschalten aber schnell das Vertrauen in das System und habe keine Bedenken mehr, dass es auch aus dem Endanflug auf einen Außenlandeacker zuverlässig auf eine sichere Höhe hebt. Die volle Leistungsabnahme zehrt allerdings schon an den Akkus: Rund 15 Minuten Motorlaufzeit stehen in dieser Konfiguration zur Verfügung, signalisiert die Steuereinheit. Aber in zweieinhalb Minuten sind schon 300 Meter erstiegen – eine mäßige Windenstarthöhe,  die ausreicht, um im Horizontalflug wieder auf Thermiksuche zu gehen. Mit deutlich reduzierter Leistung, das Display meldet eine Leistungsabnahme von fünf Kilowatt, schnüre ich im Horizontalflug die Albkante entlang auf der Suche nach der Ablösung, die im Segelflug weitere Höhe bringt. Fast eine Stunde Flugzeit steckt jetzt noch in den Akkus, meldet das Display.

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Immer nach Hause kommen

Für einen Heimflug dürfte das FES  bei einem überzogenen oder abgebrochenen Streckenflugvorhaben immer ausreichen. Anders als mit den Klapptriebwerken wird dann aber nicht der Sägezahnstil angewendet, sondern horizontal unter Abruf der Schwebeleistung der Motor eingesetzt. Lärm, soweit die Geräuschentwicklung überhaupt so eingestuft werden kann, erzeugt im Wesentlichen nur der Propeller. Ganz anders als bei den Turbos schnurrt das FES nahezu vibrationsfrei. Eine Stunde Motorbetrieb schüttelt hier nicht unsäglich durch.

Den ersten richtig schönen Thermiktag seit Langem über der Schwäbischen Alb möchte ich nicht allein dem Motorfliegen widmen. In 3-m-Bärten auf über 2400 Meter aufzudrehen, ist zu verlockend. Ich nutze die Gelegenheit, den Discus 2c mit 18 Metern Spannweite über den ganzen Einsatzbereich zu erfahren.

Anfangs kurbele ich etwas zu schnell, an die hochgereckte Nase im Langsamflug muss ich mich erst gewöhnen. Sie ist ein Tribut an die Optimierung des Einstellwinkels für den schnelleren Vorflug. Im zweiten Aufwind habe ich mich schon auf das Horizontbild eingestellt. Später, bei der Landung, muss ich allerdings doch wieder öfter den Blick auf den Fahrtmesser richten, um nicht zu schnell anzufliegen.

Das Aufspüren der Thermik wird mit dem Discus zur Wonne. Der steife Flügel vermittelt bei den Schwenks unter den leicht breitgelaufenen Wolken zielgenau, wo‘s richtig steigt. Eindrehen und nachzentrieren erfordern kein längeres Einfliegen. Mit den harmonisch abgestimmten Rudern steuere ich den Discus aus dem Handgelenk ins Steigzentrum.

Dann unter tragenden Linien vorpreschen mit 180 bis 200 km/h zum  nächsten Hammerbart. Für diese Speed  arbeitet auch die Trimmung. Bemerkbar macht sich jetzt die für die Kühlung des Antriebssystems erforderliche Lüftung mit anschwellendem Fahrtgeräusch.

Im Segelflugbetrieb kann die Kühlluft-Durchströmung des Motors abgestellt werden. So zieht denn auch in 2000 Metern Höhe bei nur ein Grad Celsius nicht der Frost ins Cockpit. Bei meinem Flug hat das FES schnell viele Pluspunkte gewonnen.Zuverlässigkeit und einfache Handhabung überzeugen. Nahezu narrensicher scheint das System auch in der Handhabung am Boden. Scharfmachen, sollte man  es allerdings erst kurz vor dem Start. Mit dem Discus gibt es keine Entschuldigung mehr, einen Überlandflug nicht zu wagen.

aerokurier Ausgabe 06/2016

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