Was haben Piloten von Focke-Wulf Fw 190, Porsche-Skylane und so manchen Rotax-Flugzeugen gemeinsam? Sie müssen nur einen einzigen Hebel bedienen, um für jeden Augenblick des Fluges vom Start bis zur Landung die passende Leistung einzustellen. Gerade bei älteren Motoren ist dies ein komplexes Zusammenspiel verschiedenster Parameter. Beim BMW 801, dem legendären 14-Zylinder-Doppelsternmotor aus der Fw 190, sind es beispielsweise Drosselklappenstellung, Zündzeitpunkt, Einspritzmenge, Ladergang und Luftschraubenverstellung.
Ihre Synchronisation übernahm das sogenannte Kommandogerät, ein analoger Rechner aus einer Vielzahl von Zahnrädern und Stellgliedern. Beim Porsche PFM 3200, der in kleiner Stückzahl in Flugzeugen von Robin, Cessna und Mooney verbaut wurde, gibt es ebenfalls nur einen Hebel, der über eine Kinematik Drosselklappe, Propellerregler und Kraftstoffaufbereitung steuert. Auch Cirrus löst das Thema Propellerverstellung mit einer Kinematik, die am Gashebel angreift; die Gemischregelung erfolgt hier jedoch manuell. Alle genannten Hersteller verfolgen damit ein Ziel: den Piloten zu entlasten.
Moderne Konstruktionen, vor allem vom österreichischen Hersteller BRP-Rotax, setzen zunehmend auf elektronisch gesteuerte Einspritzsysteme. Damit fällt – wie schon zuvor bei den Vergasermotoren – das manuelle Einstellen des Gemischs, also die Bedienung des roten Hebels, prinzipbedingt ohnehin weg. Bliebe der blaue Hebel für die Propellerverstellung. Und hier kommt mit RS Flight Systems ein kleines Unternehmen aus dem Kreis Starnberg in Bayern ins Spiel.
Messequipment und Steuergeräte
RS Flight Systems wurde 2018 als Spin-off von Reiser Simulation and Training ausgegründet. Ziel war es, alle Aktivitäten, die sich mit der praktischen Fliegerei befassten, aus dem auf die Herstellung von professionellen Flugsimulatoren für das Pilotentraining fokussierten Unternehmen auszulagern und unter einem separaten Dach unterzubringen. Unter der Regie von Maximilian Rommel und Dr. Matthias Weinzierl entwickelt und fertigt RS Flight Systems Messequipment für Flugtests, mit dem sich alle möglichen Parameter wie Luft-, Motor- und Inertialdaten, Steuereingaben oder auftretende Kräfte erfassen lassen, und zwar vom Gyrokopter bis zum Warbird. "Gerade im Bereich Helikopter sind die Daten für die Reiser Simulation elementar, um Modelle für die Simulatoren zu entwickeln", erklärt CTO Matthias Weinzierl.
Das zweite Standbein sind Avioniklösungen nach Kundenwunsch. Die von Benjamin Bachmaier entwickelte Windmesstechnik, die unter dem Namen anemoi in der Segelflugszene gut bekannt ist, wurde von RS Flight Systems vom "Schuhkarton voller Platinen und Kabel", wie es Weinzierl augenzwinkernd beschreibt, in ein handliches, kleines Gerät verwandelt und schließlich auf den Markt gebracht. Aber das sei eher ein Nischengeschäft. Wirklich bedeutsam sei die Zusammenarbeit mit Rotax im Bereich der Motor- und Propellersteuerung. "Der im Jahr 2000 als Prototyp gebaute Turbo-Sechszylinder Rotax 936 war der erste Flugmotor mit CANaerospace-Bus, Michael Stock hat mit seinem Unternehmen Stock Flight Systems die Entwicklung der modernen Motorsteuerung vorweggenommen. Und da setzen wir an", so Weinzierl.
Die iS-Motoren hätten bezüglich der Elektronik viel vom 936 übernommen, allerdings wurde das Potenzial anfangs gar nicht wirklich ausgeschöpft. "Als wir die Firma gegründet haben, steckte das alles noch in den Kinderschuhen", sagt der CTO. Man habe es sich zur Aufgabe gemacht, die komplette Elektronik um die iS-Motoren herum zu entwickeln, also Propellersteuergeräte, Ground Control Units und Anzeigegeräte. Daraus sei schließlich auch die Single-Lever Power Control entstanden.
Erstflug in einer Tecnam P92
Die Idee gärte schon länger, bereits 2014 sei eine Tecnam P92 mit entsprechender Hard- und Software beim "Hausverein" von Rotax, der Weißen Möwe Wels, geflogen. Das Flugzeug sei mit einem gemeinsam mit MT-Propeller entwickelten Constant-Speed-Prop ausgestattet gewesen, der über einen hydraulischen Governor gesteuert wurde. Der Pilot musste für die Leistungsregelung lediglich einen Hebel bedienen, alles andere erledigten die Elektronik und ein kleiner Servomotor zur Steuerung des Governors. So funktioniert das System bis heute.
Inzwischen hat RS Flight Systems mit der Engine Monitoring Unit (EMU) und der System Control Unit (SCU) zwei Avionikkomponenten im Programm, mit denen sich die Einhebelbedienung für Rotax-Einspritzer in nahezu jedes Flugzeug implementieren lässt. Erstere ist gleichzeitig Steuer- und Anzeigegerät für die Motordaten, letztere erledigt nur die Steuerung und ist für Flugzeuge vorgesehen, die mit EFIS von Garmin oder Dynon ausgestattet sind und die Motorparameter in den PFDs darstellen können.
"Die Software der Steuerung wird in Absprache mit dem Flugzeughersteller individuell angepasst, damit am Ende die jeweilige Kombination aus Flugzeug, Motor und Propeller die bestmögliche Mischung aus Leistung und Effizienz erreicht", so Weinzierl. Die ganze Entwicklung läuft bereits seit Jahren, aber mehr oder weniger im Verborgenen und stets in enger Absprache mit BRP-Rotax in Gunskirchen. "Wir sind mittlerweile zugelassener Entwicklungspartner für Rotax und werden regelmäßig auditiert. Zudem sind wir zugelassener Serienlieferant und haben einige Komponenten für Rotax entwickelt, beispielsweise den Laderegler für die Motoren, die in einem 24-V-Bordnetz arbeiten."
Warum RS Flight Systems und seine Entwicklung ab 2024 plötzlich massiv in den Fokus von Flugzeugherstellern geraten sind, kann sich Matthias Weinzierl selber kaum erklären. Allerdings stellt er erfreut fest: "Die Anfragen sind enorm, und auf Messen haben wir kaum noch eine ruhige Minute. Auch auf der AERO im April hat man uns förmlich die Bude eingerannt."
Plus an Komfort und Sicherheit
Jüngst hat Bristell für seine B23 mit dem Rotax 912 iS die Single-Lever-Option auf den Markt gebracht, auch andere etablierte Hersteller wie Breezer, Elixir oder Issoire Aviation setzen auf die Lösung von RS Flight Systems. Auch wenn eine Nachrüstung möglich sei, komme die Single-Lever-Steuerung in erster Linie für den Einbau ab Werk infrage. "Ansonsten wird es mutmaßlich zu teuer", und man benötigte für zugelassene Muster ein STC. Anders mag es im Bereich Experimentals aussehen, und auch in der UL-Klasse habe man das System schon erfolgreich nachträglich implementieren können. "Ein Beispiel dafür ist die Legend 600", so Weinzierl.
Für den Piloten sei die Single-Lever-Bedienung ein Plus an Komfort und Sicherheit. "Man fliegt das Ganze wie ein Flugzeug mit Fixed-Pitch-Propeller. Lautstärkehebel vor, Power, und alles andere regelt das System. Einfacher geht es nicht", zieht Weinzierl, der mit 15 als Segelflieger begann und inzwischen auch in TMGs, ULs und Motorflugzeugen sitzt, ein Fazit. "Keine Fehlbedienungen, die Prop oder Motor beschädigen können, und jederzeit maximale Performance – das ist unser Anspruch."