Berlin ist eine Stadt voller Gegensätze und Superlative: einerseits pulsierendes Party- und Kulturzentrum, andererseits urbaner Raum mit riesigen Grünflächen und einer weitverzweigten Fluss- und Seenlandschaft. Aus der Vogelperspektive hat die Metropole ihren ganz besonderen Reiz. Architektur und Natur geben ein abwechslungsreiches Schauspiel. Die Ausdehnung des Großstadtdschungels wird erst aus der Luft richtig erfassbar: Rund 45 Kilometer sind es vom östlichen bis zum westlichen Ende, knapp 40 Kilometer vom nördlichen bis zum südlichen Stadtrand. Da scheint ein einziger Flug fast zu wenig, um all die Vielfalt der Großstadt mit ihren faszinierenden Lichtspielen zu erleben.
An diesem milden Tag im Spätherbst nähern wir uns von Nordwesten. Schon aus der Ferne taucht die unverkennbare Silhouette auf. Im Vergleich zu anderen Großstädten ist das Stadtbild Berlins viel weniger von Hochhäusern dominiert. Umso markanter ragt der 368 Meter hohe Spargel, wie manche Berliner ihren Fernsehturm nennen, aus dem Häusermeer heraus. Er ist nicht nur das höchste Bauwerk in Berlin, sondern sogar in ganz Deutschland.
Entlang der Autobahn kann man sich gut Richtung Stadtzentrum orientieren. Große Waldflächen und die Havel liegen unter uns. Langsam rücken die Einfamilienhäuser von Heiligensee ins Blickfeld. Zu unseren Füßen breitet sich der Tegeler See aus. Dann geht es immer näher zum Zentrum der Stadt, nur noch einen Katzensprung sind wir vom ehemaligen Flughafen Tegel entfernt. Es ist immer noch aufregend, hierherzukommen, denn bis vor einem Jahr war ein Flug über diesem Gebiet eine Herausforderung mit einigen Hürden. Berlin lag quasi komplett in der Kontrollzone. Aufgrund des hohen Verkehrsaufkommens war es kaum möglich, einen Überflug über Tegel zu ergattern, auch wenn die Controller äußerst kooperativ waren. Heute kann man sich hier austoben und entspannt seine Kreise ziehen. Der aktuelle Deckel ist im nördlichen Teil der Stadt mit 5500 Fuß relativ hoch.
Jetzt liegt er genau unter uns: der alte Berliner City Airport. Wo noch vor Kurzem im Minutentakt Airliner starteten, ist inzwischen Ruhe eingekehrt. Am 8. November 2020 hob der letzte Jet ab: Flug AF 1235 nach Paris. Mit mehr als zehn Jahren Verspätung hat Tegel seine Tore dichtgemacht. Heute ist der Flughafen ein Stück Berliner Geschichte. Das wabenförmige Terminal A mit seinen 15 Rüsseln ist der geniale Entwurf der damals noch jungen Architekten Meinhard von Gerkan und Volkwin Marg. Der 1974 mitten im französischen Sektor Westberlins eröffnete Flughafen hatte sehr kurze Wege – nicht nur in die Stadt hinein. Check-in, Sicherheitskontrolle und Gate lagen sehr nah zusammen. Die Konstruktion war ein Meilenstein internationaler Architektur. Aber die Geschichte des Flughafens beginnt schon zur Zeit der Berliner Luftbrücke. Damals diente das Areal der Air France als Landebahn. Erst 1960 begann das Zeitalter der Zivilluftfahrt. Der Tourismus nahm allmählich zu, und ein größeres Terminal musste her. Das Ergebnis liegt nun verweist in der Nachmittagssonne unter uns. Ein wenig Wehmut kommt auf, auch wenn der Wandel neue Freiheiten gebracht hat.

Ins Herz der Hauptstadt
Weiter geht es Richtung Osten, ins Herz der Hauptstadt. Die Wohnviertel von Reinickendorf, Wedding und Prenzlauer Berg ziehen unter uns vorbei. Zur Rechten liegt das Zentrum. Seit dem Absturz eines Kiebitz-Doppeldeckers vor dem Reichstag im Jahr 2005 liegt in der Stadtmitte leider eine ED-R. Der Einflug ist ausgeschlossen, Sightseeing aber dennoch möglich. Um den Fernsehturm herum gruppieren sich das Rote Rathaus, die Marienkirche, der Berliner Dom, das Nikolaiviertel und der Gendarmenmarkt. Östlich der ED-R passieren wir die Spree und die markanten Zwillingstürme der Oberbaumbrücke. Mitten auf dem Fluss steht der "Molecule Man". Die imposante, 30 Meter hohe Skulptur markiert das Aufeinandertreffen der Bezirke Friedrichshain, Kreuzberg und Treptow – eine sehr urbane und trendige Gegend. Dennoch kann man hier auch entspannt mit Boot, Kajak oder gar per Stand-up-Paddling die Spree erkunden.
Erinnerungen an Tempelhof
Wir nähern uns dem Tempelhofer Feld. Übersehen kann man den ehemaligen Flughafen wohl kaum. Selbst mehrere Kilometer entfernt lässt sich die riesige Grünfläche mitten in der Stadt ausmachen. 13 Jahre ist es her, dass ich hier gelandet bin. Einen der letzten Slots im Oktober 2008 hatte ich ergattert, flog über die damalige Whiskey-Route nach Berlin ein und landete auf der gefühlt unendlich langen Bahn. Dieser Moment bleibt unvergessen. Ich fühlte mich in meiner kleinen C42 ganz groß und konnte den historischen Charme, den dieser Flughafen ausstrahlt, förmlich spüren. Auch heute sind Landebahnen und Flughafenarchitektur noch erhalten. Das 1,2 Kilometer lange Hauptgebäude löst bei meinen Mitfliegern immer wieder Erstaunen aus. Nur Flugzeuge gibt es nicht mehr. Stattdessen sind zahlreiche Spaziergänger, Jogger, Skater und Lenkdrachen aus der Luft zu erkennen. Hier, im Süden der ED-R, quetscht man sich durch einen engen Korridor zwischen Tempelhofer Feld und der Kontrollzone des BER. Auch wenn der Spielraum nicht groß scheint, so ist der Korridor doch gut zu finden. Stadtautobahn und Teltowkanal dienen als Auffanglinien – auch für Ortsfremde kein Hexenwerk.
Und wenn wir schon auf der Route der historischen Flughäfen unterwegs sind, darf Gatow natürlich nicht fehlen. Neben Tempelhof war dieser während der Blockade die ein-zige Möglichkeit, Güter in den westlichen Sektor Berlins einzufliegen. Heute ist der ehemalige Fliegerhorst ein luftfahrthistorisches Museum der Bundeswehr. Sowohl auf dem Rollfeld als auch im ehemaligen Hangar sind Exponate zu sehen. Auf unserem Weg dorthin passieren wir erneut große Wald- und Wasserflächen. Unter uns liegt der Grunewald mit seinem Teufelsberg. 120 Meter über MSL überragt er als zweithöchste Geländeerhebung die Stadt. Tatsächlich gab es hier in den 60er Jahren einen Skihang mit Lift und sogar eine Skischanze. Die Reste lassen sich heute nur noch erahnen.
Bekannter ist die alte Abhörstation der Amerikaner. Die Türme mit den weißen Kuppeln sind weithin sichtbar. Ein Besuch lohnt sich auch zu Fuß. Verfall trifft hier auf Kreativszene. Im Wind tanzen unter uns zerrissene Planen und geben der Szene etwas Mystisches. In den Kuppeln kann man als interessierter Besucher besondere akustische Überraschungen erleben. Die Kombination aus Lost Place und Street Art wird auch als geführte Tour angeboten. Bevor wir in Gatow ankommen, stellt sich uns das Berliner Olympiastadion in den Weg. Man kann kaum daran vorbei, ohne beeindruckt zu sein: Der symmetrische Bau wirkt auch aus der Luft monumental.

Über die Spandauer Zitadelle
Nach Hause geht es über Spandau. Und: ja, Spandau gehört zu Berlin und ist kein Vorort. Auch hier gibt’s viel Grün, Wasser und eine tolle Altstadt. Auf keinen Fall sollte man die Zitadelle verpassen. Sie ist eine der bedeutendsten Renaissance-Festungen Europas und sehr gut erhalten. Das von einem Wassergraben und der Havel umgebene rote Gemäuer leuchtet im Sonnenlicht. Die warmen Farben laden ein, noch einen Extrakreis zu drehen. Dann geht es aber Richtung Heimatplatz, um noch rechtzeitig vor Sonnuntergang zu landen. Einen Rundflug über der Hauptstadt kann man allerdings auch noch um den Einflug in die Kontrollzone des Flughafens BerlinBrandenburg erweitern. Wenn man schon die großen Flughäfen im Visier hat, gehört der BER natürlich dazu. Der ehemalige Flughafen Schönefeld, heute ausgebaut zum BER, ist der vierte im Bunde der aktiven ehemaligen Flugplätze und liegt im Osten der Stadt, einst innerhalb der sowjetischen Besatzungszone. Die jüngere, etwas unrühmliche Geschichte des Flughafens ist allseits bekannt.
Wir planen diesen Ausflug an einem anderen Tag und starten dafür in Oehna. Von Süden kommend melden wir uns vor dem Pflichtmeldepunkt Mike an. Die freundlichen Controller am BER lassen uns für ein paar Minuten Teil des neuen Flughafenbetriebs werden und sogar einen Kreis über dem Terminal drehen. Gerade im vergangenen Jahr und auch jetzt noch ist die Zahl der Airliner über dem BER aufgrund der Corona-Krise recht übersichtlich. Erst im Dezember 2021 wurde die zweite Landebahn in Betrieb genommen, aber noch immer wird hier kein Volllastbetrieb gefahren. Nach einem tiefen Überflug dürfen wir auf Anfrage Richtung Westen ausfliegen. Üblich wäre bei einem Queren der Kontrollzone der nördliche Pflichtmeldepunkt. Sowohl Mike mit seinen Windrädern an der Autobahn als auch November über dem Botanischen Garten sind gut aus der Luft auszumachen.
Bevor es zurückgeht, statten wir noch der kleinen Schwester Berlins einen Besuch ab. Potsdam lohnt definitiv einen Abstecher. Gefühlt besteht die Stadt nur aus historischen Gebäuden. Beeindruckend sind die riesigen terrassenförmigen Gartenanlagen rund um Schloss Sanssouci, das Neue Palais und Cecilienhof. Auch hier gibt es eine ED-R, die beachtet werden muss. Aber die Schlösserroute ist zum Glück nicht betroffen.
Zurück zur fliegerischen Historie: Wer den Berlin-Ausflug nutzen möchte, um sich auf die Spuren der Flugpioniere zu begeben, wird auf jeden Fall fündig. Denn hier kann man nicht nur die großen Flughäfen aus dem letzten Jahrhundert bewundern, sondern mehr als 100 Jahre in die Luftfahrtgeschichte zurückblicken. Otto Lilienthal experimentierte mit seinen Fluggeräten auf verschiedenen Anhöhen in Berlin und Umgebung. Nahe seines Wohnhauses in Berlin-Lichterfelde ließ er auf dem Gelände einer alten Ziegelei einen Hügel aufschütten. Tausende Flüge absolvierte er dort und kam bis zu 80 Meter weit. Heute befindet sich auf dem Areal eine Parkanlage. Seinen "Fliegeberg" ziert eine Gedenkstätte zu Ehren des berühmten Flugpioniers.

Viele kleine Plätze am Stadtrand
Piloten, die eine weite Anreise nach Berlin haben, können auf einem der zahlreichen Flugplätze in der Umgebung landen und von dort aus die Stadt erkunden. Nahe der City liegen die Verkehrslandeplätze Strausberg, Schönhagen und Eberswalde-Finow. Mit der S-Bahn beziehungsweise mit der Regionalbahn kommt man von hier bequem in die Innenstadt. Die Plätze bieten zudem einen Shuttle-Service zum Bahnhof an. Auch vom Verkehrslandeplatz Ruppiner Land ist man über die Autobahn schnell in der Stadt. Jeder der kleinen Flugplätze hat andere Highlights zu bieten. So kann man in Eberswalde-Finow und Neuhardenberg direkt ein Luftfahrtmuseum besuchen. Mit besonderem Flair wartet der Oldtimer-Flugplatz Bienenfarm auf. Er liegt nicht weit von der Stadt entfernt und bietet ebenfalls einen Shuttle zur S-Bahn. Darüber hinaus gibt es noch weitere Sportflugplätze und Sonderlandeplätze nahe der City als Ausgangspunkte für Touren.