Glanz und Gloria in den Hallen der Heli-Expo in Louisville im US-Bundesstaat Kentucky Anfang März ließen wenig von der gedrückten Stimmung in der Helikopterbranche spüren. Obwohl die Hersteller 2015 einen Umsatzrückgang von rund 20 Prozent hinnehmen mussten, zeigten viele Firmen neue und innovative Fluggeräte. Man hofft, dass die Talsohle erreicht ist und 2016 ein Aufwärtstrend, zumindest im zivilen Bereich, einsetzt.
Zukunftsprojekte konzentrieren sich auf Multi-Role-Luftfahrzeuge, die die Schnelligkeit von Starrflüglern mit den Flugeigenschaften von Drehflüglern kombinieren. Weiterhin gibt es Forschungsprojekte zur einsatzspezifischen Reduzierung der Cockpitbesatzung – und bei Bedarf sogar auf deren völligen Verzicht.
Airbus Helicopters hat sich im zivilen Bereich einen Marktanteil von 45 Prozent erarbeitet. Der altbekannte Hubschrauber AS350 Ecureuil wird nun als H125 vermarktet. Er ist mit einer 630 Kilowatt leistenden Turbomeca-Arriel-2D-Turbine ausgestattet, die von einem Zweikanal-FADEC (Full Authority Digital Engine Control) überwacht wird. Seit November 2015 erfolgt die Endmontage auch im Werk Columbus in Mississippi.
Zweitgrößter Hersteller im zivilen Sektor ist Bell Helicopter mit einem Marktanteil von 20 Prozent. Jüngstes Produkt im Bereich der leichten Hubschrauber ist der fünfsitzige 505 Jet Ranger X, dessen FAA-Zulassung noch für dieses Jahr erwartet wird. Laut Bell haben drei Prototypen inzwischen über 575 Flüge absolviert, und im neu gebauten Werk in Lafayette, Louisiana, wird gerade die Fertigungslinie aufgebaut. Bei einem Preis von knapp über einer Million Dollar hat Bell bereits mehr als 350 Absichtserklärungen vorliegen.
MD Helicopters aus Arizona stellte das Glascockpit seiner nächsten Generation der zweimotorigen MD 902 vor. Das InSight Integrated Flight Deck von Universal Avionics besteht im Wesentlichen aus zwei oder drei LCD-Displays, die frei konfiguriert werden können und für deren Bedienung der Pilot nicht mehr eine Hand vom Steuer nehmen muss. Mit einem Cursor, der vom Kollektivhebel aus gesteuert wird und über alle Bildschirme gezogen werden kann, lassen sich alle Funktionen aufrufen. Für die 1,7 Tonnen schwere MD 530F, den kleinsten Hubschrauber in der Flotte, kann dieses Cockpit optional bestellt werden.
Zweiter Prototyp der SKYe
Finmeccanica, ehemals AgustaWestland, präsentierte die AW009, eine Weiterentwicklung der leichten einmotorigen SW-4. Dieser fünfsitzige Hubschrauber kann mit der Rolls-Royce-Turbine M250-C20R, optional mit der stärkeren Rolls-Royce M250-C30P betrieben werden und hat ein MTOW von 1,8 Tonnen. Der Einstiegspreis beträgt 1,4 Millionen Euro, die Betriebskosten sollen je Stunde bei weniger als 500 Euro liegen. Dieses Gerät wird in Polen bei PZL-Swidnik gebaut, das von Finmeccanica 2010 aufgekauft wurde.
Robinson Helicopter war bei den leichten Hubschraubern mit 347 Auslieferungen 2015 wieder die Nummer 1. Sie stellte auf der Heli-Expo die neue, zweisitzige R44 Cadet vor – im Prinzip eine R44 Raven I, bei der die zweite Sitzreihe als Gepäckraum ausgeführt ist. Der Lycoming O-540-F1B5 wurde auf 155 Kilowatt für den Start und 138 Kilowatt Dauerleistung gedrosselt. Mit um 91 Kilogramm auf 998 Kilogramm reduzierter maximaler Abflugmasse bringt dies insbesondere in größeren Höhen eine spürbar bessere Performance. Dadurch wird der 339 000 Dollar teure Hubschrauber universeller einsetzbar. Die TBO konnte auf 2400 Stunden erweitert werden.
Das jüngste Kind des Marktführers, die R66, liegt in der 1,2-Tonnen-Klasse und wird von einer Rolls-Royce-300-Turbine angetrieben. Insbesondere in größeren Höhen kann dieses Triebwerk im Vergleich zum Lycoming O-360 der R44 mehr Performance liefern. Für Langstreckenflüge gibt es ab sofort einen 163 Liter fassenden Zusatztank, der zwar zwei Drittel des Gepäckraums einnimmt, aber die Reichweite um 200 nautische Meilen vergrößert. Der Verkaufspreis der R66 beginnt bei 870 000 Dollar. Im vergangenen Jahr wurden 117 an Kunden übergeben.
Marenco Swisshelicopter konnte am 28. Februar in Mollis den zweiten Prototyp der SKYe SH09 in die Luft bringen. Der 2,8 Tonnen schwere Hubschrauber, der von einer 760 Kilowatt leistenden Honeywell-Turbine HTS900 angetrieben wird, kann 1,5 Tonnen Außenlast befördern und je nach Tankkonfiguration bis zu fünf Stunden fliegen. Seit 2007 arbeitet das Unternehmen an diesem Projekt und erwartet nun die EASA-Zertifizierung für 2017. Air Zermatt aus der Schweiz hat bekannt gegeben, dass man wegen der starken Performance in größeren Höhen die SKYe SH09 als Arbeitsgerät übernehmen möchte.
Zu den Leichtgewichten der Heli-Expo gehörte die Cabri G2 von Hélicoptères Guimbal aus Frankreich. Da das Gerät vollständig aus Karbon aufgebaut ist, wiegt es nur 420 Kilogramm und kann 280 Kilogramm zuladen. Als Antrieb dient der auf 106 Kilowatt gedrosselte Lycoming O-360. Eine Besonderheit des 330 000 Euro teuren Hubschraubers ist, dass es mit Ausnahme von Motor und Getriebe keine Überholungsintervalle gibt. Im vergangenen Jahr lieferte das Unternehmen 44 Hubschrauber aus, und in diesem Jahr sollen es 55 werden. Mit Stolz lässt Bruno Guimbal verlauten, dass die Flotte bisher gut 80 000 Flugstunden ohne schwere Unfälle absolviert hat.
Enstrom Helicopter hat seit 2014 die zweisitzige TH180 im Testbetrieb. Wegen eines Problems mit der Testinstrumentierung legte der Prototyp am 12. Februar eine Bruchlandung hin. Nun will man die Fertigstellung der zweiten Maschine beschleunigen. Der eine Tonne schwere Hubschrauber soll 2017 zugelassen werden.
aerokurier Ausgabe 04/2016