Cockpit-Innovationen bei Helikoptern

Französische Evolution
Cockpit-Innovationen bei Helikoptern

Zuletzt aktualisiert am 20.11.2014

Eurocopter ist Marktführer beim Absatz von Turbinenhubschraubern aller Größen-ordnungen und auch top, wenn es um Innovationen geht. Dabei stehen Systeme, die die Sicherheit erhöhen und den Piloten erheblich entlasten, ganz oben auf der Entwicklungsliste. Mit der Avionique Nouvelle, die vor einigen Jahren erfolgreich eingeführt wurde, gab es schon erste „Familien“-Ansätze für die Cockpits der zweimotorigen Eurocopter-Muster EC135, EC145, EC155, AS 355 sowie auch für die einmotorige EC120B, EC130, und AS 350. Nun führt Eurocopter diese Familienphilosophie fort mit dem noch fortschrittlicheren Cockpitystem „Cigalhe“. Weil aber französische Namen für die weltweite Vermarktung manchmal nicht ganz so griffig sind, wählte Eurocopter die internationale Bezeichnung „Helionix“ für das neue Glascockpit in künftigen Helikoptergenerationen Made in Donauwörth und Marignane.

Cockpit-Familien wie bei den Airlinern

Die Idee, ein einheitliches Cockpit für viele unterschiedliche Muster zu entwickeln, ist nicht neu. Bei Verkehrsflugzeugen von Airbus oder Boeing hat sich das schon bestens bewährt. Displays, Griffe, Knöpfe, Tasten und ihre jeweiligen Positionen sind weitgehend identisch, egal, in welcher Maschine man sitzt. Insofern ist der Umstieg von einem auf das andere Muster auch erheblich einfacher für den Piloten sowie zeitsparender und vor allem kostengünstiger für den Betreiber.

Bei Helikoptern war die absolute Einheitlichkeit bisher nur bedingt machbar. Zum einen liegt dies an der Komplexität des Drehflüglers, zum anderen aber auch an den sehr unterschiedlichen Anforderungen und Auslegungen der einzelnen Muster. Außerdem ist das Platzangebot im Cockpit beziehungsweise auf dem Panel nicht immer üppig.

Bei der künftigen neuen Helikopterfamilie wie der EC175 oder EC145 T2, die Eurocopter zurzeit entwickelt, wird diese Einheitlichkeit bereits fester Bestandteil der Auslegung sein. Das bisherige Kernstück von EC120, EC130, AS 350/355, EC135/145 und EC155 war das VEMD (Vehicle and Engine Multifunction Display), dessen Basis für alle Muster gleich war, je nach Typ natürlich unterschiedliche Limits enthielt.

Avionikdetails an Größen angepasst

Auch Helionix wird im Kern auf dem VEMD basieren, mit der Darstellung aller Heli-kopter-relevanten Parameter und Anzeigen, allerdings mit einer neuen, integrierten modularen Avionik (IMA), die auf zwei separat agierenden Zentralcomputern aufge-baut ist. Die Anzahl der 6 x 8 Zoll-Displays (15 x 20 cm) kann je nach Größe des Helikopters zwischen zwei und fünf variieren. Mit der Möglichkeit, ein System nach dem Start eigens nur für Missionsanforderungen nutzen zu können, dabei aber alle flugtechnisch relevanten Werte jederzeit unabhängig auf den Bildschirmen dargestellt zu bekommen, will Eurocopter auch Kunden Rechnung tragen, die ihr Geld mit dem Einsatz von größeren Mustern, wie der EC175 verdienen.

Zudem ist auch die Kompatibilität für militärische Anforderungen gegeben: Eurocopter will sich mit der EC145 T2, die mit dem neuen Helionix-Cockpit ausgestattet wird, bei den US-Streitkräften um den Auftrag für einen bewaffneten Begleithubschrauber (AAS/Armed Aerial Scout) bewerben. Das Programm sieht etwa 400 Maschinen als Nachfolger für die Kiowa Warrior (Bell 206) vor. Den rein militärischen Part – die Waffensysteme – soll Lockheed Martin liefern. Diese sollen, so Claudius Zwicker, Senior Vice President Avionic Systems Engineering, und bei Eurocopter zuständig für die Entwicklung von Helionix, im Gespräch mit dem aerokurier, störungsfrei mit der Eurocopter-Avionik kommunizieren können. Das war bei bisherigen militärischen Projekten nicht immer der Fall. Einfach und ohne aufwendige Veränderungen der Computer sollen sich dann auch unterschiedliche Konfigurationen oder der Austausch von Displays gestalten lassen.

Das wird möglich, weil sich in jedem Rechner verschiedene Module befinden, die, und das ist die Ingenieurskunst, so ausgelegt sind, dass sie einander nicht stören sondern jeweils autark agieren können und zudem mehrfach redundant sind. Die Arbeiten daran sind bei Eurocopter bereits so weit fortgeschritten, dass Claudius Zwicker deren Zulassung bereits für 2013 avisiert.

System verzichtet auf Backup-Instrumente

Um dem Piloten die Arbeit noch mehr zu erleichtern, ist bei Helionix auch das komplette Warning Panel, bisher immer als separate Einheit an prominenter Stelle auf dem Panel sichtbar, verlegt und ins zentrale Display integriert. Warnanzeigen werden nur noch dann aktiviert, wenn sich die Messwerte außerhalb der Norm bewegen.

Aufgrund der autarken Module werden auch bisher vorgeschriebene mechanische Backup-Instrumente überflüssig, dabei bleiben alle akustischen Warnungen – wie bisher – erhalten.

Zur weiteren Arbeiterleichter-ung des Piloten ist ein neuer Duplex-Vierachsen-Autopilot mit einem der Helionix-Zentralcomputer gekoppelt; er stabilisiert mit großer Präzision die Fahrt von null Knoten bis zur VNE und lässt nicht zu, dass Limits über-schritten und einzelne Systeme überlastet werden können. Insofern wird Helionix nicht nur eine große Entlastung bringen, sondern auch mehr Sicherheit generieren.
Das Helikopterfliegen der Zukunft tendiert in Richtung unbemanntes Fliegen. Bei Eurocopter spricht man jedoch lieber vom automatisierten Fliegen, bei dem der Pilot nach und nach immer weniger Aufgaben erfüllen muss und irgendwann in ferner Zukunft auch überflüssig werden könnte.

Allerdings ist die Vorstellung, dass Menschen in Helikoptern ohne Piloten „vollautomatisch“ befördert werden, heute noch sehr futuristisch und so ganz mögen sich Claudius Zwicker, sein Ingenieur-Team und vor allem die aktiven Helikopterpiloten der Gegenwart mit dem Gedanken noch nicht anfreunden.

PILAS und 3D-Audiotechnik

Neben Helionix soll`s noch einfacher für den Piloten im Cockpit werden: mit PILAS. Das ebenfalls von Eurocopter entwickelte Piloten-Assistenz-System (mit Synthetic Vision und tunnel-in-the-sky) ist mit Datenbanken, zum Beispiel für Gelände und Hindernisse unterlegt, die auf die Belange des Drehflüglers zugeschnitten sind. PILAS erkennt Konflikte auf der aktuellen Flugroute und hält für den Piloten Prob-lemlösungen inklusive intuitiver Darstellung auf dem Display bereit.

Im Alltag bedeutet dies: Wenn bei einem Einsatz, beispielsweise in der Luftrettung, der vom Piloten gewählte direkte und schnellste Weg durch Wolken oder eine Schlechtwetterzone versperrt ist, schlägt PILAS die effizienteste und sichere Alternative vor. Noch futuristischer könnte es mit einer neuentwickelten 3D-Audiotechnik für Helikopter werden. Bisher wurden Audio-Nachrichten dem Piloten ohne räumlichen Effekt in mono präsentiert. Bei mehreren Stimmen gleichzeitig ist der einzelne Sprecher so äußerst schwierig zu verstehen. Durch räumliche Trennung (3D) ist es bei Überlagerung von Stimmen einfacher, einem bestimmten Sprecher zu folgen. Zudem ist es möglich dem Audiosignal eine räumliche Zuordnung zu seiner Quelle zu geben.

aerokurier Ausgabe 02/2013