Seit Monaten wird in vielen Luftsportvereinen wie auch unter Eignern von Motorflugzeugen und ULs insbesondere mit dem Vergasermotor Rotax 912 S über gefährliche Zwischenfälle spekuliert und diskutiert. Nun scheint Bewegung in die Suche nach der Ursache zu kommen. Nicht der Hersteller, sondern ausgerechnet die Techniker eines Luftsportvereins aus dem baden-württembergischen Mannheim haben möglicherweise herausgefunden, was der Grund für die Probleme ist.
Mysteriöse Leistungsverluste beim Start
Seit geraumer Zeit hatten zahlreiche Meldungen über Leistungsverluste vor allem während der Startphase für Aufregung gesorgt. Im Badisch-Pfälzischen Flugsportverein (BPFV), der im Rahmen einer Initiative für mehr Klimaschutz im Luftsport seine Flotte erneuert hatte, war das Muster Tecnam P2008JC MKii (Baujahr 2019) mit Rotax 912 S2 betroffen. Am Standort Mannheim tauchten die Probleme sogar bei drei Maschinen dieses Typs auf, eine davon wird vom BPFV betrieben.
Fehlfunktion an der Zündbox?
Nach vielen aufwändigen Tests, so die Techniker des Vereins, habe man eine wichtige Beobachtung gemacht. Die Zwischenfälle mit dramatischem Drehzahlverlust ließen mit "nahezu an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auf eine Fehlfunktion im Zusammenhang mit der sogenannten Start-Function der Zündboxen des Rotax 912 S2 schließen", heißt es in einer Mitteilung des Vereins an das Luftfahrtbundesamt (LBA). "Wir haben stichhaltige Hinweise darauf, dass der beobachtete Leistungsverlust entweder: a) durch einen technischen Defekt in den Rotax-Zündboxen selbst, oder b) durch einen technischen Defekt in der zellenseitigen Ansteuerung der Start-Function der Zündboxen ausgelöst wird", heißt es in der Mitteilung weiter.
Veraltete Beschreibung im Aircraft Maintenance Manual
Der Hersteller Rotax beschreibt laut BPFV zum Einbau der Ansteuerung der Zündboxen im Rotax Installation Manual, Ed. 3 Rev. 0, dass eine violett-farbene Leitung für die Start-Function vom Zündschloss über das Start-Relais mit einem Pin eines der beiden 2x3-poligen Steckverbinder der beiden Zündboxen verbunden ist. Diese elektrische Installation sei jedoch im Tecnam Aircraft Maintenance Manual, 2nd Ed, Rev. 1, Abschnitt 24-20, Seite 4, falsch beschrieben, so die BPFV-Techniker: "Bereits die Stecker an den Zündboxen haben die falsche Anzahl von 2x2 Pins". Auch der Abschnitt 74-10, Seite 1, zeige das falsche Bild. Vermutlich handele es sich in beiden Fällen um ein veraltetes Bild, und somit eine veraltete und damit fehlerhafte Information.
Nun gilt es zu prüfen, wie andere Hersteller – zum Beispiel Aquila oder auch Bristell, bei denen ähnliche Probleme auftauchten – den Motor verbaut beziehungsweise verdrahtet haben. Zudem wäre zu überlegen, ob und wie man die Start-Function deaktivieren kann. Grundsätzlich stellt sich darüber hinaus aber auch die Frage, warum diese Funktion den Motorlauf überhaupt beeinflusst? Generell ist es gut, dass es jetzt einen Ansatz zur Lösung des Problems geben könnte. Weiterer Aufklärungsarbeit ist jedoch notwendig.
Kritik am Hersteller
Die Vereinsmitglieder, die mit großem Einsatz eine Lösung für das Problem suchten, kritisieren darüber hinaus die Kommunikation und den Umgang des österreichischen Herstellers BRP-Rotax mit den Problemen. Jan Schönefeld, Technischer Leiter beim Badisch-Pfälzischen Flugsportverein, musste bei der Suche nach dem Fehler feststellen, "wie unglaublich schlecht das LBA, die Landesverbände und die Hersteller miteinander kommunizieren". Zudem kritisiert er, "dass es hier nicht beispielsweise eine Datenbank gibt, wo alle Ereignisse zwingend zeitnah abgelegt werden. (…) Da weiß die linke Hand nicht, was die rechte tut. Es sind Vereine und Einzelpersonen, die auf eigene Faust versuchen, die Ursache des Problems zu finden."
Inzwischen haben die Verantwortlichen und Techniker des BPFV die Ergebnisse ihrer Fehlersuche detailliert an die zuständigen Behörden weitergegeben. Diese haben bereits reagiert und sich der Sache angenommen.