Pilot Report: In Zwei Elementen mit der ICON Aircraft A5

Pilot Report
In zwei Elementen mit der ICON A5

ArtikeldatumVeröffentlicht am 06.10.2015
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In zwei Elementen mit der ICON A5

Es ist bereits einige Jahre her, dass Kirk Hawkins, Gründer und CEO von ICON Aircraft, auf dem AirVenture 2008 die Welt mit dem LSA-Amphibium ICON A5 verblüffte. Seitdem machte das Unternehmen mit Sitz im angesagten Kalifornien jährlich neue Ankündigungen und meldete eine stetig wachsende Zahl von Bestellungen, die heute die unglaubliche Anzahl von 1500 erreicht haben soll. Von Anfang an pflegte ICON Aircraft dabei einen ganz besonderen Stil der Präsentation, immer mit Hawkins als glänzendem Mittelpunkt. 2015 war es die Übergabe des ersten Serienflugzeugs an die Young Eagles, die in Oshkosh zelebriert wurde.

Kirk Hawkins ist ICON Aircraft

Wer über ICON Aircraft spricht, muss auch über Kirk Hawkins sprechen. Das Unternehmen ist förmlich um ihn herum gebaut und die A5 seinem Lebensstil entsprungen. Der Luft- und Raumfahrtingenieur ist Pilot und hat neben F-16 und Boeing 767 auch jede Menge Ultralight- und Experimentalflugzeuge geflogen. Außerdem ist er Snowboarder, Wakeboarder, Taucher, Motocrossfahrer und Fallschirmspringer.

AirVenture-2ß15
Marino Boric

Wen wundert es da, dass Hawkins das Produkt A5 für sicheren Spaß und grenzenloses Abenteuer entworfen hat: "Die A5 wurde konzipiert, um ihren Benutzer emotional zu bewegen." Es geht nicht darum, möglichst schnell von A nach B zu gelangen. "Fun", "easy", "safe" sind die Schlüsselworte. Der Hersteller will mit diesem LSA nicht nur Piloten ansprechen, sondern jeden, der in seiner Freizeit Spaß und Abenteuer sucht (siehe Seite 36).

Probeflug beim Air Venture

Ein paar Meilen südlich vom Messegelände auf dem Wittman Regional Airport hat sich ICON Aircraft für die AirVenture-Woche an einem Sportboothafen niedergelassen. Hier am Lake Winnebago gab es zum ersten Mal für fast 200 Vorbesteller die Möglichkeit, das Flugzeug selbst zu erleben. Auch einige Journalisten bekamen die Gelegenheit zum Probeflug.

Vor dem Restaurant, wo sonst PS-starke Boote festmachen, liegen zwei A5 auf dem Wasser. Schon am Vortag des AirVenture waren beide pausenlos im Einsatz – heute habe ich meinen Termin für den Testflug. Als Craig Bowers, Vice President World-wide Sales, bei unserem Vorgespräch erfährt, dass ich kaum Wasserflugerfahrung habe, freut er sich: Solche Piloten seien ihm die liebsten, denn für genau diese sei die A5 schließlich gedacht. Vorsichtig trete ich auf die rutschfeste Oberfläche des linken Stummelschwimmers. Als ich mein gesamtes Gewicht aufs Flugzeug verlagere, taucht die A5 keine zehn Zentimeter ins Wasser ein. Die vorn angeschlagene Kabinenhaube steht fast senkrecht. Ein Schritt genügt, schon stehe ich mit beiden Füßen im Flugzeug und lasse mich in den wohlgeformten Sitz sinken. Die Pedale sind mit einem Griff unter der Sitzfläche zu verstellen.

Feeling wie im Premium-PKW

Auf Anhieb fühle ich mich wie in einem Premium-Pkw – eine solche Innenraumgestaltung habe ich in UL- und LSA-Flugzeugen noch nicht gesehen. Alle Teile des Interieurs bestehen aus hochwertigen Materialien und fließen mit minimalen Spaltmaßen sanft ineinander. Die Handschrift des an der Entwicklung beteiligten amerikanischen BMW Design Centers ist unverkennbar. Angesichts der ausgebauten Seitenfenster kommt fast ein wenig Cabrio-Feeling auf. Craig erklärt mit Blick aufs Panel, dass ich mich eigentlich nur auf ein einziges Instrument konzentrieren muss: den zentralen AOA-Indicator (Angle of Attack). "Alles andere kannst du ruhig vergessen!" Was es mit dieser Anzeige auf sich hat, werde ich gleich erleben.

ICON Aircraft

Wie im Auto schnallen wir uns mit Dreipunktgurten an, während die Helfer uns ins Hafenbecken schieben. Die Startprozedur des Rotax 912 iS passt ins Pkw-Konzept: Masterswitch umlegen, Schlüssel auf "Start" drehen und der Motor springt an. Nicht einmal die Treibstoffpumpen werden per Hand geschaltet; dies geschieht automatisch. Da das T-Leitwerk voll im Luftstrom des Schubpropellers liegt, genügt bereits Leerlaufdrehzahl zur Steuerung auf dem Wasser. Auch ohne das auf Knopfdruck bereitstehende Wasserruder lässt sich die A5 so wunderbar manövrieren. Als ich noch zögerlich mit dem Flugzeug umgehe, übernimmt Craig kurzerhand das Steuer und zeigt, was die A5 auf dem Wasser draufhat. Wir fahren Jetski! Nach dem Setzen der vollen Leistung kommt die A5 schnell auf Stufe. Unvorstellbar enge Kreise bei Geschwindigkeiten zwischen 50 bis 60 km/h sind machbar. Nach diesem Ritt demonstriert Craig Start und Landung.

Zuladung? Naja...

Vollgas! Bei etwa 20 kts ist die A5 wieder auf Stufe. Trotz Seitenwind und knapp 30 cm hoher Wellen gleiten wir relativ sanft übers Wasser. Nach 13 Sekunden und fast 50 kts auf dem "Tacho" heben wir ab. Die auf 30° gesetzten Klappen werden eingefahren, und die A5 steigt bei 60 KIAS mit 800 ft/min. Ein guter Wert angesichts von 100 Pferdestärken und Festpropeller. Im Tank schwappen etwa 20 l Benzin, Craig und ich wiegen zusammen rund 170 kg, sodass wir uns an der Nutzlastgrenze von 197 kg befinden.

ICON Aircraft

In 1200 ft gehen wir in den Horizontalflug. Mehr ist in der Einflugschneise von Oshkosh nicht drin. Bei 5000 U/min fliegt die A5 mit etwa 85 kts, also rund 160 km/h; auch bei Vollgas wird nicht wesentlich mehr angezeigt. Die breiten Schwimmer, der recht dicke Flügel und die massiv gebaute Zelle fordern ihren Tribut. Schon zeigt Craig, wie man die A5 landet. Dabei deutet er auf das AOA-Instrument, wo das Flügelsymbol im grünen Bereich liegen soll. Gas raus, 30° Klappen, die Anzeige für den Anstellwinkel bewegt sich in Richtung des gelben Bereichs. Kurz über dem Wasser das Gas wegnehmen, Nase leicht anheben und aufsetzen. Verstanden. Ich bin an den Controls.

Vom ersten Moment an fühle ich mich zu Hause. Egal was ich veranstalte: Solange das Flügelsymbol des AOA-Anzeigers im grünen Bereich ist, kann nichts schiefgehen. Das Flugzeug ist um alle Achsen stabil und verhält sich gutmütig; eingeleitete Manöver werden prompt ausgeführt. Mich überrascht die fliegerische Leichtigkeit der A5, besonders in steilen Kurven. So lange der Motor auf Trab ist, sind bis zu 60° Querneigung locker drin.

ICON Aircraft

Kein Stall, kein Trudeln

Ich habe meinen Wunsch, das Langsamflugverhalten der A5 zu erleben, noch nicht ausgesprochen, da beginnt Craig schon mit beherzten Manövern. Egal ob mit Vollgas oder ohne Leistung, mit ein- oder ausgefahrenen Klappen – dieses Flugzeug stallt nicht und gerät schon gar nicht ins Trudeln. Vor dem Strömungsabriss ertönt der akustische Alarm, fast gleichzeitig setzt starkes Buffeting ein. Erst dann, wenn überhaupt, geht die A5 ohne Motorleistung in einen Sackflug mit knapp 800 ft/min Sinken über. Auch wenn sie dabei mit Tritten in die Pedale traktiert wird, ändert sich nichts. Der Pilot hat stets die volle Kontrolle um alle Achsen. Dank dieser Eigenschaften darf die A5 die Bezeichnung "SRA" (Spin Resistent Airframe), also "trudelsicher", tragen. Von der FAA erhielt sie einen Gewichtsbonus von 114 kg zusätzlich zum LSA-Limit von 650 kg für Wasserflugzeuge. Davon werden zurzeit jedoch nur knapp 40 kg genutzt. Meine erste Landung sitzt perfekt, und wir reiten wieder auf den Wellen des Lake Winnebago. Um jetzt mit einer Rampe an Land zu kommen, müssten wir nur das Fahrwerk rechtzeitig ausfahren. Dort kann eine Person bei Bedarf die Flügel mit einem gut gelösten Arretierungsmechanismus manuell an- beziehungsweise ausklappen.

ICON Aircraft

Voll ausgestattet: 249.000 Dollar

Die ICON A5 ist außergewöhnlich: modern, durchgestylt, tadellos verarbeitet. Sie ist leicht zu fliegen und macht "Fun". ICONS Marketing-Abteilung hat ihr ein cooles Image verpasst. Sollte die Zahl von 1500 Vorbestellungen nur ansatzweise wahr sein, könnte dieses Amphibium den schwächelnden LSA-Markt in Schwung bringen. Ob die A5 nach Europa kommt, ist noch nicht entschieden. So viel Lifestyle auf einmal will bezahlt sein: 197 000 Dollar kostet die Basisversion, voll ausgestattet sind 249 000 Dollar fällig.