Drei Seiten umfasst der Brief, der Anfang März bei so ziemlich jeder Institution, die etwas mit der Segelfliegerei zu tun hat, im Briefkasten lag. Der an Hersteller, Dienstleister und Segelflieger adressierte Text nimmt zunächst Bezug auf den letzten Segelfliegertag im November 2022 in Koblenz, verweist darauf, dass nach Corona bedingter Pause der Zuspruch zu einem Branchentreffen groß gewesen sei, dass aber die höchst unterschiedlich begründeten Absagen zur AERO 2022 ein halbes Jahr zuvor sowie neuerlich zur AERO 2023 auch ein Indiz dafür seien, dass die Präsenz auf der größten General-Aviation-Messe Europas vielleicht nicht der richtige Weg für die Hersteller sei – nicht zuletzt wegen des hohen finanziellen Aufwandes. Anschließend wird die Idee einer zweitägigen reinen Segelflugmesse skizziert, die alle zwei Jahre an einem Wochenende die Szene zusammenbringen soll. Dabei, das betont der Text, soll nicht der Gewinn eines Messeveranstalters im Fokus stehen, sondern die Förderung des Sports.
Blaupause mit Potenzial
Als Veranstaltungsort wird ein Messegelände in unmittelbarer Nähe zu einem Segelflugplatz vorgeschlagen, das im Südwesten Deutschlands liegen soll, um so auch Besucher aus der Schweiz und Österreich anzulocken. Die Flugplatznähe sei wichtig, weil so bei gutem Wetter Fluggeräte und Zubehör nicht nur zur Schau gestellt, sondern auch vorgeführt werden könnten. Ist das die Blaupause für eine reine Segelflugmesse, die die endgültige Abkehr der Segelflieger von der AERO einleitet?
Kopf hinter dem unter dem Titel EuroGlide Expo laufenden Projekt ist Markus Immig, der vor zwei Jahren mit der Entwicklung des XCNav, einer Hardware für die beliebte Navigationssoftware XCSoar, an den Markt gegangen ist. "Seit ich selbst als Hersteller im Bereich Segelflug aktiv bin, suche ich natürlich nach Möglichkeiten für Kundenkontakte. Allerdings haben mich die Preise für die AERO und die allgemeine Entwicklung der Segelflugpräsenz in Friedrichshafen ein Stück weit abgeschreckt. So entstand die Idee für die EuroGlide Expo, wobei ich den Namen aktuell noch als Arbeitstitel verstanden wissen will", sagt Immig im Gespräch mit dem aerokurier.
Die momentane Stimmung, also die teilweise Unzufriedenheit mit der AERO und die im Gegensatz dazu positiven Stimmen zum jüngsten Segelfliegertag in Koblenz seien genau die Melange, die es brauche, um etwas Neues zu versuchen. "So ein Event für die Segelflieger gibt es auf europäischer Ebene bisher nicht, sodass ich es einfach probieren will."
Inzwischen sei er mit vielen Herstellern von Flugzeugen, Avionik und Zubehör in Kontakt, und die Rückmeldungen seien eindeutig. "Mit so viel positiver Resonanz hätte ich nie gerechnet. Aber die Idee kommt an", sagt Immig. Klickt man sich durch die Website www.euroglide24.de – angelehnt an den ersten Projektnamen –, findet man zahlreiche namhafte Unternehmen, die ihr Interesse bekundet haben. Und bei genauerer Betrachtung scheint die Idee durchaus erfolgversprechend, zumal sich die Kritik an den bekannten Formaten mit dem neuen Konzept lösen ließe: preisgünstiger und mehr auf die Szene zugeschnitten als die AERO, aber internationaler und professioneller aufgezogen als ein Segelfliegertag. "Das Ganze braucht Eventcharakter, sodass die Besucher über das Angucken und Ausprobieren von Segelflugzeugen und Zubehör hinaus etwas erleben können. So wird die Veranstaltung vielleicht auch für jene zum Magneten, die sich für den Segelflug interessieren, aber noch nicht selber fliegen", sagt Immig.
Zur Reduktion des finanziellen Aufwandes setzt er auf eine Beteiligung der ausstellenden Unternehmen in dem Sinne, dass vor allem das Marketing aus der Szene heraus erfolgt. "Das Trommeln für die Messe bei den Firmen und die Ausarbeitung der Idee habe ich mir selbst auf die Fahne geschrieben, die konkrete Organisation allerdings muss ein professionelles Team erledigen, das die entsprechende Erfahrung hat."

Messe Karlsruhe wahrscheinlich
Auch wenn Immig zum Veranstaltungsort unter Verweis auf die noch laufenden Vorabsprachen mit einer Messegesellschaft nichts sagen will, legt eine Recherche bei Google Maps nahe, dass es am Ende auf die Messe Karlsruhe hinauslaufen dürfte. Denn: Das Segelfluggelände Rheinstetten ist Luftlinie gerade mal einen Kilometer entfernt, den Hauptbahnhof erreicht man mit dem Auto in nur zehn Minuten, und über die Autobahnanbindung der Flughäfen Stuttgart und Frankfurt hat auch internationales Publikum mit einem Flug plus einer bzw. eineinhalb Stunden Autofahrt einen überschaubaren Anreiseweg.
Dass die Hersteller sich positiv äußern, ist der erste wichtige Baustein für das Gelingen einer Segelflugmesse. Nun gilt es für Immig, die Verbände DAeC und DSV für das Projekt zu begeistern und vielleicht sogar die IGC und die OSTIV ins Boot zu holen, um die Eventidee mit Leben zu füllen. Bei genauerer Betrachtung hätte eine professionell organisierte Segelflugmesse mit inte-griertem Deutschen Segelfliegertag auch für den DAeC einen großen Vorteil: Die aufwendige Suche nach einem Veranstalter für den Segelfliegertag müsste die Bundeskommission Segelflug so nur noch alle zwei Jahre betreiben. "Dementsprechend sollte der Termine Ende Oktober, Anfang November sein – mit genügend abstand zur AERO und passend zum Segelfliegertag", sagt Immig, der 2024 für die Erstauflage anpeilt.
Dass Spartenmessen erfolgreich sein könnten, das beweise die "Thermik", betont Immig. "Die bildet im Rahmen der Stuttgarter CampingMotorTourist, kurz CMT, die Sparten Gleitschirm- und Drachensport ab. Da trifft sich die Szene, da muss man gewesen sein. Und wenn wir da hinkommen, haben wir es geschafft."