Reisen ist besonders schön, wenn man nicht weiß, wohin es geht, und am allerschönsten, wenn man nicht mehr weiß, woher man kommt, lehrt uns Laotse. Der Spruch des chinesischen Philosophen beeindruckt auch 2500 Jahre später durch seine tiefe Weisheit, auch wenn es bei den Reisen von heute meist darum geht, Ausgangspunkt und Zielort auf den Meter genau zu definieren.
Wenn man, wovon der freundliche Meister nichts ahnen konnte, in der dritten Dimension unterwegs ist, bleibt einem auch kaum etwas anders übrig, will man mit seinen drei Rädern im ersten Viertel eines 20 Meter breiten und 650 Meter langen Asphaltstreifens irgendwo in der Landschaft aufkommen. Dem gelungenen Aufsetzen voraus gehen im Idealfall ein durchdachter Endanflug und ein geplanter Sinkflug. Zunächst geht es aber darum, die richtige Reiseflughöhe zu wählen. Viele Piloten mit Kleinflugzeugen neigen dazu, auf einer eher niedrigen Reiseflughöhe zu fliegen. Der Bereich zwischen 4500 und 5500 Fuß QNH ist wohl der am häufigsten genutzte Höhenbereich.
Dementsprechend wenig Zeit wird gebraucht, um auf die Reiseflughöhe zu gelangen. Nicht selten nimmt daher der Reiseflug den allergrößten Teil der Strecke ein, während auf Steig- und Sinkflug jeweils nur etwa zehn Prozent entfallen. Dabei gibt es gute Gründe für eine größere Reiseflughöhe. Abgesehen davon, dass es weiter oben meist ruhiger ist, ist auch die Gesamtübersicht bedeutend besser. Die Motorleistung wird effizienter genutzt, die TAS ist besser und der Treibstoffverbrauch sinkt. Außerdem lässt man alle Thermikflieger unter sich, und am Boden kommt weniger Lärm an. Und nicht zuletzt hat man mehr Möglichkeiten im Fall eines Motorstillstandes. Optimal für einmotorige Flugzeuge wäre in der Regel eine Reiseflughöhe zwischen FL 65 und FL 95.
In der Praxis wird die Wahl der Höhe von mancherlei Faktoren wie etwa Luftraumgrenzen oder Wolken fremdbestimmt. Es versteht sich, dass vorher ermittelt werden muss, ob das Flugzeug die anvisierte Flugfläche bei der geplanten Abflugmasse und den Außentemperaturen erreichen kann. Für die Aufteilung von Steig-, Reiseflug und Sinkflugzeit hat sich die Drittelregel bewährt. Sie besagt, dass etwa ein Drittel der Flugzeit im Reiseflug verbracht werden sollte. Das bedeutet allerdings, dass es sich nicht immer lohnt, auf die eigentlich optimale Höhe zu klettern. Ein Beispiel: Der Flug von A nach B dauert 30 Minuten. Beide Flugplätze liegen auf 1500 ft/AMSL. Wenn der Reiseflug ein Drittel der Zeit zugesprochen bekommt, bleiben für das Steigen und Sinken jeweils zehn Minuten. Bei einer durchschnittlichen Steigleistung von 500 ft/min kann folglich eine Reiseflughöhe von 6500 ft/AMSL erreicht werden.
Nicht jeder verträgt hohe Sinkraten

Irgendwann ist der Zeitpunkt gekommen, sich Gedanken über den Abstieg von der Reiseflughöhe und das Einfädeln in die Platzrunde zu machen. Dabei sollte man auch bedenken, ob bei dem geplanten Sinkflug technische und physiologische Einschränkungen eine Rolle spielen. So gibt es für das Flugzeug Handbuchvorgaben oder Erfahrungswerte im Hinblick auf das Auskühlen des Triebwerks, auf zu vermeidende Drehzahlbereiche und eventuell zu bedienende Kühlklappen.
Manche Menschen haben Probleme mit hohen Sinkraten. Das kann insbesondere bei Ohren-, Nebenhöhlen- und Herzerkrankungen der Fall sein und generell bei älteren Menschen und Kindern. Allgemein gilt: Während sich das Ohr im Steigflug automatisch dem Umgebungsdruck anpasst, geschieht dies im Sinkflug nicht unbedingt beschwerdefrei. Wenn Passagiere Probleme mit dem Druckausgleich haben, helfen eventuell die bewährten Bordmittel weiter: Nase zuhalten und Gegendruck im Atembereich aufbauen oder Kiefer bewegen mit weit geöffnetem Mund oder Kaugummi kauen. Längere Sinkflüge sollten mit einer konstanten Sinkrate von etwa 500 ft/min durchgeführt werden, diese Geschwindigkeit wird von gesunden Menschen meist gut vertragen.
Soll es schneller abwärts gehen, so sollten es nicht mehr als 1000 ft/min sein, und auch das nur kurzzeitig. Eine gute Idee ist ein Approach Briefing, bevor es in die Platzrunde geht. Es kostet nicht viel Zeit, macht aber den Anflug entspannter (siehe Kasten). Wie findet man nun den passenden Sinkflugwinkel, um mit angenehmer Neigung von der Reisefughöhe auf Platzrundenhöhe abzusteigen? Und in welcher Entfernung zum Platz sollte der Abstieg beginnen? Ein einfache Faustregel, die 300-Fußpro-NM-Regel, hilft hier weiter. Die Idee hinter der Regel: Der Sinkflugwinkel beträgt dann angenehme drei Grad (oder gut fünf Prozent), wenn das Flugzeug auf einer Strecke von einer nautischen Meile 300 Fuß Höhe aufgibt. Für das schnelle Berechnen des Punktes, an dem der Drei-Grad-Sinkflug beginnen soll, fehlt nur noch die Differenz zwischen der aktuellen Flughöhe und der Platzrundenhöhe. Die Formel lautet dann: Höhendifferenz in Fuß geteilt durch 300 ergibt die Distanz in NM.

Noch einfacher geht es, wenn man statt durch 300 durch 3 teilt und dann zwei Nullen wegstreicht. In 27 NM Entfernung zum Platz sollte also mit dem Abstieg begonnen werden. Point of Descent (PoD) oder Top of Descent (ToD) wird dieser Punkt auch genannt. Die Sinkrate ist ebenfalls schnell ermittelt. Hier lautet die Überschlagsrechnung: Geschwindigkeit (Groundspeed/GS) über Grund in Knoten, multipliziert mit 5 ergibt die Sinkrate in ft/min für den Drei-Grad-Winkel.
Beispiel: 80 (Knoten) mal 5 ergibt 400 (ft/min). Die Zahl 5 ergibt sich aus den rund 5 Prozent, die dem Drei-Grad-Winkel entsprechen.
Die Geschwindigkeit während des Sinkflugs darf natürlich nicht aus den Augen verloren werden, die IAS sollte wegen der Gefahr von Turbulenzen nicht über das Ende des grünen Bogens hinausgehen. Naturgemäß sind alle diese Faustregeln nicht 100 Prozent exakt, aber sie sind hinreichend genau, um zusammen mit dem Approach Briefing eine solide Basis für einen entspannten Anflug zu schaffen.
aerokurier Ausgabe 03/2012