Die Unterschiede beginnen beim Außencheck
Für viele PPL-Piloten, die ihren fliegerischen Horizont erweitern wollen oder die in Richtung High-Performance Aircraft schielen, ist der nächste Schritt der Umstieg auf ein Flugzeug mit Verstellpropeller. Dieser ermöglicht es uns, bei jeder Geschwindigkeit die Motorleistung optimal in Vortrieb umzusetzen.
Ohne jetzt zu sehr auf die technischen Hintergründe einzugehen, schauen wir uns doch mal am Beispiel eines hydraulischen Constant-Speed-Propellers an, was uns beim Umstieg erwartet. Die Unterschiede beginnen bereits beim Außencheck. Hier sollten wir den Propeller etwas genauer unter die Lupe nehmen. Ein Bewegen der Blätter am Blattende zeigt, wie viel Blattspiel vorhanden ist. Grundsätzlich dürfen die Blätter immer ein gewisses Spiel aufweisen, da sie sich beim Betrieb aufgrund der Fliehkraft in ihrer Endposition fixieren. Wie viel Spiel vorhanden sein darf und in welche Richtung, entnehmen wir dem Propeller-Handbuch.
Die Propellernabe sollte öl- und fettfrei sein. Ein neuer oder frisch überholter Propeller hinterlässt zu Beginn seines Lebens immer ein paar Ölstreifen entlang der Blätter. Dieses ist aber normal und lässt mit der Zeit nach. Und auch nach einer normalen Kontrolle, wenn der Propeller frisch abgeschmiert wurde, schwitzt das Fett etwas aus und hinterlässt ein paar Spuren. Die obligatorische Untersuchung der Blätter auf Beschädigung ist natürlich die gleiche wie bei einem Festpropeller.
Einstellung der Motorleistung mit dem Ladedruck

Setzen wir uns ins Cockpit, fällt uns als erstes die Anzeige für den Ladedruck (Manifold Pressure / MP) auf. Da ein Constant-Speed-Propeller die Steigung seiner Blätter immer so verstellt, dass er die eingestellte Drehzahl unabhängig von der Motorleistung hält, vorausgesetzt es ist genügend Motorleistung vorhanden, lässt sich die Drehzahlanzeige nicht mehr zur Kontrolle der Motorleistung nutzen. Die Ladedruckanzeige (MP) zeigt uns den aktuellen Druck im Ansaugkanal an und ist für uns ein adäquates Mittel zur Einstellung der Motorleistung.
Da dieses Instrument ein recht simples Gerät ist, wundern wir uns auch nicht darüber, dass es einen recht hohen Wert anzeigt, obwohl der Motor noch gar nicht läuft. Die Anzeige ist nicht etwa defekt, sondern zeigt völlig korrekt den Druck im Ansaugrohr an, der bei stehendem Motor nämlich dem Außendruck entspricht, also ca. 29 in.Hg. Erst nach dem Start des Motors geht die Anzeige zurück, da nämlich jetzt ein Unterdruck im Ansaugrohr herrscht.
Propellercheck mit laufendem Motor





Nach dem Anlassen und Warmlaufen geht es zum Engine-Run-up. Hier haben wir neben den gewohnten Checks auch den Propeller zu überprüfen. Hierzu wird der, meist blaue oder schwarze, Propeller-Verstellhebel bei erhöhter Drehzahl (ca. 1700 RPM) dreimal zurückgezogen, bis die Drehzahl merklich abfällt. Dieser Check ist aus verschiedenen Gründen wichtig.
Neben der Überprüfung der Funktion geht es darum, die Propellernabe mit warmem Öl zu versorgen und das ganze System mit frischem Öl zu spülen. An den O-Ringen setzen sich immer Schmutzpartikel ab, die ohne dieses Spülen irgendwann zu Undichtigkeiten führen würden.
Haben wir einen Propeller mit Holz- oder Compositeblättern, sollten wir bei diesem Check eine gewisse Sensibilität walten lassen. Während ein Propeller mit Metallblättern eine sehr große Schwungmasse hat und deshalb auch bei zügigem Zurückziehen des Verstellhebels die Drehzahl relativ langsam reduziert, fehlt dem Holz- oder Composite-Propeller eben diese Schwungmasse. Wird der Verstellhebel jetzt ruckartig zurückgezogen, wird der Motor brutal abgewürgt. Ziehen wir also den Hebel langsam zurück, bis der Motor den gewünschten Drehzahlabfall erreicht hat, und schieben ihn dann wieder nach vorne. Der Motor wird es uns danken.
Maximale Leistung und maximaler Ladedruck beim Start

Auf geht’s zum Start! Nachdem der Propeller-Verstellhebel am vorderen Anschlag steht, schieben wir langsam den Leistungshebel nach vorne. Hierbei checken wir, dass der Motor seine maximale Drehzahl sowie den maximalen Ladedruck, in der Regel bei einem nicht aufgeladenen Saugmotor zirka 26 bis 27 in.Hg, erreicht. Nach dem Start und dem Erreichen der Sicherheitsmindesthöhe reduzieren wir den Motor auf Steigleistung.
Die meisten Motoren bevorzugen hierfür die einfach zu merkende Einstellung von 25/25, also 25 in.Hg Ladedruck und 2500 RPM Drehzahl. Wichtig ist, dass wir beim Reduzieren der Leistung immer erst den Ladedruck zurücknehmen und dann erst die Drehzahl, um eine Überlastung des Motors zu verhindern. Das Gegenteil ist bei einer Erhöhung der Leistung, wie beispielsweise im weiteren Steigflug, der Fall. Hier wird immer erst die Drehzahl und dann der Ladedruck erhöht.
Hohe Drehzahl bei hoher Motorleistung/Reduzieren im Sinkflug





Im Reiseflug gibt es diverse Einstellungskombinationen, die man am besten dem Flughandbuch entnimmt. Die alte Regel, die früher geschult wurde, dass der Wert des Ladedrucks nicht höher sein darf als die ersten zwei Stellen der Drehzahl, gilt heute als überholt. Zu bedenken ist allerdings immer, dass die Belastung des Motors zunimmt, je höher der Ladedruck und umso niedriger die Drehzahl ist. Das soll heißen, dass bei sehr hoher Motorleistung auch immer eine hohe Drehzahl gewählt werden sollte. Bei niedriger Motorleistung kann also die Drehzahl auch problemlos unter den Wert des Ladedrucks genommen werden, was zudem auch noch Sprit spart.
In Anbetracht der heutigen Lärmdiskussionen sollte im Sinkflug und im Anflug die Drehzahl immer so weit wie möglich reduziert werden, um Lärmbeschwerden weitestgehend zu vermeiden. Dabei sollte jedoch nicht vergessen werden, im Endanflug, bei stark reduzierter Leistung, den Propeller-Verstellhebel wieder an den vorderen Anschlag zu schieben, damit wir im Falle eines Durchstartens wieder die volle Motorleistung zur Verfügung haben.
Vorsicht: Vergaservereisung!





Vorsicht ist geboten bei beginnender Vergaservereisung! Denn diese bemerkt man bei einem Constant-Speed-Propeller nicht mehr am Abfall der Drehzahl und somit am Motorgeräusch, sondern nur noch an einem Abfall des Ladedrucks. Bei entsprechender Wetterlage sollte man also immer ein Auge auf diesem Instrument haben.
Automatische Propellerverstellung bei Cirrus

Einen neuen und sehr komfortablen Weg geht Cirrus bei seinen Flugzeugen. Hier sind wir von der Aufmerksamkeit auf den Propeller entbunden, und es gibt auch gar keinen Verstellhebel mehr. Die Propellerverstellung funktioniert vollautomatisch. Bei einer SR20 oder einer nicht aufgeladenen SR22 wird mit Hilfe einer eingebauten Kulisse in der Mittelkonsole die Drehzahl beim Start und im Steigflug auf 2700 RPM und im Reiseflug auf 2500 RPM automatisch eingestellt. Wenn im Anflug die Leistung auf unter 18 in.Hg reduziert wird, verringert sich die Drehzahl automatisch auf leise 2000 RPM.
Aber das ist schon wieder so praktisch, dass es als neue Herausforderung eigentlich schon nicht mehr taugt.
Der Autor: Michael Kückelmann, Berufspilot und privat viel mit seiner Husky unterwegs.