Der Bodeneffekt - Fluch oder Segen?

Der Bodeneffekt
Der Bodeneffekt - Fluch oder Segen?

Veröffentlicht am 03.08.2007

Der Bodeneffekt

Zudem muss bei gleicher Fahrt weniger Motorleistung investiert werden. Die positiven Auswirkungen dieses Phänomens lassen sich bei Starts von kurzen oder aufgeweichten Pisten nutzen. Das Flugzeug wird abgehoben, sobald es flugfähig ist, und dicht über dem Boden auf die Geschwindigkeit für den besten Steigwinkel (VX) beschleunigt. Die Fahrtzunahme ist dort rasanter als mit dem Rollreibungswiderstand der Räder auf einer rauen, unebenen Pistenoberfläche.

Verlässt man jedoch zu früh das tragende Luftpolster in Bodennähe nach oben, riskiert man einen Strömungsabriss gleich nach dem Abheben. Denn der Auftriebsbeiwert nimmt bei gleich bleibendem Anstellwinkel ab, Randwirbel breiten sich ungehindert aus, der induzierte Widerstand nimmt zu. Daraus resultiert Fahrtverlust trotz Vollgas. Kommen erschwerende Faktoren wie Untermotorisierung, Überladung oder schwanzlastige Trimmung hinzu, rückt der "Stall" noch näher. Immer wieder ereignen sich Startunfälle nach diesem Muster.

Bei der Landung bekommt man es wiederum mit dem Luftpolster zu tun, hier allerdings unter anderen Vorzeichen: Wird der vertikale Abstand zur Landepiste geringer als eine Tragflügelspannweite, beginnt der Bodeneffekt wieder zu wirken. Das Plus an zusätzlichem Auftrieb und des geringer werdenden induzierten Widerstandes begünstigt das Gleitverhalten. Bei ausgereizter Zuladung, zu hoher Fahrt und aufgeheiztem Pistenbelag kann es problematisch werden. Wertvolle Distanz geht verloren, bevor die Räder den Boden berühren.  


Praxisempfehlungen für den Start:

► Günstigste Flügelklappenstellung wählen (Kurzstartstellung siehe Flughandbuch, Kapitel 4, Normalverfahren).
► Höhensteuertrimmung so einstellen, dass zum Abheben am Steuer nur leicht gezogen werden muss.
► Bugrad frühzeitig entlasten, aber nicht unterhalb der vom Hersteller vorgeschriebenen Mindestfahrt abheben.
►Der Versuch, mit zu geringer Fahrt abzuheben, verringert die Steuerbarkeit und verlängert die Startrollstrecke.
► Im Bodeneffekt beschleunigen, bis die sichere Steigfluggeschwindigkeit (VX) erreicht ist. Danach erst den Steigflug fortsetzen.

Praxisempfehlungen für die Landung: 

► Mit zunehmender Annäherung an den Boden (ab zirka einer Tragflügelspannweite) auf ein verändertes Gleitverhalten gefasst sein. Es wird umso besser, je geringer der Abstand zur Piste ist.
► Die angepasste Aufsetzgeschwindigkeit einnehmen (1,1 x VS).
►Sich nicht in falscher Sicherheit wiegen, indem man schneller ist als die vorgegebene Anfluggeschwindigkeit. Jeder Knoten extra verlängert die Ausschwebstrecke unnötig.
► Erscheint die verbleibende Pistenlänge zu kurz, hilft nur ein Durchstartmanöver, um die Situation sicher zu klären.    

Hat man einmal das Prinzip und die Auswirkungen des Bodeneffektes richtig verstanden, kann man die daraus resultierenden Risiken stets im Auge behalten und situationsbedingt darauf reagieren. Die Vorteile des  Phänomens lassen sich bei Starts auf kurzen und weichen Pisten nutzen. 

Karl-Heinz Apel